Nicolai Busch: Konversionen ins ›Exil‹. Inszenierungen des Übertretens im Umfeld Uwe Tellkamps und des BuchHaus Loschwitz
Abstract: The author Uwe Tellkamp is often regarded as a ›political convert‹ who switched from conservative to (new) right-wing positions in 2018. This article first of all discusses media stagings of Tellkamp’s conversion and points to their problems. Based on socio-scientific studies, the article then discusses the relationship between conservatism and right-wing extremism in East Germany and reveals various intersections between the two ideologies, which Tellkamp reproduced long before 2018. Contrary to the assumption of a ›sudden conversion‹, the article shows which strategies of conversion and political immunization Tellkamp and his literary environment in Dresden-Loschwitz have developed for many years. The focus here is on figures of ›inner emigration‹ and ›exile‹, which are interpretated as conversions into imaginary or literary shelters.
Keywords: Uwe Tellkamp; Neue Rechte; Ostdeutschland; BuchHaus Loschwitz, Exil
Die Geschichte des Autors Uwe Tellkamp ist vielfach als die eines politischen Überläufers erzählt worden: »Leser und Kritik lagen Uwe Tellkamp zu Füßen, dann driftete er nach rechts ab«1, konstatierte etwa der Spiegel in einer Rezension von Tellkamps Roman Der Schlaf in den Uhren (2022). Als politisches »Outing«, über das »allerhand Menschen […] überrascht«2 gewesen seien, bezeichnete die Zeit Tellkamps Unterzeichnung der sogenannten Charta2017, in der vor einer »Gesinnungsdiktatur«3 gewarnt wird. Tellkamp, der noch Ende 2017 von der Forschung als »ideale[] Repräsentationsfigur der konservativen politischen Parteien«4 eingeordnet und für sein DDR-Epos Der Turm (2008) mit Literaturpreisen überhäuft worden war, gilt vielen spätestens seit einem Streitgespräch mit Durs Grünbein 2018 mehr als Verbreiter rechter »Halbwahrheiten«5, statt als konservativ-bürgerlicher Literat, sein neuester Roman mehr als vorhersehbare »Karikatur einer Verschwörungserzählung«6, statt als komplexe Fiktion. In einer 3sat-Doku ließ sich der Autor 2022 als »Paria«7 inszenieren, der sich, unverstanden und enttäuscht von einer ›linksliberalen Mehrheitsgesellschaft‹, hinter einer Mauer des Zorns verschanzt. Trotz zahlreicher Kooperationen mit neurechten8 Zeitschriften, Verlagen und Institutionen wie Sezession, Tumult, Junge Freiheit, Antaios oder der Bibliothek des Konservatismus verweigert sich der Autor jeder Selbstdeutung als politischer Konvertit. Einen politischen Lagerwechsel hat er nach eigenem Verständnis nicht vollzogen, stattdessen habe sich unter dem Einfluss grüner Klima- und linker Identitätspolitik die politische Diskussionskultur selbst in eine ›totalitäre‹ und ›meinungsfreiheitsgefährdende‹ konvertiert: »Wir haben die Bildung eines fast nationalen Blocks wie schon in der DDR unter Inanspruchnahme der Demokratie für alle Maßnahmen, die dieser Block trifft. Und unter Abwertung aller anderen Meinungen, nur weil sie anderer Meinung sind«.9 Seine Sympathien zur AfD und neurechten Netzwerken (und zwar vor allem zu diesen) gesteht Tellkamp mittlerweile öffentlich ein, versteht sich aber selbst als überparteilicher, »aufgeklärter« Intellektueller, der ›die eigene Filter Bubble regelmäßig durchbreche‹ und sich »ohne Berührungsängste«10 mit bürgerlichen ebenso wie mit rechts- und linksextremen Medienformaten und Positionen auseinandersetze.
1. Konversions-Inszenierungen als Medienereignis und neurechte PR-Strategie
Mindestens ebenso diskussionswürdig wie Tellkamps überparteiliches Selbstverständnis müssen indessen die Fremdinszenierungen des Autors als politischer Konvertit in Kritiken und TV-Sendungen erscheinen. Grundlage dieser Konversions-Inszenierungen ist die Vorstellung voneinander klar abgrenzbarer, in sich abge- schlossener ideologischer Lager, die zumindest aus einer diskurs- und differenztheoretischen Perspektive wenig haltbar ist, insofern ideologische bzw. hegemoniale Diskurse zwar ständig Allgemeingültigkeit beanspruchen, aufgrund ihres konstitutiven Verhältnisses zu einem ›anderen‹, diskursiven Außen die eigene Universalität aber auch ständig unterminieren.11 Bekannte Überläufer wie der zunächst links- und später rechtsextreme Theoretiker Günter Maschke oder der einstige SDS-Aktivist und spätere NPD-Unterstützer Bernd Rabehl werden folglich nur dann als solche beschreibbar, insofern man, anstatt von instabilen, immerzu umkämpften Diskursen, von bedeutungsfixierten Essenzen ›linker‹, ›grüner‹, ›konservativer‹ oder ›rechter‹ Ideologien ausgeht, zwischen denen ein vermeintlich autonomes Überläufer-Subjekt beliebig wechseln könne. Ähnlich dem Konvertiten Horst Mahler, der nach gängiger Forschungsmeinung aufgrund von Hegel-Lektüren ›vom RAF-Terroristen zum Neonazi‹12 konvertiert sein soll, geht die verkürzte Medienerzählung über Tellkamp von einem »plötzlichen Erweckungserlebnis«13 des Autors (in diesem Fall dem Streitgespräch mit Grünbein) aus, das zum eindeutigen Lagerwechsel geführt habe und sich als Medienereignis gut inszenieren lässt.
Vor allem neurechte Medien wie die Zeitschrift Sezession betreiben geradezu einen Inszenierungskult um Konvertiten, die aufgrund ihres nonkonformistischen »Solitärsein[s]« zu politisch-theologischen Initiatoren anti-liberaler »Erweckungsbewegungen«14 stilisiert werden. Die Konversionserzählung ›von Linksliberal oder gemäßigt Konservativ nach Rechtsaußen‹ eignet sich für die Neue Rechte vor allem dazu, die vermeintliche Überlegenheit ihrer Vorstellungen von ›konkreter Wirklichkeit‹, ›Leben‹ und ›Kampf‹ gegenüber einer Linken zu behaupten, die immer schon nur »am Leben vorbeitheoretisier[t]«15 habe, oder sich von einem bürgerlichen Lager abzugrenzen, das auf einen wirkungslosen »Gärtner-Konservatismus«16 anstatt auf die neurechte, exzentrische Lust an der Grenzüberschreitung und Revolution setze.17 Hochzeiten des politischen Konvertismus feierte man in der Sezession nicht nur in Folge der Geflüchtetenkrise 2015 oder während der Corona-Proteste 2021–22. Auch 2018 – die AfD war just in den deutschen Bundestag eingezogen und die von Tellkamp mitunterzeichnete, sogenannte Gemeinsame Erklärung gegen »illegale Masseneinwanderung«18 fand regen Zuspruch – war auf den Online-Seiten der Zeitschrift von einer »Welle der Bekenntnislust« einer zuvor »schweigenden Mehrheit« (hier im Sinne Elisabeth Noelle-Neumanns)19 die Rede gewesen: »Zigtausend Leute«, so Kubitschek, würden nun ins neurechte Lager überlaufen, »den Finger heben und sich namentlich dazu bekennen, AfD zu wählen, oppositionelle Medien zu lesen, demonstriert zu haben und aus alledem keinen Hehl mehr machen zu wollen«.20
Eine erste These des vorliegenden Beitrags ist, dass die Fremdinszenierungen Tellkamps als Konvertit ganz im strategischen Interesse der Neuen Rechten den Blick auf die soziokulturellen Ursprünge, die diskursive Genese und die komplexen, historischen Transformationen rechten Denkens außer- und innerhalb der Literatur versperren. Zum einen wird durch die Erzählung des politischen Überläufers der Mythos eindeutig »dichotomisierende[r] antagonistische[r] Denkweise[n]« bedient, um derart nach »populistische[r] Diskurslogik«21 und »Riss«22-Metaphorik die »gesellschaftliche Polarisierung«23 und Spaltung aktiv voranzutreiben. Zum anderen aber – und dies wiegt weit schwerer – erzeugen Überläufergeschichten einen medialen Personen- und Gegenwartsfokus, durch den ein angebliches ›Erweckungserlebnis‹ oder ›Bekenntnis‹ des Konvertiten überbetont, die überindividuelle Geschichte, gesellschaftliche Verhandlung, soziale Funktion und Wandlung weltanschaulicher Diskurse ebenso wie ihr antagonistisch-konstitutives Verhältnis zueinander oder ihre inhaltlichen Schnittmengen miteinander jedoch zu wenig Beachtung finden. Nicht nur wird auf diese Weise der falsche Eindruck einer eindeutigen und ergo eindeutig überschreitbaren Grenze zwischen demokratischem Konservatismus und demokratiefeindlichem Rechtsextremismus erzeugt, anstatt die historische Debatte um eben jene Grenze, ihre »Erosion«24 sowie ihre ständige Verschiebung zu thematisieren. Auch rückt durch den Gegenwartsfokus in den Hintergrund, welche langfristigen identitätsstiftenden Prozesse der sogenannte Überläufer und sein soziales Umfeld über Jahrzehnte vollzogen haben und welche biographischen und sozialen Diskursnarrative (z.^B. Ängste und Krisen, Gefühle der Benachteiligung, Selbstvermarktungsziele etc.)25, welche regionalpolitischen Diskurse (z.^B. zur Arbeitslosigkeit, zu milieu- und schichtspezifischen Wertvorstellungen, zu regionalen Geschichtsbildern etc.) oder welche institutionellen Dispositive (z.^B. Parteien, Vereine, religiöse Organisationen etc.) diese Prozesse mitgeprägt haben.26 Mittels welcher Erzählungen, Figuren oder Verfahren derartige Prozesse ins Literarische übersetzt worden sind und welche mitgestaltenden und imaginär-politischen Funktionen der Literatur somit zukommen, ist überdies zu beleuchten, will man den Medienmythos der ›plötzlichen Konversion‹ eines literarischen Autors wie Tellkamp dekonstruieren.
