Carolin Amlinger: Retroverser Fortschritt. Rückkehr, Konversion und sozialer Wandel

Abstract: Beginning with the trend toward first-person narrative perspectives in contemporary literature, this article examines the ways in which crisis-ridden presences are narrated in narratives of return. The focus is on how conversion narratives articulate a collectively shared experience of social change. Autosociobiographical novels open with a threshold narrative that follows the logic and structure of classic conversion narratives. The tripartite narrative structure of autobiographical conversion narratives, in which a turning point separates the life course into a wrong life before conversion and a right one after conversion, is used in the novels as a time-diagnostic tool to render a diffuse social threshold state representable.

Keywords: progress, narrative of return, social change, social mobility, diagnosis of time, autosociobiography, conversion narrative

1. Einleitung

Im Sommer 2023, kurz nach dem jährlichen Wettlesen um den Bachmann-Preis, klagte der Literaturkritiker Tobias Rüther in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: »Ach, das Ich. Und dann auch noch so viele davon!«1 Nicht nur in Klagenfurt wurde in den vorgestellten Romanauszügen die Handlung fast durchgängig durch ein erzählendes Ich geschildert, auch in den besprochenen Literaturdebüts von Helgard Haug, Mina Hava, Irina Kilimnik und Anne Rabe greifen die Autorinnen zum Ich, wenn sie Gegenwart erzählen wollen. Nicht immer ist das Erzählen autofiktional, nicht immer schließt die Autor:in einen »autobiographischen Pakt«2 mit den Leser:innen und versichert, aus dem eigenen, gelebten Leben zu berichten. Aber zur fiktionalen Bearbeitung von Gegenwartsproblemen scheint sich in der Gegenwartsliteratur ein Ich auf die Suche begeben zu müssen, um die Gesellschaft in Rückwendung auf sich, auf die eigene Geschichte und die der Familie zu ergründen. Offensichtlich wird die Hinwendung zum Ich, die noch vor wenigen Jahren von der Literaturkritik als »Rückzug ins Private«3 kritisch beäugt wurde, nicht mehr als Symptom einer entpolitisierten Innerlichkeitsprosa betrachtet. Im Gegenteil. Rüther verweist in seiner Ergründung der literarischen Allgegenwart des Ich auf die Autorin Jenny Offill, die es als verantwortungslos empfindet, sich bloß eine Geschichte auszudenken, die nichts zu tun habe mit den drängenden Gefahren der Gegenwart; der Klimakrise, der Kriege, der Pandemie oder des neuen Autoritarismus. Sie umschreibt ihre ethische Erzähltheorie als »aktiven Fatalismus«: auch wenn man nicht wisse, ob Literatur politische Wirkung entfaltet, müsse man als Autorin so tun als ob sie es tue.4

Das öffentliche Krisenbewusstsein löst in der Gegenwartsliteratur offenkundig eine Krise der Fiktion aus. Autor:innen thematisieren reale politische Konflikte in ihren lebensweltlichen Verstrickungen, weil alles andere ein Ignorieren, ein Verschweigen wäre. Eine auktoriale Erzählperspektive, die angesichts der überfordernden Unordnung Ordnung stiftet, findet man nur selten. An deren Stelle steht ein Ich, das sich den Widersprüchen der Gegenwart nicht entziehen kann, sie aber gleichzeitig zu verstehen versucht, indem es in die Vergangenheit zurückkehrt. Es recherchiert, erinnert sich, arbeitet auf. Rüther schlussfolgert daraus: »Vergangenheitsbewältigung und Gegenwartsbewältigung gehören zusammen, und beides beginnt immer auch mit der eigenen Familie.«5

Anknüpfend an diese Beobachtung untersucht der Beitrag die Art und Weise, wie krisenhafte Gegenwärtigkeit in autosoziobiographischen Romanen erzählt wird. Von besonderem Interesse ist, ob sich im Rückkehrnarrativ eine kollektiv geteilte Erfahrung von gesellschaftlichem Wandel artikuliert. Die Figuren schreiten nicht der Poetik des Entwicklungsromans folgend in die Zukunft, sie erkunden in Erinnerungen die familiäre Vergangenheit, um den personalen Wandel und die damit verbundenen Friktionen zu ergründen. Die retrospektive Bewegung der Ich-Erzähler:in ist in den untersuchten Werken von Pierre Bourdieu, Didier Eribon und Deniz Ohde an eine Konversionserfahrung des Selbst geknüpft, an ein plötzliches Gewahrwerden des Anderssein. Die Rückkehr zu den Orten der Kindheit geht mit einem erlebten Bruch einher, der das ehemals Unhinterfragte fremd erscheinen lässt. Oft wird die Konversionserfahrung von einer affektiven Diffusion begleitet, da die Wiederannäherung an die Vergangenheit mit einer paradoxen Gleichzeitigkeit von Ferne und Nähe, Fremdheit und Vertrautheit einhergeht und im Gefühl der Scham verdichtet ist.

Parallelen zum retrospektiven Erzählen der Gegenwartsromane finden sich in den soziologischen Gegenwartsdiagnosen, die mit modernen Fortschrittssemantiken brechen und stattdessen Begriffe der »Desillusionierung« (Andreas Reckwitz), der »Retrotopie« (Zygmunt Bauman) oder des »Unbehagens« (Armin Nassehi) heranziehen, um das kollektive Zeitgefühl der Gegenwart zu umschreiben.6 Denn sozialer Wandel vollzieht sich in Gegenwartsgesellschaften nicht linear (es ist die Frage, ob er dies jemals tat), sondern in einer »Dialektik von Modernisierung und Gegenmodernisierung«7, wie Ulrich Beck 1996 formulierte. Die dynamische Entwicklung der Gegenwart ist von immanenten Widersprüchen geprägt, Fortschritte reagieren auf bestehende Probleme, deren Lösung wiederum neue Probleme freisetzt. Die immanenten Nebenfolgen werden oft als Rückfall oder gar Verfall empfunden, sie stellen den sozialen Fortschritt in der öffentlichen Wahrnehmung bisweilen infrage (wie der Begriff »Backlash«8 evoziert). Oliver Nachtwey und ich haben diese Verzahnung von Fortschritten und Rückschritten als »regressive Modernisierung«9 bezeichnet. Während soziologische Zeitdiagnosen die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen abstrakt beschreiben, wird sie im Rückkehrnarrativ der Gegenwartsliteratur konkret erfahrbar. Es sind darum nicht bloß literarische Gegenwartsbezüge, die über faktuale Ereignisse oder Personen eine »strukturelle Bezogenheit auf die eigene Zeit«10 ausstellen, sondern eine retroverse Erzählform macht die Paradoxien und Ambivalenzen des politischen Zeitgefühls von Gegenwart anschaulich.

2. Kurze Literatursoziologie der Konversionserzählung

Aufzeichnungen der Bekehrung und der damit verbundenen Erlösung sind eng mit dem Christentum verbunden, insbesondere der Bekenntniserzählungen im Neuen Testament wie der des Paulus. Bis heute ist der Begriff der Konversion mit einer religiösen Semantik aufgeladen, mit ihm wird im alltäglichen Wortgebrauch meist der konfessionelle Übertritt zwischen zwei Religionen bezeichnet. Dabei ist das Narrativ der Bekehrung gerade in ausdifferenzierten Gesellschaften ein weit verbreitetes Mittel, um die personale Identität zu plausibilisieren.11 Neben religionswissenschaftlichen Ansätzen begannen sich darum ab den 1970er Jahren soziologische und sozialpsychologische Forschungen für soziale Phänomene des Übertritts, der Bekehrung und Erlösung zu interessieren und weiteten Konversionsereignisse auf säkulare Bereiche aus.12 Im Fokus interdisziplinärer Konversionsforschung stehen seither nicht zwingend religiöse Anlässe und Beweggründe, sondern ebenso Bekundungen des »radikalen persönlichen Wandels«13 im individuellen Lebensverlauf oder eines Wechsel der Weltsicht in politischen Bekenntnis- oder Läuterungserzählungen.14 Wurde das Forschungsmaterial nicht mit Interviews selbst erhoben, beruhte es auf Selbstzeugnissen, auf Autobiographien, Tagebuchaufzeichnungen, Briefen oder Bekenntnisberichten im engeren Sinn. Denn Konversionen manifestieren sich nicht zwingend in objektivierbaren Merkmalen, wie dem Wechsel einer religiösen oder parteilichen Mitgliedschaft, sondern in einer für Außenstehende nicht sichtbaren inneren Umkehr der Person. Die Dokumente der Konversion legen Zeugnis über den vollzogenen Wandel ab und weisen die Konversion gleichzeitig als ein kommunikatives Ereignis aus, das über wiedererkennbare Eigenschaften als solches sichtbar gemacht wird. Eine Konversion ist also fast zwangsläufig eine Konversionserzählung.

Betrachtet man die Konversion aus gattungstypologischer Perspektive, treten die individuellen Motive, die zu einer Neuausrichtung des Lebens oder der Einstellungen führen, zugunsten sprachlicher und stilistischer Traditionen zurück, die bis in die Spätantike zurückreichen und dabei negativ auf einen Kanon bezogen sind, wie Thomas Luckmann betont.15 Die Besonderheit des individuellen Wandels wird in nahezu allen Konversionserzählungen in eine dreigliedrige Erzählstruktur überführt: »Für die Konvertiten gibt es ein Vorher und ein Nachher«, so Christian Heidrich. Geschieden werden die beiden zeitlichen Abschnitte durch ein drittes Moment, das eigentliche Konversionsereignis: »Der Wendepunkt, der das Vorher vom Nachher trennt, ist die Konversion.« Die erlösende Umkehr, die den Lebensverlauf in ein falsches Leben vor und ein richtiges Leben danach trennt, wird erzählerisch die »Mitte der Existenz«: Sie stattet die übrigen Handlungselemente mit Sinn aus.16 Das »zeitliche Grundgerüst« der autobiographischen Erzählung organisiert sich also um einen Wendepunkt, wie ebenfalls Bernd Ulmer in qualitativen Interviews mit religiösen Konvertit:innen beobachtet hat. Auf der Ebene der Erzählzeit wurden die Umstände, die zu einer Spaltung der Biographie in ein »davor« und »danach« führten, detailliert dargestellt, sodass es nahezu zu einer Deckung von Erzählzeit und erzählter Zeit kam, während den beiden Lebensabschnitten selbst sehr viel weniger Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Es wurden zudem auch auf der Ebene der Handlung ausschließlich Ereignisse geschildert, die auf das Konversionsereignis hinführten oder aus diesem resultierten.17 Julian Müller betont darum die existentielle Funktion eines Wendepunktes für die Identitätserzählung: eine »Erfahrung verwandelt das bisherige Leben schlagartig in ein falsches.«18 Dies ist umso bedeutsamer, da sich die erlösende Selbsterkenntnis, an die der innere Wandel der Person geknüpft ist, oft schwer versprachlichen lässt. Um die an sie gebundenen Gefühle der Scham oder Schuld, falschen Illusionen erlegen gewesen zu sein, glaubhaft darzustellen, greifen Konversionserzählungen auf narrative Traditionen zurück, die ihren Ursprung in christlichen Bekenntniserzählungen haben. Dabei ist es irrelevant, ob das Konversionsereignis einen Wandel der Überzeugungen initiiert, in Indifferenz und Skeptizismus mündet oder es zu einer Neukombination aus alten und neuen Einstellungen kommt.19

Die Darstellung von Wendepunkten und an sie geknüpfte Motive der Selbsterkenntnis sind ein wiederkehrendes narratives Organisationsprinzip von Autobiographien, um die Konsistenz des geschilderten Lebensverlaufes zu beglaubigen.20 Konversionserzählungen müssen nicht autobiographisch sein, aber in Autobiographien positioniert sich das erzählende Ich häufig im Muster der Konversion zu sich selbst. Stephen Shapiro sieht in der strukturellen Metapher des »turning point« eine der wichtigsten Konventionen autobiographischen Erzählens.21 Er begründet dies mit dem identitätsbildenden Motiv von Autobiographien, die frühere Versionen des Selbst mit gegenwärtigen Versionen zu integrieren versuchen. Das Konversionsereignis stiftet als narratives Mittel ebenso eine Verknüpfung zwischen den unterschiedlichen biographischen Varianten des Ich wie dem erzählenden und erzählten Ich. Insofern erzeugen Konversionserzählungen gezielt Effekte einer »autobiographischen Illusion«, wie Pierre Bourdieu sie beschrieb, »indem man in Abhängigkeit von einer Globalintention bestimmte signifikante Ereignisse auswählt und Verknüpfungen zwischen ihnen herstellt, die geeignet scheinen, ihr Eintreten zu begründen und ihre Kohärenz zu gewährleisten […]«.22 Die Bekehrung wäre in diesem Fall die strukturierende Intention oder der Standpunkt des erzählenden Ich, nach der sich die Auswahl der Selbst- und Weltbezüge sowie die Handlungsabfolge ausrichtet. Der Punkt, von dem aus das autobiographische Ich auf sein Leben blickt, wird jenseits einer Reihe von Erfahrungen, jenseits von Krisenmomenten verortet, um das Geschilderte retrospektiv mit Sinn zu versehen und im Lebensverlauf ein Muster zu erkennen.23

Das erzählende Ich wird damit zu einer Instanz der Rechtfertigung. Eine Instanz, die nicht selten täuscht, wenn sie divergierende Erfahrungsräume ausblendet. In der narrativen Konstitution eines kohärenten Selbst liegt die säkulare Aufgabe einer »personal salvation«.24 Das Motiv der Konversion hat laut Gerald Peters in den Strukturen vieler moderner säkularer Autobiographien eine totalisierende Funktion, und zwar in zweifacher Hinsicht. Es bot zum einen eine einheitliche Vorstellung von personaler Identität, die zum anderen durch Formen sozialer Autorität legitimiert wurden: »It tied one to the authority of a social and linguistic context, and yet it transferred all the authority of that context to the individual in his or her dealings with the world.«25 Konversionserzählungen sind aus seiner Sicht in gleichem Maße befreiend wie unterwerfend. Zum einen begründet das Konversionsereignis auf narrativer Ebene die Freiheit des Ich, sich Religionen, Parteien oder sozialen Gruppen zugehörig zu fühlen, wie sich von ihnen abzuwenden. Doch durch die Bekehrung erfährt die Freiheit gleichzeitig eine Begrenzung, die aus der narrativen Struktur der Konversion resultiert. Das erzählende Ich hält an dem totalisierenden Anspruch der Verhaltenskonsistenz fest. Edith Saurer hat das kollektive Phänomen der Konversion in der Wiener Romantik untersucht und bereits eine ähnlich ambivalente Struktur beobachtet. Allen Konversionsberichten war gemeinsam, »dass die Herkunftsreligion nicht das ganze Leben des Individuums bestimmen muss, dass aber die Zugehörigkeit zu einer Religion die akzeptierte Norm und der zentrale Identitätsrahmen bleiben soll.«26 Neben dem verweltlichten Verhalten, dem Bruch mit der familiären Religion, besteht das innere Bedürfnis nach Religion fort. Ähnlich treten in säkularen Autobiographien Vorstellungen der Variabilität der eigenen Person neben solche der Kontinuität.