2. ›Ostdeutscher Rechtsruck‹ – Konversion, Transformation oder Tradition?
Eine kritische Diskursanalyse des angeblichen Konvertismus Tellkamps hätte die oben aufgezählten Wahrheitsbildungsprozesse und Machtwirkungen insofern zu berücksichtigen und mit Beobachtungen zur ostdeutschen Gesellschaft und Politik insgesamt zu kontextualisieren. Zwar ist ein neuer ›Rechtsruck‹ in Ostdeutschland spätestens seit 2015/16 immer wieder diskutiert worden. Häufig sind der enorme Erfolg der Parteien AfD und NPD in den östlichen Bundesländern, das Entstehen des rechtsterroristischen NSU in Thüringen, die in Teilen rechtsextreme Bewegung Pegida in Dresden oder die Asylproteste in Freital, Clausnitz, Heidenau oder Bautzen jedoch auf einzelne Ursachen – wie die in Sachsen besonders ausgeprägte »Furcht vor kultureller ›Überfremdung‹« und »islamistischem Terror«27 – reduziert worden, ohne die Diskursgeschichte dieser Ursachen genauer herzuleiten. Auch dass der Rechtstrend im Osten nur als logische Ablehnung ›westdeutscher Hegemonien‹ zu interpretieren ist, haben Teile der Forschung (und Tellkamp selbst in Berufung auf diese) argumentiert.28 Die hiermit einhergehende These, wonach nicht die Fremdenfeindlichkeit ostdeutscher Bevölkerungsteile, sondern die ›Gleichheits- und Korrektheitsbestrebungen der West-Eliten‹ sowie ›eine den Osten diffamierende west-journalistische Berichterstattung‹29 zur Radikalisierung ehemals ›bürgerlich-konservativer Ost-Milieus‹ beigetragen hätten, bedient die Erzählung einer ausschließlich fremdverschuldeten Konversion des Ostens, die wissenschaftlich nicht haltbar ist. In einem Themenheft zu ›Sachsen‹ hebt entsprechend auch die Sezession 2019 einen immer schon ›revoltierenden‹ Charakter des Bundeslands hervor, der sich gegen eine ›westdeutsche Bevormundung‹ richte30: Bereits bei der »Revolution von 1848/49« seien »auch sächsische Künstler beteiligt« gewesen, bevor »[d]ie Revolution von 1918 […] zum Freistaat Sachsen«31 und die Wende 1989 zum »Übertritt ins mündige Leben«32 geführt habe. Dass »Sachsen […] nach der Wende und seither […] ein Problem mit Rechtsradikalismus« habe, wird im Heft zwar eingestanden, aber als Folge einer gescheiterten »Wiedervereinigung«33 ausgelegt.
Wie dementgegen eine große Anzahl an wissenschaftlichen Arbeiten und Medienberichterstattungen nahelegt, muss die historische Entwicklung des Rechtsextremismus34 in Sachsen mit Blick auf geschichtspolitische Diskurse des Landes35, die sozialstrukturellen und ökonomischen Bedingungen einzelner Bevölkerungsteile36 und die dortige Diskurspolitik der seit der Wiedervereinigung durch die CDU angeführten Landesregierungen37 betrachtet werden. Allgemein bekannt ist zunächst, dass in der DDR der Glaube an einen sozialistischen Antifaschismus als zentraler »Gründungsmythos«38 des Staates diskursiviert wurde, was mithin dazu führte, dass die besonders in den 1980er Jahren wachsende ostdeutsche Skinhead- und Neonazi-Szene von politischer Seite verharmlost wurde39 und der sächsische CDU-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (1990^–^2002) noch 2017 behaupten konnte, die Sachsen seien »immun […] gegenüber Rechtsradikalismus«.40 Wie eine 2017 kontrovers diskutierte41 Studie des Göttinger Instituts für Demokratieforschung in Übereinstimmung mit weiteren Forschungsarbeiten nahelegt, lässt sich in Teilen Sachsens und Thüringens bis heute eine »selektive Auseinandersetzung mit der [DDR-]Historie« und ihrer Rechtsextremismus-Problematik erkennen, die auf die Idealisierung »einer möglichst positiven, moralisch ›sauberen‹ regionalen Identität«42 abzielt und eine Kritik daran nicht selten als ›Nestbeschmutzung‹ ablehnt. Diese erinnerungspolitische Strategie führt der Studie nach besonders dort zu einer Abwärtsspirale im Umgang mit Rechtsextremismus, wo sie durch sozialstrukturelle Faktoren noch zusätzlich motiviert wird:
Die empfundene [sowie in Teilen durchaus auch reale ökonomische und strukturelle, Anm. N.B.] Benachteiligung gegenüber dem Westen und die als anmaßend empfundenen Äußerungen von BundespolitikerInnen und Medien, dass insbesondere Sachsen ein Problem mit Fremdenfeindlichkeit habe, verstärken noch das Bedürfnis, die eigene regionale oder ostdeutsche Identität zu romantisieren und auf diesem Wege das Problem der Fremdenfeindlichkeit entweder auszublenden oder […] zu heroisieren, als Ausdruck einer genuin sächsischen Widerständigkeit und Streitlust zu deuten.43
Darüber hinaus lassen sich speziell in der sächsischen Landesregierung Tendenzen einer »Entpolitisierung«44 feststellen, die auf eine »Neutralisierung politischer Konflikte«45 abzielt und auch hierdurch einer Verharmlosung des regionalen Rechtextremismus Vorschub leistet. Schon 2017 stellten Teile der Forschung eine konservative »Appeasementpolitik« unter dem damaligen sächsischen CDU-Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (2008^–^2017) fest, deren »Strategie« darin bestanden habe, »sich zwar regelmäßig pflichtschuldig gegen Äußerungen auszusprechen, die […] zu offen sexistisch, rassistisch, islamfeindlich oder homophob sind, sich aber gleichzeitig zum Fürsprecher und Vertreter der ›berechtigten Ängste‹ und ›Anliegen‹ der Bürger*innen [im Umfeld von Pegida, Anm. N.B.] zu erklären«.46 Mit Steffen Flath verfügte die sächsische CDU-Landtagsfraktion zwischen 2008 und 2014 über einen Vorsitzenden, der dem rechten CDU-Flügel Berliner Kreis angehört, Verbindungen ins evangelikal-fundamentalistische Milieu aufweist und durch seine Abtreibungsgegnerschaft wie auch sein wertkonservatives, heteronormatives Familienbild bereits damals deutliche Parallelen zur 2013 gegründeten AfD erkennen lässt.47 Spätere Positionen von Pegida, so haben Steinhaus et al. dargelegt, teilte die sächsische CDU außerdem bereits in ihrem Grundsatzpapier von 2005, in dem etwa eine sächsische »Liebe zur Heimat«48 und die Sachsen als »Schicksalsgemeinschaft«49 propagiert wurden. Ein »sächsischer Exzeptionalismus«50 im Sinne eines ausgeprägten Lokal- und Regionalpatriotismus, wie er oben auch im Sonderheft der neurechten Sezession beobachtet wurde, prägt die CDU-Wahlkämpfe und die Reden Biedenkopfs bereits in den 1990er Jahren.51
Spezifischere Erkenntnisse zu ›rechtsextremen Strukturen‹ und ›bürgerschaftlichem Engagement gegen Rechtsextremismus‹ in Tellkamps Heimatstadt Dresden liefert eine Studie des Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung aus dem Jahr 2010: Anknüpfend an den Bielefelder Desintegrationsansatz, demnach besonders Erfahrungen mangelnder ›Sozial- und Systemintegration‹ »rechtsextremistische Einstellungs- und Verhaltensmuster«52 hervorrufen oder befördern können, stellt die Studie in der Dresdner Altstadt »deutliche Desintegrationstendenzen« und eine »starke Verankerung der NPD«53 fest. Obschon die Befragten in Tellkamps Heimat- und Villenviertel Loschwitz dementgegen kaum Anzeichen der »sozial-strukturellen Desintegration«54 (z.^B. Abstiegsängste, Gefühle der ökonomischen Benachteiligung etc.) erkennen lassen, zeigt sich dort eine verstärkte ›institutionelle Desintegration‹. Schon 2010 fühlen sich viele Loschwiter-Bürger:innen »bei politischen Entscheidungen unzureichend berücksichtigt« und verfügen der Studie nach über »die geringste Bereitschaft gegen den Rechtsextremismus im Ortsamtsvergleich«.55 »Der Anteil derjenigen, die von positiven Erfahrungen mit Rechtsextremisten berichten, fällt in Loschwitz/Schönfeld-Weißig mit 28,2^% am höchsten aus«.56
3. Tellkamps Desintegration und ›innere Emigration‹ ab 2012