In der sozialwissenschaftlichen Forschung werden Konversionserzählungen der Gegenwart darum als ein Modus der Selbstfestlegung interpretiert. Da Lebensverläufe in Gegenwartsgesellschaften kontingenter geworden sind und nicht mehr unmittelbar durch die sie prägenden Institutionen wie Familie, Betrieb, Kirche oder Partei in eine vorhersehbare und festgefügte Chronologie überführt werden, geben die Individuen ihren Leben selbst Sinn. »Bedeutungsverluste«, argumentiert Müller, »werden sozusagen dadurch kompensiert, dass sich Menschen selbst reglementieren und dadurch auch selbst fundieren.«27 Desto größer die Kontingenzen, umso stärker das Bedürfnis nach Stabilität und Gewissheit. Der Bereich der Konversion weitet sich auf alltägliche Praktiken aus, die in eine identitätsstiftende Selbsterzählung überführt werden: zwar ist ungewiss, wo man in den nächsten Jahren arbeiten, wo und mit wem man leben wird, aber die eigene Lebensführung (Ernährung, Sport etc.) stiftet Stabilität. Für die Selbsterzählung bleibt entscheidend, dass die Konversion öffentlich kommuniziert wird, davon zeugen Bekenntnisberichte auf Social Media, die der Dramaturgie religiöser Konversionserzählungen gehorchen. Müller veranschaulicht dies anhand von Vorher-Nachher-Bildern, auf denen etwa der Wechsel der Frisur, der Figur oder auch des Geschlechts dargestellt wird. Konversionserzählungen haben in dieser Perspektive eine »soziale Funktion«: Sie dienen dem narrativen Nachweis für den eigenerfahrenen Wandel, der über die Dreigliedrigkeit der Erzählstruktur plausibel dargestellt werden soll.28 Die Erzählung legitimiert die Idee des Selbst und sichert sie ab.

3. Konversion als soziologische Methode

In autosoziobiographischen Selbsterzählungen, wie sie von Didier Eribon, Annie Ernaux oder Édouard Louis genreprägend formuliert wurden, wird der Wandel der eigenen Person akribisch rekonstruiert.29 Die Rückkehr zu vergangenen Orten setzt beim erzählenden Ich einen Identitäts- und Sinnstiftungsprozess in Gang, der von affektiven Erschütterungen begleitet wird, die einer religiösen Konversionserfahrung nicht unähnlich sind. Oft befinden sich die Figuren in einem existentiellen Status der Verunsicherung, übertreten die Schwelle zum alten Ich nur zögerlich. Die retrospektiven Rückblenden haben dabei eine doppelte Funktion: Sie sollen den Wandel der Person wie den Wandel der Gesellschaft versprachlichen. Eine krisenhafte Selbsterfahrung wird an ein gesellschaftliches Krisenbewusstsein rückgebunden, die Retrospektion wird gleichzeitig als eine soziale Rekonstruktion ausgewiesen. Um die Verknüpfung zwischen autobiographischem Erzählen und zeitdiagnostischer Gesellschaftsanalyse zu plausibilisieren, folgen die Texte wiedererkennbaren Genrekonventionen. Laut Carlos Spoerhase sind Autosoziobiographien durch ein Bündel von Merkmalen geeint: Die Texte arbeiten mit Authentifizierungsstrategien, durch die sie eine Identität von Erzähler:in, Protagonist:in und Autor:in nahe legen; auf der Handlungsebene sind Momente der Überschreitung zu beobachten (die Erzählfigur muss sich von der Familie entfernen, zieht fort, muss sich verändern usw.); damit verbunden ist ein Bildungsideal, über das ein sozialer Aufstieg initiiert wird (Institutionen wie Schule, Universität oder eine persönliche Lektüreerfahrung ermöglichen dies); und der soziale Übergang ist meist mit einer ambivalenten Affektdynamik verknüpft (Gefühle wie Überlegenheit und Stolz werden ebenso thematisch wie Scham, Ohnmacht oder Angst).30 In einigen Fällen ist die fiktionale Erzählung außerdem an eine »Wahrheitsverpflichtung«31 ­geknüpft, die sonst mit faktualen Erzählungen einher geht. Hier wird die autobiographische Erinnerung an eine Gesellschaftsdiagnose rückgebunden, in der die Konversionserzählungen als diagnostisches Instrument eingesetzt werden. Die Erinnerungsarbeit, in der sich das persönliche, familiäre und soziale Gedächtnis überlappen, wird häufig metafiktional reflektiert.

Als Vorbild gilt Pierre Bourdieus Soziologischer Selbstversuch, der angelegt als Anti-Autobiographie die Bedingungen der eigenen Perspektive rekonstruieren will. Statt dem intentionalen Erzählen, das er, wie oben erwähnt, Autobiographien zuschreibt, entwickelt Bourdieu in seiner Vorlesung eine methodisch geleitete »Selbstobjektiverung«32, die keinerlei imaginativen Anteile, die mit einem Erinnerungsvorgang einher gehen, enthalten soll.33 Das erzählende Ich soll ähnlich wie ein Soziologe den »Platz des Forschers«34 einnehmen, wenn es auf sich selbst zurückblickt. Diesen Vorgang ­beschreibt Bourdieu als eine »Umkehrung des Blicks«35, dem ein reflexives Erkenntnisvermögen zukomme. Denn indem das Ich sich selbst zum Objekt erhebt, überschreitet es die doxa, die soziale Welt mit ihren unhinterfragten Selbstverständlichkeiten. Es wird sich fremd und kann sich in diesem distanzierten Blick seinem Selbst annähern. Und eben diese Überschreitungserfahrung, die soziologische Erkenntnisse generieren soll, bindet Bourdieu an ein Konversionsereignis zurück. Er erläutert in seinem methodischen Nachwort zum Elend der Welt seine Idee soziologischen Verstehens als eine »wahre Konversion des Blicks«.36 Bourdieu verwendet den Begriff nicht unbedacht. Bekehrungserzählungen vermitteln eine persönliche Erfahrung, die als Beweggrund eines eigenerlebten Wandels geltend gemacht wird, kommunikativ durch ihre dreigliedrige Erzählstruktur. Die vergangene Erfahrungswirklichkeit wird, wie oben ausgeführt, hinsichtlich der erlebten Konversionserfahrung und der an sie geknüpften Identität retrospektiv erzählt. Autobiographische Konversionserzählungen rechtfertigen die Variabilität des Lebensverlaufs also, indem sie den indeterminierten Fortgang des eigenen Lebens durch ein determinierendes Ereignis erläutern. Biographische Brüche oder andere Erfahrungen von Kontingenz haben dadurch rückblickend Sinn, sie werden zu existentiellen Wendepunkten des Lebens. Bourdieu übernimmt dieses narrative Muster von »Desillusionierung und Wandel«37, um die nicht unmittelbar wahrnehmbaren sozialen Vorstrukturierungen des erzählten Ich beschreibbar zu machen. Mit dem Unterschied indes, dass die damit verbundene Vorstellung einer kohärenten und konsistenten Identität methodisch reflektiert wird.