Die These einer ›plötzlichen politischen Konversion‹ Tellkamps ließe sich vor diesem Hintergrund folgendermaßen erörtern: Einerseits scheint der einstige Helmut Kohl-Verehrer57, Freund der CDU-Familie de Maizière58 und Konrad-Adenauer-Preisträger59 Tellkamp aus der Perspektive des Jahres 2018 seine immer schon konservativen Positionen durchaus radikalisiert zu haben. Andererseits tendiert Tellkamp bereits lange vor seinem ›AfD-Outing‹ dazu, die oben dargelegten regionalpolitischen Diskursmuster einer Romantisierung und Entpolitisierung Sachsens zu reproduzieren und so die Annäherung der CDU-Politik an den strukturellen Rechtsextremismus in Sachsen und Dresden mitzuvollziehen. Zwar lässt sich noch Tellkamps Eisvogel-Roman (2005), der im Kontext der rechtsterroristischen Anschläge einer damals bereits verdeckt mordenden NSU-Gruppe (ab 1999) erscheint, als literarische Warnung vor rechtsextremer Gewalt interpretieren.60 Schon in seinem Roman Der Turm (2008), der den Untergang einer idealen DDR-Geisteswelt zum Thema hat, aber auch in einer Landtagsrede zur Deutschen Einheit, die Tellkamp 2012 im Beisein des CDU-Vorsitzenden Steffen Flath und Teilen der NPD-Fraktion61 hält, wird die eigene sächsische »Heimat«62 dann aber als geradezu märchenhafter Kindheitsort und »Land der stillen Farben« ästhetisiert, dessen »Schönheit, Eleganz«63 und »Sinn für Tradition«64 durch staatliche Eingriffe (in der DDR) oder ›abstrakte, kapitalistische Marktgesetze‹ (in der Nachwendezeit) bedroht seien.65
Bereits in der Rede im Landtag stellt Tellkamp vor dem Hintergrund der Eurokrise (ab 2010) die rhetorische Frage, ob »wir tatsächlich in einer Demokratie« leben oder ob sich nicht vielmehr »[wirtschafts-]feudale Züge in unserer sozialen Verfasstheit«66 zeigen würden. In einer Dankesrede aus dem Mai 2017, die der Autor anlässlich des an ihn verliehenen Kulturpreises der Deutschen Freimaurer hält, gibt er überdies zu bedenken, ob man angesichts von ›Medienmanipulationen‹ nicht »mittlerweile in einer DDR 2.0«67 lebe. Während Tellkamp mit seiner später wiederholten These DDR-ähnlicher Verhältnisse bekannte Verschwörungsdiskurse der Neuen Rechten bedient68, greifen auch Teile seiner Kapitalismuskritik auf AfD-Positionen zurück: In einem Zeit-Gespräch von 2012 prognostiziert der Autor etwa einen ›multikulturellen‹, europäischen »Bürgerkrieg«69, der als Folge der Finanzkrise ausbrechen könnte: »Das Geld ist irgendwann weg. Die Nahrungsmittel kommen nicht mehr aus dem Supermarkt. Dann beginnen wieder die elementaren Verteilungskämpfe. Dann, denke ich, wird es wieder marodierende Banden geben. Das ist meine Angst«70, so Tellkamp ähnlich der kulturalistischen EU-Kritik einer nur wenig später gegründeten AfD.71 Tellkamps abstrakte Zeitgeist-Diagnosen im Jahr 2012, wonach »[v]iele Menschen […] das Gefühl [haben], dass etwas grundsätzlich nicht mehr stimmt«72 und sich daher »in Nischen und Angst«73 flüchten würden, leiten letztlich eine politische Desintegration des Autors selbst ein: Zwischen 2014 und Ende 2016 finden sich, abgesehen von vereinzelten, weitestgehend unbemerkten Essays, keine öffentlichen Stellungnahmen oder Auftritte des Autors. Bei einer Lesung des damals noch unveröffentlichten Lava-Manuskripts deutet Tellkamp 2014 eine krisenhafte Suchbewegung an, die auch seinen Protagonisten in Der Schlaf in den Uhren (2022), den ›Chronisten der Macht‹74 Fabian Hoffmann, antreiben wird: »Ich bin völlig zerschlagen und muss mich neu erfinden«.75
Wie sehr Tellkamps frühe AfD-nahe Positionierung und seine gleichzeitige Inszenierung einer ›inneren Emigration‹76 in die literarischen Schutzräume seines damaligen Romanprojekts durch milieuspezifische Identifikationsprozesse beeinflusst sind, lässt sich mit Blick auf seine Verbindungen zur Buchhändlerin Susanne Dagen darlegen. Dagen, die gemeinsam mit ihrem Lebenspartner, dem gebürtigen Kölner Michael Bormann, 1995 im Dresdner Stadtteil Loschwitz ihr BuchHaus Loschwitz und 2005 die dazugehörige Veranstaltungsstätte KulturHaus gegründet hatte, wird erstmals im Sommer 2016 durch den Spiegel als ›von der CDU enttäuschte Pegida-Sympathisantin‹77 beschrieben, nachdem sie Anfang 2016 eine Lese- und Gesprächsreihe zu einem Buch des Pegida-nahen Publizisten Sebastian Hennig initiiert hatte, das 2015 im völkischen Arnshaugk Verlag veröffentlicht worden war. Neben Dagens letztendlichem Bekenntnis zur Wahl der AfD Ende 201778 und ihrer kurzzeitigen Tätigkeit als Kuratoriums-Mitglied der AfD-nahen Desiderius Erasmus Stiftung79 fällt besonders ihre wiederholte Selbstdarstellung als betrieblich und politisch »unabhängige«80 oder ›randständige‹81 Kulturschaffende auf. Obschon in ihrem KulturHaus bis 2015 durchaus marktförmige Literat:innen, wie Jorge Semprún, Walter Kempowski, Marcel Beyer, Sibylle Lewitscharoff, Robert Seethaler und Tellkamp selbst lesen, prägt Dagen selbst ein biographisches Narrativ der unangepassten Nonkonformistin, das sie bereits 2010 in Interviews vermittelt.82 Mitbeeinflusst durch eigene Erfahrungen mit der DDR-Staatssicherheit, die Dagens Mutter, der Kunstgaleristin Ulrike Wittig, aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit dissidentischen Künstler:innen Berufsverbot angedroht haben soll83, präsentiert sich die Buchhändlerin als Sprecherin innerhalb eines Widerstandsdiskurses von in der DDR verfemten literarischen Autor:innen, die, wie Monika Maron, Sarah Kirsch, Andreas Reimann oder Siegmar Faust, wiederholt Gäste des KulturHaus Loschwitz waren oder dies bis heute noch sind.
Tellkamps Denkfigur der inneren Emigration, die dem nahekommt, was der Autor Frank Thiess 1945 als ein ›Ausharren auf verlorenem Posten‹ bezeichnet hat84, ist indessen auch in Dagens Widerstandsdiskurs mitangelegt. Ähnlich Tellkamp, der einerseits den Sozialismus aus wirtschaftlichen und freiheitsrechtlichen Gründen ablehnt85, sich andererseits aber auch als Kritiker des technisierten und neoliberalisierten Westens positioniert, beansprucht das Paar Dagen und Bormann eine doppelt-heimatlose Position im ›Dazwischen‹ für sich, die, wiederum ähnlich Tellkamp, als eine vermeintlich überparteiliche und systemautonome markiert wird: Schon 1996 beklagt Bormann als Autor der Dresdner Zeitschrift Elbhang Kurier die »Zerstörung einer [ostdeutschen] Lebensform«86 durch den ›geldfixierten Westen‹, lehnt aber gleichzeitig den sozialistischen DDR-Staat bereits als Jugendlicher ab.87 Dass sie sich aufgrund ihres »DDR-biografischen Hintergrund[s] […] nicht [von Parteien] instrumentalisieren lasse«88, betont Bormanns Partnerin Dagen ausgerechnet gegenüber der rechtsextremen Zeitschrift Compact im Februar 2018, wobei sie deren NPD-Nähe offenkundig gezielt ausblendet.
4. Konversionen ins ›Exil‹ – Susanne Dagens EXIL-Reihe (seit 2020)
Es gehört zur Inszenierungsstrategie des doppelt-heimatlosen DDR- und West-Gegners, dass dieser, um politisch handlungsfähig und gleichzeitig immun zu bleiben, in imaginäre ›Exile‹, anstatt in politische Lager konvertiert. Schon in den Jahren 2009/10 werden im Rahmen einer u.^a. von Tellkamp moderierten Veranstaltungsreihe des KulturHaus Loschwitz literarische »Rückzugsgebiete« im »postsowjetischen Raum«89 ausgelotet, die man z.^B. in der rumänischen phantastischen Literatur des Autors Mircea Cărtărescu entdeckt. Etwa ab 2015 finden sich in Dagens Veranstaltungsprogramm90 sodann vermehrt Autor:innen wieder, die, wie Ulrich Schacht, eine deutsch-deutsche ›Exil- und Heimatverlusterfahrung‹91 aufweisen können, die, wie Martin Mosebach, eine katholizistische Geistesheimat abseits der Moderne für sich beanspruchen92, oder die, wie der Herausgeber der heute neurechten Zeitschrift Tumult, Frank Böckelmann, eine heimatlose ›Entgrenztheit‹93 des globalen Westens kritisieren. Mit der Buchreihe EXIL, die 2020 durch Texte von Tellkamp, Monika Maron und Jörg Bernig eröffnet wird, will Dagen eine »Zuflucht der Kunst« ebenso wie eine »Kunst der Zuflucht« schaffen, »die sich einem Klima zunehmender politischer Anfeindung ausgesetzt sieht«.94 Obwohl es sich keinesfalls um eine nur künstlerische Reihe handelt, wird diese einem kunstautonomen Anspruch unterstellt, der eine Konversion ihrer Autor:innen in literarische, geschützte »Räume der Freiheit, des Denkens und [des] Träumens«95 qua Behauptung sicherstellt.96
Welche paratextuellen Funktionen dem Titel EXIL für die Konversions-Inszenierung der gesamten Reihe zukommt, mag ein abschließender Blick auf Jörg Bernigs repräsentativen EXIL-Band An der Allerweltsecke (2020) darlegen. In dem darin enthaltenen Essay In der weißen Stadt (2017) wird eine Reise auf den südlichen Balkan geschildert, die den Autor, der selbst »böhmische[] Vorfahren«97 hat, in die serbische Hauptstadt Belgrad führt. Bereits am Textanfang – Bernig besteigt gerade ein gleichnamiges Flugzeug – muss sich dieser an Goethes Gedicht Ilmenau (1783) erinnern, dessen siebzehnte Strophe im Essay sodann auch fast vollständig zitiert wird:
Wie dank’ ich, Musen, euch! Daß ihr mich heut /auf einen Pfad gestellet, / Wo auf ein einzig Wort die ganze Gegend gleich / Zum schönsten Tage sich erhellet; / Die Wolke flieht, der Nebel fällt, / Die Schatten sind hinweg. Ihr Götter, Preis und Wonne! / Es leuchtet mir die wahre Sonne, / Es lebt mir eine schönre Welt; / Das ängstliche Gesicht ist in die Luft zerronnen, / Ein neues Leben ist’s, es ist schon lang begonnen.98
Goethes Gelegenheitsgedicht, das dieser auf den 27. Geburtstag von Herzog Carl August von Weimar geschrieben hatte und das Goethes Ministertätigikeit im Ilmenauer Bergwerkswesen reflektiert, dient Bernig auf verquere Weise als Stichwort zur eigenen Serbienverklärung. Die »schönre Welt« oder das »neue[] Leben«, als die in den letzten Versen der oben zitierten Strophe die positive Belebung der Ilmenauer Landschaft durch die industrielle und administrative Führung des Herzogs gelobt wird99, fungieren bei Bernig als Metaphern seiner Konversion in ein naturbelassenes, undomestiziertes, anti-zivilisatorisches Exil, das der Autor in Serbien glaubt gefunden zu haben. Antatt einer »ökonomischen Selbstgewißheit«100, die Bernig im Westen beobachtet, sei die Gesellschaft Belgrads »näher am Krieg« und »am Martialischen« – »die bunte Oberfläche, des Westens Markenzeichen«, so Bernig, habe »Belgrad noch nicht zur Gänze überzogen«.101 Dass aufgrund der Jugoslawienkriege der 1990er Jahre noch heute »viele junge Serben […] die Sehnsucht treibt, ihrem Land zu entkommen«102, wird im Essay zwar erwähnt. Die genaue Rolle des serbischen Nationalisten Slobodan Milosevic als Urheber des Kriege sowie die durch Milosevic angeordneten Massenvertreibungen und Massaker bosnischer Muslime im Sinne seiner Pläne eines ›großserbischen Staates‹ finden bei Bernig aber keine genaue Beschreibung – vielmehr werden im Essay vor allem die NATO-Luftangriffe gegen die Stellungen der bosnisch-serbischen Armee für die bis heute ökonomisch prekäre und weiterhin konfliktlastige Situation des Landes verantwortlich gemacht.103
Während Goethes Fürstenspiegel besonders die pädagogische Funktion der »Zeit«104 im Sinne eines Reifungsprozesses des aufgeklärten, vernünftigen Herrschers in den Vordergrund rückt, interessiert sich Bernig für einen geschichtlich- und kriegerisch-gereiften, serbischen Volksgeist, der dem Autor nach nie humanistische oder demokratische Kontrollinstanzen nötig hatte und auch darin dem westlich-liberalen Modell überlegen sei: »Selbstvergewisserung, Sprache, Identität, Kultur«, so Bernig zur »osmanischen Fremdherrrschaft« in Serbien (1459^–^1878), »überdauerten während der Okkupation innerhalb der Religion und der Institution der serbisch-orthodoxen Kirche«.105 Mit Botho Strauß‘ Essay Anschwellender Bocksgesang (1993) teilt Bernigs Text – neben seiner Lobeshymne auf den bellizistischen Thymos der Serben – ein letztlich völkisch-ethnopluralistisches106 Verständnis von ›Nation‹, das ›in Deutschland nicht verstanden würde‹107:
Die Sensibilität Belgrads als Ort eines Anfangs und Endes, als Ort des Übergangs, des Aufeinandertreffens, aber auch der Differenzierung von Völkern, Kulturen von Weltkreisen [im Sinne einer Alternative zum deutschen Multikulturalismus, Anm. N.B.] könnte allen Europäern von Nutzen sein, [liege aber, so Bernig an anderer Stelle,] […] jenseits der Erfahrungen jener von starken Zentralgewalten erschaffenen und geprägten Staaten des westlichen Europas.108
Es sind derartig subtile, aber doch eindeutige Ähnlichkeiten zu bekannten nationalistischen Intertexten – darunter auch Peter Handkes Reisebericht Gerechtigkeit für Serbien (1996)109 – die Bernigs Essay ebenso wie das gesamte Loschwitzer EXIL-Projekt als politische Strategie erkennbar werden lassen. Wie bei Bernig zielen auch die EXIL-Essays des ehemaligen Spiegel-Journalisten und heutigen Autors diverser neurechter Plattformen Matthias Matussek darauf, die Figur des politischen ›Außenseiters‹ mit literarischen Außenseitern wie Heinrich Heine oder Heinrich von Kleist gleichzusetzen110, hierdurch die von Matussek selbst eingestandene »Sympathie für den Typus des Reaktionärs«111 zu ästhetisieren und letztlich die eigene langfristige Transformation ins Reaktionäre als einen bloß ästhetischen Übertritt in die nonkonforme Sphäre der Kunst zu legitimieren. Wiederum ähnlich verfährt Tellkamps literarischer EXIL-Essay Das Atelier (2020): Als Schöpfer eines »transrealistische[n]«112, das heißt in diesem Fall, politisch immunen Kunstreichs zwischen »Dichtung und Wahrheit«113 werden darin etwa die nur wenige Monate zuvor aufgrund ihrer AfD-Nähe diskutierten Leipziger Maler Neo Rauch und Axel Krause114 als »Martin Rahe«115 und »Thomas Vogelstrom«116 schlüsselliterarisch verfremdet und in ihrem täglichen Schaffen stilisiert. Die Produktion von Kunst, die in Goethes poetischer Autobiographie Dichtung und Wahrheit (1811^–^1833) noch »als das einzig mögliche Mittel der Selbstfindung und Selbsterfüllung des Menschen«117 erscheint, dient in Tellkamps Essay indessen bloß noch einem malerischen Widerstand gegen »die Mühlen«118 links-grüner politischer Korrektheit: Bei Rahes Atelier, heißt es im Text, habe »man es mit einer Arena, einer Kampfstätte zu tun, etwas Ernstem und Schwerem und einer Kunst, die weniger spielen als eingreifen will«.119 »Ich verachte die Gutwetter-Geschmeidigen, Rectum-Puderbüchsen auf zwei Beinen, Charakterbettler, […], die Feuilletonlyriker und Gefälligkeitsschnitzer«120, tobt entsprechend der Erzähler gegen Ende des Essays.
5. Fazit und Ausblick
Der vorliegende Aufsatz ist von der Beobachtung ausgegangen, dass im Fall Tellkamp, anstatt von einer plötzlichen Konversion ins rechte Lager, vielmehr von einer langfristigen Radikalisierung des Autors ausgegangen werden sollte. Zu zeigen war, dass Tellkamps über mehr als ein Jahrzehnt andauernder Radikalisierungsprozess überhaupt nur greifbar wird, insofern man zum einen die Traditionen und Transformationen rechten Denkens in Ostdeutschland und zum anderen die ab 2012 verstärkte institutionelle Desintegration des Autors innerhalb seiner politischen und literarischen Milieus in Dresden-Loschwitz mitreflektiert. Einerseits reproduzieren Tellkamps Selbstdarstellungen als ›desintegrierter, innerer Emigrant‹ Muster, die im regionalpolitischen, AfD-nahen Diskurs Sachsens damals bereits seit einiger Zeit angelegt sind. Andererseits schließen diese an einen anti-sozialistischen wie anti-westlichen Widerstandsdiskurs an, der im Umfeld der Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen ab 2015 ausgeprägt wird. Eine zentrale strategische Funktion innerhalb dieses Widerstandsdiskurses um Dagen kommt der Figur des Exilanten als einem ›Ausgestoßenen‹ oder ›Heimatlosen‹ zu. In der Buchreihe EXIL werden entsprechend des Titels Räume des Rückzugs imaginiert, die als vermeintlich kunstautonome Räume ausgewiesen werden und somit einer politischen Immunisierung der überwiegend neurechts positionierten Reihen-Autor:innen Vorschub leisten.