Veranschaulichen lässt sich seine methodische Adaption der Konversionserzählung in den Schilderungen seiner frühen ethnologischen Forschungen. Während der Feldforschung in der algerischen Kabylei erinnert Bourdieu sich an die Bauern seines Heimatortes Béarn, eine Erfahrung, die bei ihm »eine Art Initiation«38 auslöste. Er überträgt den methodischen Forschungsrahmen, den er auf eine ihm fremde Kultur angelegt hatte, nun auf die eigene Heimat. Das Rückkehrnarrativ, das im autosoziobiographischen Erzählen eine Konversion des Erzählers initiiert, beginnt im Selbstversuch nun folgendermaßen:

[E]s erschien mir lohnenswert, […] dieses fraglos gegebene Verhältnis der Menschen zu ihrer sozialen Welt zu befragen, aber in einer mehr oder weniger experimentellen Weise, nämlich indem ich jene Welt als Gegenstand einer objektiven, sogar objektivistischen Untersuchung wählte, eine Welt, die mir vertraut war, in der alle Beteiligten einen Vornamen hatten, in der sich die Art zu sprechen, zu denken und zu handeln für mich völlig von selbst verstand – und gleichzeitig mein Vertrautheitsverhältnis mit dem Objekt selbst und in seiner Differenz zu objektivieren, die es von jenem wissenschaftlichen Verhältnis trennt, zu dem ich, etwa in der Kabylei, mit Werkzeugen der Objektivierung wie der Genealogie oder Statistik gelangt war.39

Bourdieu kehrt als Soziologe zurück in die Welt seiner Heimat, als er die Heiratsstrategien in seinem Heimatdorf untersucht. Er beschreibt den epistemologischen Bruch eindrücklich, der sich einstellte, als er das Bekannte, das als unhinterfragter Erfahrungsrahmen seine Sicht auf die Dinge prägte, einer »objektivistischen Untersuchung« unterzog. Bemerkenswert sind hier die sich überlagernden Perspektiven der Erzählinstanz, die in ihrem Wissen, den emotiven und normativen Dispositionen, stark variieren. Der Ich-Erzähler, der alte Soziologe Bourdieu, der auf seine frühe Forschung zurückblickt, beschreibt den jungen Soziologen Bourdieu, der wiederum die Welt seiner Kindheit in einem Forschungsrahmen beschreibt. Der Text setzt eine Reihe von Beobachtungsordnungen in Gang, die überlagernde Konversionserfahrungen beinhalten. Der rekonstruktive Blick des erzählten Ich, des jungen Forschenden, setzt ein methodisch geleitetes Konversionsereignis in Gang, das die sozialen Gesetzmäßigkeiten und Strukturierungen des Dorflebens offenlegt. Menschen, die er mit Vornamen kennt, werden ihm fremd; und dadurch als gesellschaftliche Subjekte erkennbar. Gleichzeitig wird an den retrospektiven Erinnerungsvorgang des erzählenden Ich eine Konversionserfahrung rückgebunden, die von einer schmerzhaften Erkenntnis des Wandels der eigenen Person begleitet wird, wie Bourdieu weiter ausführt:

Ein ganzer Teil meiner selbst wird mir wiedergegeben, jener, durch den ich ihnen ähnlich war und der mich ihnen gleichzeitig entfremdete, weil ich ihn nur verleugnen konnte, indem ich sie verleugnete, im Banne der Scham, die ich für sie und mich empfand – die Rückkehr zu den Ursprüngen wird begleitet von einer dennoch beherrschten Rückkehr des Verdrängten.40

Die Wiederannäherung an das vergangene Ich, das mit einer Konfrontation der verdrängten eigenen Anteile einhergeht, setzt einen paradoxen Affekthaushalt frei, der zwischen Fremdheit und Identifikation schwankt und im Gefühl der Scham sedimentiert ist. In der methodisch geleiteten Konversionserzählung wird der Wendepunkt, die eigentliche Bekehrung, kontrolliert herbeigeführt, um im Akt des Erinnerns den Werdegang des Selbst aus einer epistemologischen Distanz verständlich zu machen. Die verleugneten Anteile, die eigene soziale Herkunft, werden durch die Rückkehr, an die eine retroverse Bewegung im sozialen Raum geknüpft ist, freigesetzt. Bourdieu beschreibt den Vorgang des Erinnerns selbst als erkenntnisförderndes Prinzip einer »echten epistemologischen Konversion«41, das biographisch in der Heimkehr des jungen Forschers verdichtet ist.

4. Rückkehrnarrativ und regressive Modernisierung

Bourdieu unterscheidet streng zwischen »eingeborenem und wissenschaftlichem Blick«.42 Er geht von der Prämisse aus, dass die soziale Ordnung nicht unmittelbar beobachtbar ist und sich ausschließlich in einer wissenschaftlichen Rekonstruktion erschließen lässt. Er musste als Soziologe zurückkehren in seinen Heimatort, um die soziale Logik zu rekonstruieren, die sein eigenes Leben strukturierte. Die scharfe Grenzziehung, die er methodisch zwischen der objektivierenden Distanz und der subjektiven Involviertheit zieht, wurde häufig kritisiert.43 Gleichwohl führt er im Selbstversuch vor, dass die temporale Struktur von Konversionserzählungen diese dichotome Trennung unterminiert, da hier das erzählende Ich mit dem erzählten Ich im Akt des Erinnerns als identisch wahrgenommen wird, obwohl es ihm als Fremdes gegenübertritt. Was Bourdieu aufgrund des Anspruchs, ein methodisch kontrolliertes Verfahren zu konzipieren, verwirft, nutzen literarische Autosoziobiographien, um die »zweifache Wirklichkeit von Gesellschaft«44 darstellbar zu machen: die subjektiven Erfahrungswelten und die sie strukturierenden objektiven Klassifizierungen. Die Ich-Erzähler:in ist meist in privilegierte Sozialpositionen aufgestiegen, doch innerlich ist sie zerrissen durch eine »doppelte Nichtzugehörigkeit«45, die in einem Rückkehrnarrativ zu der Herkunftsfamilie ergründet werden soll.

Beispielhaft lässt sich dies an dem Romananfang des im Jahr 2020 im Suhrkamp Verlag erschienen Debüts Streulicht der Autorin Deniz Ohde nachvollziehen. Erzählanlass ist hier, wie in vielen Autosoziobiographien, die Rückkehr zum Vater, die bei der Ich-Erzählerin Rückblenden in die Kindheit, und darüberhinausgehend eine Reflexion über soziale Mobilität und Beharrung in Gang setzen.46 Der Titel des mehrfach ausgezeichneten Debüts bezeichnet das Licht, das von dem städtischen Industriepark ausgeht, in dem der Vater arbeitet. Die verstorbene Mutter der Erzählerin ist als junge Frau aus der Türkei eingewandert, ihr Leben war von dem Versuch geprägt, die Unordnung in der Wohnung zu beseitigen, die der Vater und Großvater der Erzählerin durch das Anhäufen immer neuer Produkte produzierten. Die Erzählerin beschreibt zwar einen Bildungsaufstieg (sie macht an einer Abendschule Abitur und studiert schließlich), gleichzeitig aber auch die Diskriminierungserfahrungen, die ihre soziale Mobilitätserfahrung begleiten. Im Klappentext findet sich ein direkter Verweis zu Bourdieus Hauptwerk Die feinen Unterschiede: »Wahrhaftig und einfühlsam erkundet Deniz Ohde in ihrem Debütroman die feinen Unterschiede in unserer Gesellschaft.«47 Der paratextuelle »heteronome Hilfsdiskurs«48 offeriert offenkundig ein gesellschaftsdiagnostisches Interpretationsangebot. Doch der Roman tut dies auf eine grundsätzlich andere Weise als die Soziologie Bourdieus. In der Literaturkritik wurde der Roman als »überzeugendes Gegenstück« zu den französischen Genrekonventionen der Autosoziobiographie rezipiert, weil er in seinen dichten »Nahaufnahmen« gesellschaftliche Entwicklungen greifbar mache.49 Der »Generalisierungsanspruch«50, der Autosoziobiographien bisweilen in die Nähe von Gegenwartsdiagnosen rücken lässt, entfaltet sich in der Beschreibung der Dingwelten, kleiner Gesten oder innerer Erlebnisräume. Der Blick auf das scheinbar Nebensächliche, Beiläufige zeichnet ein Bild der Gegenwartsgesellschaft als Ganzes.