In der genaueren Analyse der EXIL-Beiträge der Autoren Bernig, Matussek und Tellkamp sind verschiedene essayistische wie literarische Strategien herausgearbeitet worden, mittels derer in den Beiträgen rechte, rassistische, anti-liberale und anti-demokratische Positionen als nonkonforme, literarische Positionen ästhetisiert und dadurch legitimiert werden. Die Inszenierungen der Konversion in die imaginären Schutzräume der Kunst und Literatur, wie sie in den untersuchten EXIL-Texten jeweils feststellbar sind, wären letztlich an anderer Stelle hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Neuen Rechten umfassender zu untersuchen. Fest steht, dass neurechte Strömungen bereits seit den 1960er Jahren auf eine neue, anti-liberale Lebensform für Deutschland abzielen, deren Möglichkeit zum einen mittels literarischer Fiktionen erprobt und deren politische Durchsetzung zum anderen durch eine literaturpolitische Einflussnahme auf den Kultur- und Literaturbetrieb aktiv betrieben wird.121 Die Konversion rechter Revolutionäre in die Exile der Kunst und Literatur erscheint damit letztlich als eine zentrale Strategie des neurechten Umsturzprojekts: »Der Einzelne und sein inneres, sein poetisches Reich – wer wirklich schöpferisch und restaurativ zugleich wirken will, muß dort gewohnt haben«122, heißt es in Kubitscheks programmatischem Aufsatz Der romantische Dünger (2014). »Er hätte ein ganz anderes Bild dabei, eine Große Erzählung, und vor allem wäre er von furchterregender, angemessen rücksichtsloser Entschlossenheit«.123
Literaturverzeichnis
Fußnoten
1 Cranach, Xaver von (2022): Soviel Hass, Ekel, Abrechnung, Moral. Spiegel.de, 12.^05.^2022: https://www.spiegel.de/kultur/literatur/uwe-tellkamp-und-sein-neuer-roman-der-schlaf-in-den-uhren-so-viel-hass-ekel-abrechnung-moral-a-589d2d69-e1ee-46f7-b754-f77c98bde9f4. 31.^05.^2023. 2 Reinhard, Doreen (2018): Weltbürger trifft Sonderbürger. Zeit.de, 09.^03.^2018: https://www.zeit.de/kultur/literatur/2018^–^03/dresden-uwe-tellkamp-durs-gruenbein-afd-pegida. 31.^05.^2023. 3 Dagen, Susanne (2017): Charta 2017 – Zu den Vorkommnissen auf der Frankfurter Buchmesse 2017. Website des BuchHaus Loschwitz: https://www.kulturhaus-loschwitz.de/charta-2017.html. Nicht länger abrufbar. 4 Wagner, Sabrina (2018): Korrektur durch epische Beschreibung – Konservatives Engagement zwischen autorschaftlichem Selbstverständnis und literaturkritischer Rezeption am Beispiel Uwe Tellkamps. In: Adler, Hans/ Klocke, Sonja E. (Hgg.): Protest und Verweigerung. Neue Tendenzen in der deutschen Literatur seit 1989. München: Wilhelm Fink, S. 93^–^109. 5 Gess, Nicola (2021): Halbwahrheiten. Zur Manipulation von Wirklichkeit. Berlin: Matthes & Seitz, S. 86^–^100. 6 Soboczynski, Adam (2022): Der Abstieg. In: Die Zeit, 12.^05.^2022, S. 46. 7 3sat (2022): Der Fall Tellkamp (1/5): Verlorenes Vertrauen. Website des Senders 3sat: https://www.3sat.de/kultur/kulturdoku/der-fall-tellkamp-serie-folge1^–^100.html. 31.^05.^2023, 00:04:00^ff. 8 Hier verstanden als Selbst- und Fremdbezeichnung für ein vergleichsweise intellektuelles, politisches Spektrum zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, das in seiner Berufung auf die Konservative Revolution der Weimarer Republik Grundlagen und Errungenschaften heutiger moderner Demokratien oder pluralistischer, liberaler Gesellschaften ablehnt. Vgl. Gessenharter, Wolfgang (1989): Die ›Neue Rechte‹ als Scharnier zwischen Neokonservatismus und Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. In: Eisfeld, Rainer/ Müller, Ingo (Hgg.): Gegen Barbarei. Essays Robert M.^W. Kempner zu Ehren. Frankfurt a.^M.: Athenäum, S. 424^–^452; Pfahl-Traughber, Armin (2019): Der Extremismus der Neuen Rechten. Eine Analyse zu Diskursthemen und Positionen. Wiesbaden: Springer VS, S. 33^ff. 9 Müller, Lothar (2022): »Ich muss mich rechtfertigen«. Gespräch mit Uwe Tellkamp. In: SZ, 11.^05.^2022, S. 11. 10 Schuler! Fragen, was ist (2023): »Wer unzufrieden ist, dem bleibt fast nur die AfD«. Gespräch mit Uwe Tellkamp. YouTube-Profil von Ralf Schuler, 10.^06.^2023: https://www.youtube.com/watch?v=VXdrCWXNRLQ. 31.^05.^2023, ab 38:00. Die YouTube-Sendung des ehemaligen BILD-Journalisten Schuler wird von der Produktionsfirma Rome Medien GmbH produziert, die dem ehemaligen BILD-Chefredakteur Julian Reichelt gehört. 11 Vgl. zusammenfassend: Reckwitz, Andreas (2006): Ernesto Laclau. Diskurse, Hegemonien, Antagonismen. In: Moebius, Stephan/ Quadflieg, Dirk (Hgg.): Kultur. Theorien der Gegenwart. Wies- baden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 339^–^349. 12 In einer dreiteiligen Aufsatzserie, die Anfang 1978 in der österreichischen Zeitschrift Neues Forum erschienen war, hatte Mahler erstmals seine rechtshegelianisch inspirierte Staatstheorie entwickelt, wonach der Staat nicht als zu bekämpfender, kapitalistischer Unterdrücker, sondern als Ausdruck des »allgemeinen Willens« des »Volkes« zu verstehen sei. Laut Mahler sei der ei¬gent¬liche Wunsch der Arbeiterschicht nach 1945 die »Identifikation« mit dem deutschen Staat gewesen, was die revolutionäre Linke allerdings nie verstanden hätte. Der entscheidende Schritt zu einer politischen Wende sei daher ein Bekenntnis der politischen Linken zur deutschen Nation. Vgl. Mahler, Horst (1978a): Neubeginnen. Brief aus dem Kerker. In: Neues Forum, 291/292, S. 8^–^15; Mahler, Horst (1978b): Staat muß sein. Brief aus dem Kerker II. In: Neues Forum, 293/294, S. 18^–^25; Mahler, Horst (1978c): Revolutionäre Manager. Brief aus dem Kerker III. In: Neues Forum, 295/296, S. 25^–^33. Zur Deutung von Mahlers Hegel-Lektüre als Konversionsereignis vgl. etwa: Seitenbecher, Manuel (2013): Mahler, Maschke & Co. – Rechtes Denken in der 68er-Bewegung? Paderborn: Ferdinand Schöningh, S. 332^ff. 13 Amlinger, Carolin/ Gess, Nicola/ Liese, Lea (2023): Renegaten. Zur Gegenwart politischer Ab- und Ausgrenzungen. In: Mittelweg, 36/1, S. 4^–^16, S. 10. 14 Sommerfeld, Caroline (2022): Solitäre, Kippfiguren, Masse. In: Sezession, 106, S. 14–17, hier S. 14. Die gesamte Ausgabe widmet sich dem Thema der ›Kippfigur‹. Auch der oben erwähnte einstige RAF-Terrorist und spätere Neonazi und Holocaustleugner Horst Mahler wird hier als »Querschläger« portraitiert, »der für die von ihm erkannte Wahrheit Zeugnis ablegt und dabei keine noch so schreckliche Konsequenz scheut«. Es falle »schwer«, so der Autor des Artikels weiter, »sich der Aura, die sich um solche Leute bildet, zu entziehen«. Ritter, Wiggo (2022): Querschläger: Horst Mahler. In: Sezession, 106, S. 32–35, S. 35. 15 Kubitschek, Götz (2018): Konstruktive Theorieschwäche. In: Sezession, 82, S. 8–11, S. 11. 16 Mohler, Armin (1974): Von rechts gesehen. Stuttgart: Seewald Verlag, S. 22. Vgl. anknüpfend: Kubitschek, Götz (2011): Die Strahlkraft der KR. In: Sezession, 44, S. 8–13. 17 Figuren der Grenzüberschreitung (im politischen ebenso wie kriminellen, religiösen, psychopharmazeutischen oder kunstbezogenen Sinn), darunter Avantgardisten, Soldaten, Drogenkonsumenten, Terroristen oder Selbstmörder, durchziehen sämtliche neurechte Programmatiken und werden als besonders willensstark, kämpferisch oder kompromisslos idealisiert. Vgl. grundlegend: Lichtmesz, Martin (2007): Fanal und Irrlicht. In: Sezession, 20, S. 18–23. 18 Initiator:innen der Gemeinsamen Erklärung 2018 (2018): Gemeinsame Erklärung, 15. März 2018. Website des Bündnisses Gemeinsame Erklärung 2018: https://www.erklaerung2018.de/. 31.05.2023. 19 Mittels der Metapher der »schweigenden Mehrheit«, wie sie die Medientheorie der ›Schweigespirale‹ von Elisabeth Noelle-Neumann geprägt hat, unterstellt die neurechte Medienkritik einen manipulativen Unterschied zwischen vermeintlich staatlich-gelenkter ›veröffentlichter‹ und ›öffentlicher‹ (aber verschwiegener) bürgerlicher Meinung. Vgl. Waldstein, Thor von (2017): Thesen zur öffentlichen Meinung. In: Sezession, 80, S. 26–30; Noelle-Neumann, Elisabeth (1980): Die Schweigespirale. Öffentliche Meinung, unsere soziale Haut. München: Piper. Noelle-Neumann, deren Karriere im NS-Staat ihren Anfang nimmt, tritt noch in den 1990er Jahren als Autorin der neurechten Zeitschrift Criticón in Erscheinung, die Kubitscheks Zeitschrift Sezession (seit 2003) zum Vorbild nimmt. 20 Kubitschek, Götz (2018): Erklärung 2018 – eine Welle der Bekenntnislust. Sezession.de, 23.03.2018: https://sezession.de/58354/erklaerung-2018-eine-welle-der-bekenntnislust?hilite=Tellkamp. 31. 05.2023. 21 Séville, Astrid (2023): Renegatentum als politische Pose im Rechtspopulismus. In: Mittelweg, 36/1, S. 79–99, S. 83. 22 Vgl. etwa: Sommerfeld, Caroline (2021): Versuch über den Riß. Schnellroda: Antaios. 23 Séville: Renegatentum als politische Pose im Rechtspopulismus, S. 83. 24 Pfahl-Traughber, Armin (1994): Brücken zwischen Rechtsextremismus und Konservatismus. Zur Erosion der Abgrenzung auf publizistischer Ebene in den achtziger und neunziger Jahren. In: Kowalsky, Wolfgang/ Schroeder, Wolfgang (Hgg.): Rechtsextremismus. Einführung und Forschungsbilanz. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 164–182. 25 Zur Konversionserzählung als ›Selbsterzählung des politischen Subjekts‹ vgl. Müller, Julian (2023): Der politische Konvertit als Fürsprecher seiner selbst. In: Mittelweg, 36/1, S. 17–27. 26 Vgl. hierzu auch: Seeßlen, Georg (2017): Renegaten, Verräter, Konvertiten, Überläufer oder Überzeugungstäter. getidan.de, 01.07.2017: http://www.getidan.de/gesellschaft/georg_seesslen/76722/renegaten-verraeter-konvertiten-ueberlaeufer-oder-ueberzeugungstaeter. 31.05.2023. 27 »So wünschten sich [laut der Umfrage ›Sachsen-Monitor‹, die jährlich von der Sächsischen Staatskanzlei in Auftrag gegeben wird,] 2016 39 Prozent und 2017 38 Prozent der Sachsen, dass Muslimen die Zuwanderung nach Deutschland untersagt wird, und zwei Drittel der Sachsen gingen davon aus, dass die in Deutschland lebenden Muslime ›unsere Werte nicht teilen‹.« Yendell, Alexander/ Pickel, Gert (2020): Sind Sachsen besonders anfällig für Rechtsextremismus? Politische Einstellungen in Sachsen im Ländervergleich. In: Backes, Uwe/ Kailitz, Steffen (Hgg.): Sachsen – Hochburg des Rechtsextremismus? Göttingen: V&R, S. 61–80, S. 74. 28 Vgl. frühzeitig vor allem: Patzelt, Werner/ Klose, Joachim (2016): PEGIDA – Warnsignale aus Dresden. Dresden: Thelem. Dass die Erkenntnisse des aufgrund seiner Nähe zur Pegida-Bewegung kritisierten Patzelt ignoriert und dieser ›ausgegrenzt‹ würde, behauptete Tellkamp später in der Sezession. Vgl. Tellkamp, Uwe (2018): Der Moralismus der Vielen. Ein Offener Brief von Uwe Tellkamp. In: Sezession, 87, S. 27–31, S. 28. 29 Im Rahmen der Dresdner-Diskussionsveranstaltung mit Durs Grünbein 2018 bestand Tellkamp vehement darauf, die sächsische Bevölkerung vom Verdacht rechtsextremistischer Einstellungen freizusprechen. »Sachsen«, so Tellkamp später auch in der Sezession, seien »nicht qua Erbanlage presse- und demokratiefeindlich« – vielmehr hätten »journalistische[] Fehlleistungen, die vor den [ostdeutschen] Protesten gegen Presse, Funk und Fernsehen lagen […][,] erst zu Wut und Aggressivität« gegen Journalist:innen geführt. Vgl. Tellkamp: Der Moralismus der Vielen, S. 28. Noch 2005 hatte der Autor den ostdeutschen Rechtsextremismus anders gedeutet. Auf die Frage, ob er sich die ›rechte Terrororganisation‹ seines in Ostdeutschland spielenden Romans Der Eisvogel »nur ausgedacht« habe, antwortete dieser damals: »Ich wünschte, das wäre so«. Weidermann, Volker (2005): Neues Deutschland. In: FAZ, 11.04.2005, S. 25. 30 Vgl. hierzu auch die Diskussion um Dirk Oschmanns Buch Der Osten – eine westdeutsche Erfindung (Ullstein 2023), in dem das Bild eines defizitären Ostens als westdeutsches Diskursprodukt interpretiert wird, aber die (bis in die DDR zurückreichenden) Ursachen der ostdeutschen Rechtsextremismusproblematik keine Diskussion erfahren. 31 Bernig, Jörg (2019): Revoltierende Resteverwerter verfallner Imperien. In: Sezession, 90, S. 48–53, S. 48. 32 Bernig: Revoltierende Resteverwerter verfallner Imperien, S. 53. 33 Seidel, Jörg (2019): Warum Sachsen? Warum der Osten? In: Sezession, 90, S. 14–18, S. 17. 34 Hier verwendet als »Sammelbezeichnung für alle politischen Auffassungen und Handlungen, die mit einer Höherwertung ethnischer Identität die Grundlagen moderner Demokratie und offener Gesellschaft ablehnen«, wobei die »Extremismusintensität« zwischen einer nur in Ansätzen vorhandenen Ablehnung »demokratischer Grundwerte« (etwa im Falle eines überwiegend metapolitisch-agierenden Extremismus der Neuen Rechten) bis hin zu anti-demokratischen »Gewalthandlungen« (etwa der Neonazi-Szene) reichen kann. Pfahl-Traughber, Armin (2019): Rechtsextremismus in Deutschland. Eine kritische Bestandsaufnahme. Wiesbaden: Springer VS, S. 24. 35 Vgl. etwa: Behrends, Jan/ Lindenberger, Thomas/ Poutrus, Patrice (2003): Fremde und Fremd-Sein in der DDR. Zur Einführung. In: dies. (Hgg.): Fremde und Fremd-Sein in der DDR. Zu historischen Ursachen der Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland. Berlin: Metropol, S. 9–21; Waibel, Harry (2014): Der gescheiterte Anti-Faschismus der SED. Rassismus in der DDR. Frankfurt a.M.: Peter Lang; Völtz, Nicole (2010): Vom Wirken der DDR auf die sächsische Gesellschaft. In: Hermann, Konstantin (Hg.): Sachsen seit der Friedlichen Revolution. Tradition, Wandel, Perspektiven. Dresden: Sax Verlag, S. 217–228. 36 Vgl. vor allem die Arbeiten von Wilhelm Heitmeyer zur sogenannten Deprivations- oder Desintegrationsthese: Heitmeyer, Wilhelm (Hg.) (2002–12): Deutsche Zustände, Folge 1–10. Frank- furt a.M.: Suhrkamp. 37 Vgl. etwa: Neubert, Falk (2013): Sächsische Demokratie. Ein Erklärungsversuch. In: Schmincke, Imke/ Siri, Jasmin (Hgg.): NSU-Terror. Ermittlungen am rechten Abgrund. Ereignis, Kontexte, Diskurse. Bielefeld: transcript, S. 79–90; Steffen, Tillmann (2015): Sachsen sieht das nicht so eng. Zeit.de, 02.09.2015: https://www.zeit.de/gesellschaft/2015-09/sachsen-rassismus-islam-asyl-heidenau-ursachen. 31.05.2023; Meisner, Matthias (2015): Die Pegida-Versteher der CDU. Tagesspiegel.de, 23.01.2015: https://www.tagesspiegel.de/politik/die-pegida-versteher-¬in-¬der-¬cdu-sachsen-36059 35.html. 31.05.2023. 38 Münkler, Herfried (2002): Antifaschismus als Gründungsmythos der DDR. Abgrenzungsinstrument nach Westen und Herrschaftsmittel nach innen. In: Agethen, Manfred/ Jesse, Eckard/ Neubert, Erhart (Hgg.): Der missbrauchte Antifaschismus. DDR-Staatsdoktrin und Lebenslüge der deutschen Linken. Freiburg: Herder, S. 79–99. 39 Vgl. Wagner, Bernd (2014): Rechtsradikalismus in der Spät-DDR. Zur militant-nazistischen Radikalisierung. Wirkungen und Reaktionen in der DDR-Gesellschaft. Berlin: Edition Widerschein. 40 »In vier Jahren ist die AfD von fünf Prozent auf über 20 gestiegen. Das hat nichts mit Neonazis zu tun. Sondern mit Unzufriedenheit. Fehlender Führung im Land«, so Biedenkopf im Interview 2017. Machowecz, Martin (2017): »Kurt, das wäre dir nicht passiert!«. Gespräch mit Kurt Biedenkopf. Zeit.de, 05.10.2017: https://www.zeit.de/2017/41/cdu-sachsen-kurt-biedenkopf-wahlergebnis/komplett- ansicht. 31.05.2023. 41 Vgl. Michelsen, Danny/ Przybilla-Voß, Marika/ Lühmann, Michael et al. (2017): Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland im regionalen Kontext. Ursachen – Hintergründe – regionale Kontextfaktoren. Abschlussbericht des Forschungsprojekts. Wiederveröffentlichte, überarbeitete Fassung: https://fragdenstaat.de/dokumente/141559-rechtsextremismus -und-fremdenfeindlichkeit-in-ostdeutschland-im-regionalen-kontext-ursachen-hintergrunde-regionale-kontextfaktoren/. 31.05.2023. Die Studie wurde nach ihrem Erscheinen wegen methodischer Mängel u.a. durch die Zeitung Welt scharf kritisiert, bevor sich auch ihre Auftraggeberin, die damalige Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke (SPD), von ihr distanzierte. Einige ihrer erst 2022 erneut veröffentlichten Ergebnisse entsprechen dennoch einer wissenschaftlichen Mehrheitsmeinung und werden hier deshalb zitiert. 42 Michelsen et al.: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland im regionalen Kontext, S. 193. 43 Michelsen et al.: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland im regionalen Kontext, S. 194. 44 Michelsen et al.: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland im regionalen Kontext, S. 87ff. und 151ff. 45 Michelsen et al.: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland im regionalen Kontext, S. 92. 46 Steinhaus, Maria/ Heim, Tino/ Weber, Anja (2017): »So geht sächsisch!«. Pegida und die Paradoxien der ›sächsischen Demokratie‹. In: Heim, Tino (Hgg.): Pegida als Spiegel und Projektionsfläche. Wechselwirkungen und Abgrenzungen zwischen Pegida, Politik, Medien, Zivilgesellschaft und Sozialwissenschaften. Wiesbaden: Springer VS, S. 143–196, S. 168. Die Autor:innen verweisen etwa auf Aussagen Tillichs aus dem Jahr 2015 demnach, der »Islam […] nicht zu Sachsen« gehöre, zugleich aber »Fremdenfeindlichkeit, Ausländerhass und Gewalt« abzulehnen seien, denn »Fremdenfeindlichkeit schadet unserem Image«. 47 Steinhaus et al.: »So geht sächsisch!«, S. 169–171. 