Bemerkenswert hierfür ist, dass Autosoziobiographien meist mit einer Schwellenerzählung, der Darstellung eines Übergangsmoments, eröffnet werden.51 In Streulicht wird die Rückkehr der Protagonistin in den Heimatort wie folgt geschildert:

Die Luft verändert sich, wenn man über die Schwelle des Ortes tritt. […] Niemandem hier fällt das mehr auf, und auch mir wird es nach ein paar Stunden wieder vorkommen wie die einzig mögliche Konsistenz, die Luft haben kann. Jede andere wäre eine fremde. Auch mein Gesicht verändert sich am Ortsschild, versteinert zu dem Ausdruck, den mein Vater mir beigebracht hat und mit dem er noch immer selbst durch die Straßen geht.52

Das räumliche Übertreten der Schwelle initiiert bei der Ich-Erzählerin ein inneres Konversionserlebnis, das sich eigentlich nur schwer beschreiben lässt, wie oben festgehalten wurde. In den Gesprächen hat Ulmer beobachtet, dass Personen ins Stocken gerieten und zu stottern begannen, wenn sie ihre religiöse Bekehrungserfahrung beschreiben wollten; sie stießen an die »Grenzen der Darstellbarkeit«.53 Darin liege das Dilemma aller Konversionserzählungen, ein singuläres Erleben vermitteln zu müssen, damit es nachvollziehbar werde und so den Status der eigenen sozialen Identität absichere. Der literarische Text bearbeitet dieses Dilemma, indem er den innenerlebten Konversionsvorgang der Figur mitsamt seiner evokativen Wirkung mithilfe einer atmosphärischen Beschreibung der äußeren Umgebung illustriert. Als die Ich-Erzählerin die Schwelle überschreitet und mit der vertrauten eigentümlichen Luftkonsistenz konfrontiert wird, die von dem örtlichen Chemiewerk herrührt, verändert sich ihre innere Stimmungslage. Das Klima schreibt sich in den Körper ein, ihr Gesicht »verändert sich«. Es ist eine Konversion besonderer Art, die durch die Rückkehr zum Vater ausgelöst wird. Das Ich nimmt die Haltung des kindlichen Ichs ein, die räumliche Bewegung aktiviert ein »Körpergedächtnis«54, das vorreflexive Erinnerungsprozesse auslöst. Die Beschreibung des Wendepunktes zielt nicht prospektiv auf eine neue personale Identität, sondern retrospektiv auf die vergangene. Die Ich-Erzählerin wird sich mit dem Übertritt der Schwelle der prekären Vorläufigkeit ihrer Identität bewusst.

Wie in anderen Autosoziobiographien rekonstruiert die diegetische Zeit eine besondere Wirklichkeit über den Erinnerungsprozess. Er stiftet einen paradoxen Erfahrungsrahmen zwischen dem erzählenden Ich und dem erzählten Ich der Kindheit, der zwischen der unüberbrückbaren Differenz und Wiederannäherung schwankt. Aber nicht nur das. Die Schwellenerzählung beschreibt neben dem persistenten Fortbestehen abgelegt geglaubter Identitätsanteile gesellschaftliche Widersprüche und Spannungen auf zwei Ebenen: Erstens sensibilisiert die Szene für die soziale Strukturierung individuellen Handelns, das gemäß der Gattungskonventionen von Bekehrungserzählungen sowohl indeterminiert als auch determiniert beschrieben wird. Eine emotionale Erschütterung, die mit eigenerlebten Konversionserfahrungen einhergeht, qualifiziert die Bekehrung als eine Erfahrung, die sich der Kontrolle entzieht und die Singularität der Person betont. Ähnlich ging es der Erzählerin. Als sie versucht, sich an die Beweggründe zum Fortgang zu erinnern, entziehen sich diese einem rationalen Kalkül: »Lag es daran, dass es eine unsichtbare Wand zwischen mir und dem Ort gab, nicht identisch mit den Mauern des Industrieparks, nicht identisch mit der Schneegrenze, aber doch mit ihnen in Zusammenhang stehend.«55 Die topographische Erzählstruktur markiert beides, eine Befreiung der Erzählerin von der familiären Soziallaufbahn (sie ist fortgegangen) und die identitätsstiftende Bedeutung der Sozialisationserfahrung (sie kehrt zurück). Noch deutlicher wird dies, wenn die Erzählerin zu Hause ankommt. Die Ankunft bei dem Vater löst eine Erfahrung der Anagnorisis aus: »Der Schlüssel dreht sich leichtgängig im Schloss der maroden Holztür, sie gibt das gleiche Geräusch von sich wie immer, als würde ich gerade von der Schule nach Hause kommen […]«.56 Die Konversionserfahrung ist eine soziale Rückverwandlung, die sich im Wiedererkennen des Eigenen im Fremdgewordenen manifestiert. Dadurch wird die sozialtopologische Opposition (oben und unten) mit einer irritierenden Semantik aufgeladen; die vertikale Sozialmobilität verläuft nicht linear, sie ist gebrochen und auf Abruf gestellt.

Während klassische Konversionserzählungen in ihrer totalisierenden Funktion eine kohärente Selbsterzählung liefern, geht es in Autosoziobiographien zweitens um die Darstellung von Brüchen, die eine gesicherte soziale Laufbahn als inhärent krisenhaft zeichnen. In der soziologischen Lebenslaufforschung geht man davon aus, dass Bildungs- und Erwerbssystem individuelle Lebensläufe strukturieren, »der Lebenslauf ist in den modernen Gesellschaften um das Erwerbssystem herum organisiert.«57 Die Schule und später der Betrieb sind entscheidende Institutionen zur Sozialintegration von Individuen, die in modernen Gesellschaften mit einer intergenerationell sozialen Aufwärtsmobilität in Verbindung gebracht wurden. Die elterliche Losung, ›den Kindern solle es einmal besser gehen‹, erodiert jedoch in der Gegenwart. Philipp M. Lersch, Wiebke Schulz und George Leckie haben auf der Basis umfangreicher Lebensverlaufsdaten analysiert, dass die beruflichen Prestigeverläufe zwischen den Generationen stark variieren. Während frühere Geburtskohorten, die geschlossene Beschäftigungsverhältnisse erlebt haben, homogene Prestigeverläufe aufweisen konnten, waren die späteren Kohorten, die in ihrem Leben offene Beschäftigungsverhältnisse erlebt haben, durch eine starke Variabilität geprägt.58 Es wird folglich unsicherer, ob die getätigten Bildungsinvestitionen in einen gesicherten und prestigeträchtigen Beruf übersetzt werden können.59 Das kollektive Gefühl einer »Abstiegsgesellschaft«, in der soziale Aufstiege trotz erbrachter Leistung mühsamer werden, führt der Roman intergenerationell vor. Die Erzählerin kehrt als Studentin zurück zum Vater, dessen Wohnungseinrichtung eindringlich seine Arbeiterexistenz vorführt:

Die Lebensmittel, die sich auf der Küchenzeile stapeln, die blaue Plastiktüte mit dem alten Brot, dieser Überfluss an Essen und billigen Möbeln, die niedrigen Decken, das Weiß der Wände, das sich über die Jahre gelb gefärbt hat, die sich stapelnden Fernsehzeitungen, der PVC-Boden vor dem Herd und der Korkboden im Flur, der sich an einigen Stellen löst; all diese Dinge, die ich wiedererkenne.60

Die detaillierte Beschreibung der Dinge führt die Beharrungskraft der väterlichen Laufbahn vor Augen. Ihr Wiedererkennen setzt bei der Erzählerin gleichzeitig ein Konversionsereignis in Gang, sie fühlt sich der sozialen Herkunft zugehörig und nicht zugehörig. Ihre soziale Laufbahn widerspricht der beiläufigen Bemerkung des Vaters: »›Hier ist alles beim Alten.‹«61 Zwar wollte auch er das Gymnasium besuchen, ist nach dem ersten Tag jedoch nicht mehr dorthin zurückgekehrt: »›Das ist nix für mich‹«.62 Die Tochter ist hingegen eine Bildungsaufsteigerin, doch gleichzeitig bleibt sie eine Fremde an Schule und Universität. Die intergenerationelle Aufwärtsmobilität glückt zwar formal, aber nicht wegen, sondern trotz der Institutionen, die ihre soziale Laufbahn determinieren und strukturierten. In der Schule ist sie als Tochter einer anatolischen Mutter mit rassistischen Diskriminierungserfahrungen konfrontiert, die ihre Nichtzugehörigkeit performativ zur Schau stellen: »Wenn ich meinen Namen sagte, berichtigte der Lehrer meine Aussprache.«63

Ihre damalige Existenz, reflektiert die Erzählerin retrospektiv, war untrennbar verbunden mit einem »unbegreiflich‍[en] Ekel, der wortlos in mir gärte.«64 Das Nebeneinander von Stabilität und Mobilität wird wie in anderen Autosoziobiographien über das widersprüchliche Affektgewebe der Scham darstellbar. Eribon beschreibt den Wandel der eigenen Person in Gesellschaft als Urteil wie folgt: »Man entdeckt, dass man anders ist, man versucht, das eigene Leben nach dieser Andersheit zu organisieren […]. Zugleich erkennt man aber, dass diese neue Identität etwas Schamvolles ist, das nur im Zeichen der Angst gelebt werden kann.«65 Gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen wirken vermittelt über das Gefühl der Scham in dem eigenen Selbst fort, es urteilt negativ über sich selbst, weil es gegen internalisierte soziale Normen verstößt. Auch die Ich-Erzählerin spaltet Identitätsanteile ab, um dem Gefühl der Andersheit zu entkommen, sie hat einen »öffentlichen Namen« und einen »Geheimnamen«. Während der öffentliche Name ein »Passwort« ist, das Türen aufschloss, markiert der Geheimname Alterität. Als die Erzählerin in einer Präsentation an der Universität zum ersten Mal ihren richtigen Namen verwendet, sagt die Professorin: »Ich sehe, wir haben Freunde aus dem Ausland hier.«66 Die Sichtbarkeit des »richtigen Namens«67 – nicht dessen Verschweigen – ist für sie einerseits ein »Verrat« an der Mutter, deren Identität gerade in der Auslöschung ihrer kulturellen Herkunft bestand, der Auslöschung des Namens als Familiengedächtnis. Für die Protagonistin ist der Akt des Verhüllens andererseits aber auch ein »Verrat an mir selbst“«, eine »Lüge«, ein »Abspalten eines Teils von mir« – auch all jenen gegenüber, die über die Macht der Namensgebung nicht verfügten: »gegenüber allen anderen, die sich ihren Namen nicht aussuchen konnten.«68 Der Ich-Erzählerin kommt gerade aufgrund ihrer Mobilitätserfahrung das reflexive Vermögen zu, eine Position innezuhaben und sich gleichzeitig von ihr zu distanzieren.

Zwar bleibt im autosoziobiographischen Erzählen das Moment der Erlösung aus, das in religiösen und säkularen Konversionserzählungen durch die einheitliche Vorstellung personaler Identität gestiftet wurde, aber gleichzeitig hält es an der Idee der Verhaltenskonsistenz fest. Doch auf eine besondere Art und Weise. Die Selbsterzählung wird um die singuläre Erfahrung von Fremdheit herum organisiert, die retrospektiv als Besonderheit der Person ausgewiesen wird. Der Wandel erscheint in den Rückblicken als konstitutiv im Lebensverlauf angelegt, ähnlich wie in klassischen Konversionsberichten. Eben dadurch kann die Schilderung der individuellen Konversionserfahrung in ihrer sozialen Determiniertheit darstellbar gemacht werden. Gleichzeitig führt die Ich-Erzählerin den gescheiterten Versuch vor, ein kohärentes Ich zu konstruieren. Sie stört in ihrer retroversen Bewegung im sozialen Raum lineare Fortschrittsdynamiken, sie geht fort und kehrt zurück. Im retrospektiven Erzählverlauf, in dem Gegenwart und Vergangenheit, Aufstiege und Abstiege nicht klar voneinander zu scheiden sind, werden soziale Ungleichzeitigkeiten performativ veranschaulicht. Was zu Beginn als Gesellschaftsdynamik regressiver Modernisierung gekennzeichnet wurde, wird hier als diffuser Schwellenzustand eines Selbst erzählt. Ebenso wie auf gesamtgesellschaftlicher Ebene Fortschritte und Rückschritte im selben Prozess miteinander verzahnt sind, erweist sich die soziale Mobilität als widersprüchliche Erfahrung von Beharrung und Wandel.

 

5. Schluss

Konversionserzählungen sind durch eine dreigliedrige Erzählstruktur bestimmt, in der ein erlösender Wendepunkt den Lebensverlauf in ein falsches Leben vor und ein richtiges Leben nach der Bekehrung trennt. Die Auswahl der dargestellten Ereignisse richtet sich wie die erzählte Ereignisabfolge auf das Konversionsereignis aus. Die Konversion wirkt sinnstiftend, da durch sie kontingente Ereignisse retrospektiv in ein Muster sortiert werden. Dadurch haben Konversionserzählungen eine befreiende wie unterwerfende Wirkung. Sie belegen die individuelle Handlungsfähigkeit, politische oder religiöse Haltungen ändern zu können, ebenso wie das Festhalten an Verhaltenskonsistenz, das sich in der Hinwendung einer neuen Religion oder Weltanschauung manifestiert. Der Lebensverlauf wird durch die Konversion als variabel ausgestellt, in der Variabilität der Lebensereignisse aber ebenso als kontinuierlich. Sie sind in der Gegenwart laut Müller darum ein praktischer Modus der Selbstfestlegung, das dem Leben einen Sinn gibt, wenn die Institutionen, die den Lebenslauf strukturieren und reglementieren, an Bedeutung verlieren.

Im literarischen Genre der Autosoziobiographie wird die Paradoxie von Konversionserzählungen, zugleich Freiheit und Determiniertheit auszustellen, als zeitdiagnostisches Instrument nutzbar gemacht. In Autosoziobiographien haben Wendepunkte und Übergangserzählungen eine ähnlich handlungsstrukturierende Funktion wie in klassischen Konversionserzählungen. Die Erzählungen werden meist mit einer Rückkehr eröffnet, die einen Wandel der Ich-Erzähler:in in Gang setzt. Der darauffolgende retrospektive Erzählverlauf versucht die Alteritätserfahrung zu ergründen, die erzählte Vergangenheit wird einem konsistenten Muster untergeordnet. Doch die Rückblenden werden nicht in eine kohärente Selbsterzählung überführt, sondern es wird die Widersprüchlichkeit und Irritation der Konversion vorgeführt. Denn eben die paradoxe Gleichzeitigkeit von Befreiung und Unterwerfung wird an eine literarische Gesellschaftsdiagnose rückgebunden, die auf zwei Ebenen den diegetischen Erfahrungsraum der Ich-Erzähler:in an außerdiegetische soziale Erfahrungen rückbindet. Zunächst veranschaulicht die Konversionserzählung das Nebeneinander von subjektiven Handlungen und objektiven Klassifizierungen. Die individuelle Mobilitätserfahrung widerspricht den intergenerationellen Lebensverlaufsmustern der eigenen Familie, sie markiert den singulären Status. Gleichzeitig überblenden retardierende Erfahrungen und widersprüchliche Gefühle die soziale Konversion, die Erzähler:in entkommt ihrem sozialen Schicksal und wird doch von ihm heimgesucht. Schließlich wird in der Konversionserzählung eine Idee sozialen Wandels kommuniziert, die mit dem linearen Fortschrittsnarrativ bricht und für die Widersprüche, das Nebeneinander von Fortschritten und Rückschritten, sensibilisiert. Wie sich der Textstatus von Autosoziobiographien in einem Zustand der Überschreitung von klar zuordenbaren Textgattungen (Roman oder Gesellschaftsanalyse) befindet, erzählt auch die Konversion der Figur von einer Gesellschaft im Übergang, die sich in einem diffusen Schwellenzustand befindet. Ihre Konturen sind noch nicht klar identifizierbar, aber erzählbar.