48 CDU Sachsen (2005): Deutscher Patriotismus im vereinigten Europa. 12 Thesen zum Zusammenhalt unserer Gemeinschaft. Parteitagsbeschluss. https://www.cdu-sachsen.de/Dateien/deutscher-patriotismus-im-vereinigten-europa-zwoelf-thesen-zum-zusammenhalt-unserer-gemeinschaft/21803. 31.05.2023, S. 2. Zit. n. Steinhaus et al.: »So geht sächsisch!«, S. 174. 49 CDU Sachsen (2005): Deutscher Patriotismus im vereinigten Europa, S. 8. Zit. n. Steinhaus et al.: »So geht sächsisch!«, S. 174. 50 Steinhaus et al.: »So geht sächsisch!«, S. 176. 51 Vgl. Steinhaus et al.: »So geht sächsisch!«, S. 180. 52 Heitmeyer, Wilhelm/ Borstel, Dierk/ Grau, Andreas et al. (Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld) (2010): Rechtsextreme Strukturen, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und bürgerliches Engagement gegen Rechtsextremismus in der Landeshauptstadt Dresden. www.dresden.de/media/pdf/auslaender/studie_rechtsextremismus_ 110524.pdf. 31.05.2023, S. 73. 53 Heitmeyer et al.: Rechtsextreme Strukturen, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, S. 138. 54 Heitmeyer et al.: Rechtsextreme Strukturen, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, S. 87. 55 Heitmeyer et al.: Rechtsextreme Strukturen, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, S. 138. 56 Heitmeyer et al.: Rechtsextreme Strukturen, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, S. 102. 57 Tellkamp, Uwe (2010): Ein Turm namens Kohl. BILD.de, 03.04.2010: https://www.bild.de/politik/2010/19-dezember-1989-haelt-helmut-kohl-seine-schwierigste-rede-teil-2–12077134.bild.html. 31.05.2023. 58 Vgl. etwa: Machowecz, Martin (2009): Dichter dran. Zeit.de, 17.12.2009: https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3 A%2F%2Fwww.zeit.de%2F2009%2F52%2FS-Am-Start. 31.05.2023.; Hil¬de¬brandt, Tina/ Niejahr, Elisabeth (2013): »Was ist ein Held?«. Verteidigungsminister Thomas de Maizière und der Schriftsteller Uwe Tellkamp im Gespräch. In: Die Zeit, 04.07.2013, S. 8. 59 Vgl. Lieberknecht, Christine (2009): Ansprache. In: Rüther, Günther (Hg.): Verleihung des Literaturpreises der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. an Uwe Tellkamp. Weimar, 6. Dezember 2009. Dokumentation. Sankt Augustin/Berlin: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., S. 9–13. 60 Diese Lesart bleibt von der damaligen Kritik allerdings unberücksichtigt. Vollkommen übersehen wird außerdem, dass Mitglieder der Organisation ›Freikorps Havelland‹ im März des Erscheinungsjahres des Romans wegen rassistischer Brandanschläge zu Haftstrafen verurteilt worden waren und Mitglieder des Führungszirkels der Münchner ›Kameradschaft Süd‹ aufgrund der Planung eines antisemitischen Anschlags und staatsumstürzlerischer Aktionen im Mai desselben Jahres inhaftiert werden. Vgl. Bundesministerium des Innern (2006): Verfassungsschutzbericht 2005. Berlin, S. 56–57. Tellkamps Romanhandlung spielt tatsächlich in den Landkreisen Havelland und München. 61 Die NPD zog 2004 mit 9,2% und erneut 2009 mit 5,6% in den sächsischen Landtag ein. Bei den Landtagswahlen 2014 und 2019 scheiterte die Partei an der 5%-Hürde. 62 Tellkamp, Uwe (2012): Festrede des Schriftstellers Uwe Tellkamp. Dank an Sachsen. Nachdenken über Heimat. In: Sächsischer Landtag (Hg.): Festakt zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2012. Dresden: Sächsischer Landtag, S. 20–31, S. 20. 63 Tellkamp: Festrede des Schriftstellers Uwe Tellkamp, S. 20. 64 Tellkamp: Festrede des Schriftstellers Uwe Tellkamp, S. 31. 65 Vgl. Tellkamp: Festrede des Schriftstellers Uwe Tellkamp, S. 31. 66 Tellkamp: Festrede des Schriftstellers Uwe Tellkamp, S. 29. 67 Salier, Bastian (2017): Erwiderung von Uwe Tellkamp zum Kulturpreis [Transkript]. Website der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (A.F.u. a.M.v.D.): https://freimaurerei.de/erwiderung-von-uwe-tellkamp-zum-kulturpreis/. 31.05.2023. 68 Vor einer »DDR-light« warnte der neurechts-libertäre Publizist Rainer Zitelmann schon in seinem 1994 erschienenen Buch Wohin treibt unsere Republik? Frankfurt a.M.: Ullstein, S. 83ff. Ähnliche Vergleiche der BRD und der DDR finden sich später bei dem AfD-Politiker Björn Höcke: »Weder ihr erstarrter Habitus noch ihre floskelhafte Phraseologie unterscheidet Angela Merkel von Erich Honecker«, so dieser bei seiner nur wenige Monate vor Tellkamps Freimaurerpreis-Dankesrede gehaltenen Dresdner-Rede zur ›erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad‹. Höcke, Björn (2017): »Gemütszustand eines total besiegten Volkes«. Höcke-Rede im Wortlaut. Tagesspiegel.de, 19.01.2017: https://www.tagesspiegel.de/politik/hoecke-rede-im-wortlaut-gemuetszustand-eines-total-besiegten-volkes/19273518-all.html. 31.05.2023. 69 Machowecz, Martin/ Schirmer, Stefan (2012): »Es wird wieder marodierende Banden geben«. Ein Gespräch mit Uwe Tellkamp. Zeit.de, 20.09.2012: https://www.zeit.de/2012/39/Uwe-Tellkamp-Der-Turm-Fernsehverfilmung. 31.05.2023. 70 Machowecz/ Schirmer: »Es wird wieder marodierende Banden geben«. 71 »Erst das Zusammenkommen von EU- und Eurokritischen Positionen mit nationalistischen und wohlstandchauvinistischen Positionierungen sowie mit kulturalisierenden und diskriminierenden Zuschreibungen – also der ›Kulturalisierung‹ sozio-ökonomischer Problemlagen – bietet eine Grundlage zum Rückschluss auf rechtspopulistische Orientierung«. Vgl. Häusler, Alexander (2013): Die Alternative für Deutschland – eine neue rechtspopulistische Partei? Düsseldorf: Heinrich Böll Stiftung Nordrhein-Westfalen, S. 91. 72 Tellkamp: Festrede des Schriftstellers Uwe Tellkamp, S. 29. 73 Tellkamp: Festrede des Schriftstellers Uwe Tellkamp, S. 29–30. 74 Vgl. Tellkamp, Uwe (2022): Der Schlaf in den Uhren. Archipelagus I. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 102. 75 Balke, Florian (2014): Auf der Suche nach der verlorenen Gegenwart. In: FAZ, 24.05.2014, S. 10. 76 Hier verstanden als gegen die vermeintlichen ›diktatorischen‹, deutschen Gegenwartsverhältnisse gerichtete, performative Widerstandsgeste des Autors, die sich zwischen 2012 und 2016 als »ein[] Gefühl des Fremd-seins im eigenen Land« darbietet, das zunächst zum Rückzug aus der kritisierten Gesellschaft und Öffentlichkeit führt. Krenzlin, Leonore (2016): Emigranten im eigenen Land? Zum Umgang mit dem Ausdruck ›Innere Emigration‹. In: Golaszewski, Marcin/ Kardach, Magdalena/ Krenzlin, Leonore (Hgg.): Zwischen Innerer Emigration und Exil. Deutschsprachige Schriftsteller 1933–1945. Berlin/ Boston: de Gruyter, S. 11–27, S. 22. 77 »Bei einem Frühstück erfahre ich, dass die beste Buchhändlerin Dresdens mit Pegida sympathisiert. Sie ist noch nie marschiert, aber sie hält die Bewegung für einen Ausdruck der nicht bewältigten Ost-West-Konflikte«. Osang, Alexander (2016): Herr Preuß schreibt Geschichte. In: Der Spiegel, 13.05.2016, S. 68–72, S. 70. 78 »Ich habe – das sage ich auch ganz offen – mit Erst- und Zweistimme AfD gewählt. Per Briefwahl. Das nur, weil ich den Wahlsonntag als Wahlhelfer vor Ort begleite. Ich will eine Opposition im Bundestag. Ich will den Stachel im Fleisch. Das will ich. Die AfD soll in der Opposition agieren. Als eine Regierungspartei sehe ich sie derzeit nicht«. Neumann, Gunter/ Kelch, Johanna (2017): Chronik einer Denunziation. mdr Sachsen Wahlzone.de, kein Datum: https://archive.ph/9MLpr. 31.05.2023. Seit 2019 sitzt Dagen für die Freien Wähler im Dresdner Stadtrat und im Stadtbezirksbeirat von Dresden-Loschwitz. 79 Wolf, Tobias (2018): Zwei Dresdner für AfD-nahe Stiftung tätig. Sächsische Zeitung.de, 22.03.2018: https://www.saechsische.de/plus/zwei-dresdner-fuer-afd-nahe-stiftung-taetig-3902958.html. 31.05.2023. 80 Als »beste unabhängige Sortimentsbuchhandlung Deutschlands« soll Dagens BuchHaus 2009 ausgezeichnet worden sein, wobei unklar bleibt durch wen. Mit dem Deutschen Buchhandlungspreis, der durch das Staatsministerium für Kultur und Medien vergeben wird, wurde die Buchhandlung 2015 und 2016 geehrt. Vgl. Guggenheimer, Michael (2009): Kleine Fläche, große Wirkung. NZZ.de, 25.04.2009: https://www.nzz.ch/kleine_flaeche_grosse_wirkung-ld.561774. 31.05.2023. 81 Als »literarische Buchhandlung ›am Rande der Stadt‹« wird das BuchHaus etwa auf der eigenen Facebook-Seite beworben. Vgl. BuchHaus Loschwitz: Steckbrief. Facebook-Seite des BuchHaus Loschwitz: https://www.facebook.com/buchhaus?locale=de_DE. 31.05.2023. 82 »Die Bücher, die sie [Dagen] ab 1989 las, haben ihr neue Perspektiven eröffnet, sagt sie. Wolfgang Leonhards ›Die Revolution entlässt ihre Kinder‹ zum Beispiel. ›Wir wurden früher nur belogen!