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Fußnoten

1 Rüther, Tobias (2023): Das Ich und die Suchfunktionen der Literatur. Literaturdebüts 2023. Frankfurter Allgemeine Zeitung: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/literaturdebuets-von-anne-rabe-irina-kilimnik-und-mina-hava-19033690.html. 05.09.23. 2 Lejeune, Philippe (1994): Der autobiographische Pakt. Frankfurt a.M.: Suhrkamp. 3 Schreiber, Daniel (2019): Ich will Ich. Gegenwartsliteratur. Zeit online: https://www.zeit.de/kultur/literatur/2019–10/erzaehlperspektive-ich-schriftsteller-literatur-demokratie-glaubwuerdigkeit/komplettansicht. 05.09.23. Zur Literaturkritik der Autofiktion vgl. Franzen, Johannes (2019): Hemmung vor der Wirklichkeit. Literaturkritik. Zeit online: https://www.zeit.de/kultur/literatur/2019–10/literaturkritik-fiktion-fakten-schreiben-qualitaet. 05.09.23. 4 Offil, Jenny/ Rüther, Tobias (2023): »Ich glaube an aktiven Fatalismus«. Interview. Frankfurer Allgemeine Zeitung: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/interview-mit-jenny-offill-ueber-ihren-roman-wetter-17585720.html. 05.09.23. 5 Rüther: Das Ich und die Suchfunktionen der Literatur. 6 Bauman, Zygmunt (2017): Retrotopia. Berlin: Suhrkamp; Nassehi, Armin (2021): Unbehagen. Theorie der überforderten Gesellschaft. München: C.H. Beck; Reckwitz, Andreas (2019): Das Ende der Illusionen. Politik, Ökonomie und Kultur in der Spätmoderne. Berlin: Suhrkamp. 7 Beck, Ulrich (1996): Das Zeitalter der Nebenfolgen und die Politisierung der Moderne. In: Beck, Ulrich/ Giddens, Anthony/ Lash, Scott: Reflexive Modernisierung. Eine Kontroverse. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 19–111, S. 60. 8 Norris, Pippa/ Inglehart, Ronald (2019): Cultural Backlash. Trump, Brexit, and Authoritarian Populism. New York: Cambridge University Press. 9 Amlinger, Carolin/ Nachtwey, Oliver (2022): Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus. Berlin: Suhrkamp, S. 96. 10 Herrmann, Leonard/ Horstkotte, Silke (2016): Gegenwartsliteratur. Eine Einführung. Stuttgart: J. B. Metzler, S. 4. 11 Weintraub, Karl J. (1975): Autobiography and Historical Consciousness. In: Critical Inquiry, 1/4, S. 821–848. 12 Vgl. den Forschungsüberblick in Schaser, Angelika (2007): »Zurück zur heiligen Kirche.« Konversionen zum Katholizismus im säkularisierten Zeitalter. In: Historische Anthropologie, 15/1, S. 1–23; Richardson, James T. (Hg.) (1978): Conversion careers. In and out of the new religions. London: Sage. 13  Wohlrab-Sahr, Monika/ Krech, Volkhard/ Knoblauch, Hubert (1998): Religiöse Bekehrung in soziologischer Perspektive. Themen, Schwerpunkte und Fragestellungen der gegenwärtigen religionssoziologischen Konversionsforschung. In: dies. (Hgg.): Religiöse Konversion. Systematische und fallorientierte Studien in soziologischer Perspektive. Konstanz: UVK, S. 7–35, S. 8. 14 Heidrich, Christian (2002): Die Konvertiten. Über religiöse und politische Bekehrungen. München: Hanser; Haupt, Heinz-Gerhard (2003): Politische Konversion in historischer Perspektive. Methodische und empirische Überlegungen. In: Uta Gerhardt (Hg.): Zeitperspektiven. Studien zu Kultur und Gesellschaft. Beiträge aus der Geschichte, Soziologie, Philosophie und Literaturwissenschaft. Stuttgart: Steiner, S. 267–304; Lofland, John/ Stark, Rodney (1965): Becoming a World-Saver. A Theory of Conversion to a Deviant Perspective. In: American Sociological Review, 30, S. 862–875, S. 862. 15 Schaser: Zurück zur heiligen Kirche, S. 2; Luckmann, Thomas (1987): Kanon und Konversion. In: Assmann, Alida/ Assmann, Jan (Hgg.): Kanon und Zensur. Beiträge zur Archäologie der literarischen Kommunikation II. München: Fink, S. 38–46. 16 Heidrich: Die Konvertiten, S. 10. 17 Ulmer, Bernd (1988): Konversionserzählungen als rekonstruktive Gattung. Erzählerische Mittel und Strategien bei der Rekonstruktion eines Bekehrungserlebnisses. In: Zeitschrift für Soziologie, 17/1, S. 19–33, S. 22. 18 Müller, Julian (2023): Der politische Konvertit als Fürsprecher seiner selbst. In: Mittelweg 36, 32/1, S. 17–27, S. 21. 19 Snow, David A./ Machalek, Richard (1984): The Sociology of Conversion. In: Annual Review of Sociology, 10, S. 167^–^190, S. 170–171. 20 Vgl. Wagner-Egelhaaf, Martina (2005): Autobiographie. Stuttgart: J.B. Metzler. 21 Shapiro, Stephen A. (1968): The Dark Continent of Literature: Autobiography. In: Comparative Literature Studies, 5, S. 421–454, S. 439. 22 Bourdieu, Pierre (1998): Praktische Vernunft. Zur Theorie des Handelns. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 75–76. 23 Weintraub: Autobiography and Historical Consciousness, S. 824. 24 Gusdorf, Georges (1980): Conditions and Limits of Autobiography. In: Olney, James (Hg.): Autobiography. Essays. Princeton: Princeton University Press, S. 28–48, S. 39. 25 Peters, Gerald (1993): The Mutilating God. Authorship and Authority in the Narrative of Conversion. Amherst, MA: University of Massachusetts Press, S. 2. 26 Saurer, Edith (2006): Romantische KonvertitInnen. Religion und Identität in der Wiener Romantik. In: Aspalter, Christian/ Müller-Funk, Wolfgang/ Saurer, Edith et al. (Hgg.): Paradoxien der Romantik. Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft in Wien im frühen 19. Jahrhundert. Wien: WUV, S. 229–255, S. 234. 27 Müller, Julian (2019): Vom richtigen Leben nach dem falschen. LMU Newsroom: https://www.lmu.de/de/newsroom/newsuebersicht/news/vom-richtigen-leben-nach-dem-falschen.html. 06.09.23. 28 Ulmer: Konversionserzählungen als rekonstruktive Gattung, S. 32. 29 Vgl. Blome, Eva/ Lammers, Philipp/ Seidel, Sarah (Hgg.) (2022): Autosoziobiographie. Poetik und Politik. Berlin, Heidelberg: J.B. Metzler. 30 Spoerhase, Carlos (2022): Akademische Aufsteiger. Scholarship boys als literarische Sozialfiguren der Autosoziobiographie (Politik der Form II). In: Blome, Eva/ Lammers, Philipp/ Seidel, Sarah (Hgg.): Autosoziobiographie. Poetik und Politik. Berlin, Heidelberg: J.B. Metzler, S. 67–88, S. 67–68. 31 Genette, Gérard (1992): Fiktion und Diktion. München: Fink Verlag, S. 78. 32 Bourdieu, Pierre (2002): Ein soziologischer Selbstversuch. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 11. 33 Teile der folgenden Ausführungen sind sinn- oder wortgemäß enthalten in: Amlinger, Carolin (2022): Literatur als Soziologie. Autofiktion, soziale Tatsachen und soziologische Erkenntnis. In: Blome, Eva/ Lammers, Philipp/ Seidel, Sarah (Hgg.): Autosoziobiographie. Poetik und Politik. Berlin, Heidelberg: J.B. Metzler, S. 43–66. 34 Bourdieu: Ein soziologischer Selbstversuch, S. 9. 35 Bourdieu: Ein soziologischer Selbstversuch, S. 70. 36 Bourdieu, Pierre (1997): Das Elend der Welt. Zeugnisse und Diagnosen alltäglichen Leidens an der Gesellschaft. Konstanz: UVK, S. 788. 37 Rohrwasser, Michael (1991): Der Stalinismus und die Renegaten. Die Literatur der Exkommunisten. Stuttgart: J.B. Metzler Verlag, S. 3. 38 Bourdieu: Ein soziologischer Selbstversuch, S. 47. 39 Bourdieu: Ein soziologischer Selbstversuch, S. 69. 40 Bourdieu: Ein soziologischer Selbstversuch, S. 71. 41 Bourdieu: Ein soziologischer Selbstversuch, S. 75. 42 Bourdieu: Ein soziologischer Selbstversuch, S. 71. 43 Vgl. Celikates, Robin (2015): Zwischen Habitus und Reflexion. Zu einigen methodologischen Problemen in Bourdieus Sozialtheorie. In: Mark Hillebrand/ Krüger, Paula/ Lilge, Andrea et al. (Hgg.): Willkürliche Grenzen. Das Werk Pierre Bourdieus in interdisziplinärer Anwendung. Bielefeld: Transcript, S. 73–90. 44 Schultheis, Franz (2002): Nachwort. In: Pierre Bourdieu: Ein soziologischer Selbstversuch. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 133–151, S. 142. 45 Spoerhase, Carlos (2017): Politik der Form. Autosoziobiografie als Gesellschaftsanalyse. In: Merkur 71/818, S. 27–37, S. 29. 46 Vgl. Blome, Eva (2020): Rückkehr zur Herkunft. Autosoziobiografien erzählen von der Klassengesellschaft. In: Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 94/4, S. 541–571. 47 Ohde, Deniz (2020): Streulicht. Roman. Berlin: Suhrkamp, o.S. 48 Genette, Gérard (2001): Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 18. 49 Kılıç, Sinem (2020): Der Geruch der Herkunft. Streuchlicht. Die Zeit 49 (25.11.2020): https://www.zeit.de/2020/49/streulicht-deniz-ohde-klassengesellschaft-herkunft-milieu. 06.09.23. 50 Meyhöfer, Frank/ Werron, Tobias (2022): Gegenwartsdiagnosen. Ein öffentliches Genre der Soziologie. In: Mittelweg 36, 31/2, S. 48–69, S. 58. 51 Vgl. Eßlinger, Eva (2022): Wechsel ohne Schwelle. Ein Soziologe kommt zu Besuch. In: Blome, Eva/ Lammers, Philipp/ Seidel, Sarah (Hgg.): Autosoziobiographie. Poetik und Politik. Berlin, Heidelberg: J.B. Metzler, S. 193–210. 52 Ohde: Streulicht, S. 7. 53 Ulmer: Konversionserzählungen als rekonstruktive Gattung, S. 26. 54 Beise, Arnd (2007): ›Körpergedächtnis‹ als kulturwissenschaftliche Kategorie. In: Bannasch, Bettina/ Butzer, Günter (Hgg.): Übung und Affekt. Formen des Körpergedächtnisses. Berlin: De Gruyter, S. 9–29. 55 Ohde: Streulicht, S. 22. 56 Ohde: Streulicht, S. 8. 57 Kohli, Martin (1985): Die Institutionalisierung des Lebenslaufs. Historische Befunde und theoretische Argumente. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 37/1, S. 1–29, S. 3. 58 Lersch, Philipp M./ Wiebke, Schulz/ Leckie, George (2020): The Variability of Occupational Attainment. How Prestige Trajectories Diversified within Birth Cohorts over the Twentieth Century. In: American Sociological Review, 85/6, S. 1084–1116. 59 Nachtwey, Oliver (2016): Die Abstiegsgesellschaft. Über das Aufbegehren in der regressiven Moderne. Berlin: Suhrkamp. 60 Ohde: Streulicht, S. 9. 61 Ohde: Streulicht, S. 10. 62 Ohde: Streulicht, S. 52. 63 Ohde: Streulicht, S. 42. 64 Ohde: Streulicht, S. 42. 65 Eribon, Didier (2017): Gesellschaft als Urteil. Klassen, Identitäten, Wege. Berlin: Suhrkamp. 66 Ohde: Streulicht, S. 247. 67 Ohde: Streulicht, S. 247. 68 Ohde: Streulicht, S. 247.