‹ Zur Schule sind beide nicht gern gegangen. Sie waren sich deshalb einig, dass eine staatliche Schule für ihre Kinder nicht infrage kommt. Die Töchter gehen zur Waldorfschule. Ihre Kinder sollen lernen, ›den Mund aufzumachen‹, Teil der Gesellschaft zu sein und nicht permanent um sich selbst zu kreisen«. Schlottmann, Karin (2010): Abschied vom Klischee. Gespräch mit Susanne Dagen und Michael Bormann. Sächsische Zeitung.de, 04.10.2010: https://www.saechsische.de/plus/abschied-vom-klischee-107751.html. 31.05.2023. 83 Aisslinger, Moritz (2019): »Man hat mich politisch gemacht«. In: Die Zeit, 28.08.2019, S. 11–13, S. 11. 84 Vgl. Thiess, Frank (1963 [1945]): Die innere Emigration. In: Grosser, J.F.G. (Hg.): Die große Kontroverse. Ein Briefwechsel um Deutschland. Hamburg/Genf/Paris: Nagel Verlag, S. 22–26, S. 24. Thiess stellte damals die Schriftsteller:innen der sogenannten ›Inneren Emigration‹ verschiedenen exilierten Schriftsteller:innen (wie Thomas Mann) wertend gegenüber und erhob das passive Verbleiben von Autor:innen im NS-Staat zu einer patriotischen Haltung ›auf verlorenem Posten‹. Tellkamp wiederum hat die Denkfigur des »verlorene[n] Posten[s]« seit 2008 wiederholt in Interviews für sich beansprucht. Vgl. etwa: Tellkamp, Uwe (2008): Fragebogen. Focus.de, 09.09.2015: https://www.focus.de/kultur/leben/13fragen/uwe-tellkamp-fragebogen¬_id¬_2174197.¬html. 31.05.2023. 85 Schon 2008 positioniert sich Tellkamp als ehemaliger Deserteur der Nationalen Volksarmee der DDR. Vgl. Bartels, Gerrit (2008): »Vielleicht bin ich giftiger Lurch«. Tagesspiegel.de, 13.10.2008: https://www.tagesspiegel.de/kultur/literatur/uwe-tellkamp-vielleicht-bin-ich-ein-giftiger-lurch-6834907.html. 31.05.2023. Zu seiner ökonomischen Kritik am DDR-Staat vgl. etwa: Jachertz, Nobert/ Klinhammer, Gisela (2009): »Das ganze Thema ist immer noch radioaktiv«. Interview mit Uwe Tellkamp, Arzt und Schriftsteller. In: Deutsches Ärzteblatt, 106/10, S. 453–455. 86 Bormann, Michael (1996): Über die langsame Zerstörung einer Lebensform. In: Der Elbhang Kurier, Juli-Ausgabe, S. 4. 87 »In der Schule hat er [Bormann] sich oft mit seinem Lehrer gestritten, einem Linken. ›Der sah die DDR als Vorstufe zum Paradies.‹ Seinen Vorschlag, einmal über die Bücher von Alexander Solschenizyn zu reden, habe der Lehrer ignoriert«. Schlottmann: Abschied vom Klischee. Gespräch mit Susanne Dagen und Michael Bormann. 88 Pföhringer, Daniell (2018): »Es ist notwendig, seine Stimme zu erheben«. Susanne Dagen im Gespräch. In: Compact, 2, S. 18–20, S. 20. 89 Vgl. KulturHaus Loschwitz (2010): Veranstaltungsprogramm des 10. November 2010, S. 14. https://www.yumpu.com/user/kulturhaus.loschwitz.de. 31.05.2023. 90 So etwa im Rahmen der damaligen Veranstaltungsreihe »Heimat. Annäherung an ein deutsches Thema«, an der Ulrich Schacht, Frank Böckelmann, die damalige Achse des Guten-Journalistin Sophie Dannenberg (Pseudonym), aber auch der Lyriker Durs Grünbein oder die Autorin Jenny Erpenbeck teilnehmen und die von Dagen moderiert wird. 91 Schacht wurde 1973 wegen »staatsfeindlicher Hetze« in der DDR zu sieben Jahren Haft verurteilt, 1976 aber durch die BRD freigekauft. 2018 ist Ulrich Schacht verstorben. Dem Begriff des »Heimatverlusts« bei Schacht näherte sich bereits 2009 der heute neurechts-positionierte Autor Jörg Bernig an. Vgl. Bernig, Jörg (2009): Heimatverlust. Zu Ulrich Schachts literarischem Werk. In: Schmitz, Walter/ Bernig, Jörg (Hg.): Deutsch-deutsches Literaturexil. Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus der DDR in der Bundesrepublik. Dresden: Thelem, S. 282–309. 92 Vgl. Mosebach, Martin (2007): Häresie der Formlosigkeit. Die römische Liturgie und ihr Feind. München: Hanser. 93 Vgl. Böckelmann, Frank (2007): Die Welt als Ort. Erkundungen im entgrenzten Dasein. Wien: Karolinger Verlag. 94 KulturHaus Loschwitz: EXIL. Website des BuchHaus Loschwitz: https://kulturhaus-loschwitz.de/edition-buchhaus/edition-buchhaus-loschwitz/. 31.05.2023. 95 Hinz, Thorsten (2023): Exil im BuchHaus Loschwitz. CATO.de, 06.02.2023: https://cato-magazin.de/exil-im-buchhaus-loschwitz/. 31.05.2023. 96 Vgl. zu dieser Immunisierungsstrategie der Neuen Rechten auch: Ullrich, Wolfang (2019): Auf dunkler Scholle. In: Die Zeit, 16.05.2019, S. 42; ders.: Feindbild werden. Ein Bericht. Berlin: Verlag Klaus Wagenbach. 97 Bernig, Jörg (2020): In der weißen Stadt. In: ders.: An der Allerweltsecke. Essays. Dresden: edition buchhaus loschwitz, S. 9–49, S. 15. 98 Bernig: In der weißen Stadt, S. 9; vgl. Goethe, Johann Wolfgang von (1783/1888): Ilmenau am 3. September 1783. In: ders.: Goethes Werke. Weimarer Ausgabe [WA]. Abt. I/Bd. 2. Hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. Weimar: Böhlau Verlag, S. 141–147. 99 Vgl. Jeßing, Benedikt (2017): Bergbau und Fürstenlob: Goethes Gedicht »Ilmenau am 3. September 1783«. In: Der Anschnitt, 69/5–6, S. 249–261, S. 259. 100 Bernig: In der weißen Stadt, S. 27. 101 Bernig: In der weißen Stadt, S. 23. 102 Bernig: In der weißen Stadt, S. 12. 103 Vgl. Bernig: In der weißen Stadt, S. 12, 21 und 33. 104 »Wer kann der Raupe, die am Zweige kriecht,/ Von ihrem künft’gen Futter sprechen? / Und wer der Puppe, die am Boden liegt, / Die zarte Schale helfen durchzubrechen? / Es kommt die Zeit, sie drängt sich selber los / Und eilt auf Fittigen der Rose in den Schoos. /Gewiß, ihm geben auch die Jahre / Die rechte Richtung seiner Kraft. / Noch ist bei tiefer Neigung für das Wahre, / Ihm Irrthum eine Leidenschaft«. Goethe, Johann Wolfgang von (1783/1888): Ilmenau am 3. September 1783, V. 130–139. Vgl. Jeßing, Benedikt (2017): Bergbau und Fürstenlob: Goethes Gedicht »Ilmenau am 3. September 1783«, S. 258. 105 Bernig: In der weißen Stadt, S. 36. 106 Unter dem Begriff des ›Ethnopluralismus‹ wird die neurechte, biologistische Vorstellung einer politisch notwendigen Völkervielfalt gefasst. Argumentiert wird von neurechter Seite, dass jedes Volk über unveränderliche und individuelle ethnische Merkmale verfüge und Kulturen dann am stärksten seien, wenn sie sich von äußeren kulturellen Einflüssen vollständig abschotten. Vgl. hierzu: Zorn, Daniel-Pascal (2018): Ethnopluralismus als strategische Option. In: Schellhöh, Jeniffer/ Reichertz, Jo/ Heins, Volker M. et al. (Hgg.): Großerzählungen des Extremen. Neue Rechte, Populismus, Islamismus, War on Terror. Bielefeld: transcript, S. 21–33. 107 Vgl. Bernig: In der weißen Stadt, S. 35. Ähnlich heißt es bei Strauß: »Daß jemand in Tadschikistan es als politischen Auftrag begreift, seine Sprache zu erhalten, wie wir unsere Gewässer, das verstehen wir nicht mehr. Daß ein Volk sein Sittengesetz gegen andere behaupten will und dafür bereit ist, Blutopfer zu bringen, das verstehen wir nicht mehr und halten es in unserer liberal-libertären Selbstbezogenheit für falsch und verwerflich«. Strauß, Botho (1993): Anschwellender Bocksgesang. In: ders.: Der Aufstand gegen die sekundäre Welt. Bemerkungen zu einer Ästhetik der Anwesenheit. München: Carl Hanser, S. 55–76, S. 58. 108 Bernig: In der weißen Stadt, S. 27 und 36. 109 Bernig: In der weißen Stadt, S. 21: »Es wird Gerechtigkeit gefordert, Gerechtigkeit für Serbien«. Vgl. Handke, Peter (1996): Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien. Frankfurt a.M.: Suhrkamp. 110 Vgl. Matussek, Matthias (2021): Pistolenknall und Harfenklang. Warum uns Heinrich Heine heute noch angeht. In: ders.: Aussenseiter. Von Rebellen, Heiligen und Künstlern auf der Kippe. Dresden: edition buchhaus loschwitz, S. 16–37. 111 Matussek, Matthias (2021): Es lebe der Außenseiter! Vorwort mit großzügiger Unterstützung durch Botho Strauß. In: ders.: Aussenseiter. Von Rebellen, Heiligen und Künstlern auf der Kippe. Dresden: edition buchhaus loschwitz, S. 9–15, S. 14. 112 Tellkamp, Uwe (2020): Das Atelier. Dresden: edition buchhaus loschwitz, S. 16. 113 Tellkamp: Das Atelier, Klappentext. 114 Vgl. Ullrich: Auf dunkler Scholle, S. 42. 115 Tellkamp: Das Atelier, S. 9. 116 Tellkamp: Das Atelier, S. 33. 117 Witte, Bernd (1978): Autobiographie als Poetik. Zur Kunstgestalt von Goethes Dichtung und Wahrheit. In: Neue Rundschau, 89/3, S. 384–400, S. 397. 118 Tellkamp: Das Atelier, Klappentext. 119 Tellkamp: Das Atelier, S. 56. 120 Tellkamp: Das Atelier, S. 85. 121 Vgl. hierzu: Busch, Nicolai (2024): Das ›politisch Rechte‹ der Gegenwartsliteratur (1989–2022). Mit Studien zu Christian Kracht, Simon Strauß und Uwe Tellkamp. Berlin: de Gruyter. 122 Kubitschek, Götz (2014): Der romantische Dünger. In: Sezession, 59, S. 33–35, S. 35. 123 Kubitschek: Der romantische Dünger, S. 35.