Lea Liese: »I hadn’t voted for anyone.« Zur Geste politischer Neutralität als ästhetischer Widerstand bei Bret Easton Ellis

Abstract: Using Bret Easton Ellis’ nonfictional book White as an example, this article examines how criticism of liberalism is made plausible by the thesis of a culture war in the polarized U.S. society since the election of Donald Trump. In the U.S., identity politics are blamed for this increasing polarization. Thus, Ellis justifies his departure from liberalism with its supposed transformation into left-wing reactionism that places political correctness above freedom of speech and art. In turn, he stages himself as a neutral observer of political events and justifies his supposed objectivity as a condition for political and aesthetic freedom: he wants to be able to empathize with all points of view and regard them as equal. But in this way, he adopts – whether intentionally or not – narratives that the Alt-Right uses strategically to justify right-wing narratives of conversion and to combat progressive liberalism.

Keywords: Identity politics, Culture war, Aesthetics, Liberalism, Conservatism, Bret Easton Ellis

Als Recep Tayyip Erdoğan im Mai 2023 erneut in seinem Amt als Präsident der Republik Türkei bestätigt wurde, führte dies zu Erklärungsversuchen, die Identitäts- und Zugehörigkeitsfragen anstelle z.B. ökonomischer Faktoren als entscheidend herausstellten.1 Erdoğan habe seinen muslimischen, sunnitischen und konservativen Wähler*innen ein kategorisches Identitätsangebot gemacht, das mit essentialistischen Wert- und Weltvorstellungen verbunden sei, so Michael Thumann: »Eine Welt, in der Mann und Frau, Herrscher und Volk, stark und schwach, oben und unten klar geregelt sind.«2 Auffällig ist, dass dieses konservative Bedürfnis nach nationaler, ethnischer, sexueller oder religiöser Eindeutigkeit nicht nur in zunehmend autokratisch regierten Ländern, sondern auch in – ihrem Selbstverständnis nach – liberalen Demokratien wie Deutschland oder den USA als Erklärung dafür herangezogen wird, warum Bürger*innen aus der Arbeiterschaft oder der unteren Mittelschicht rechten Parteien ihre Stimme geben, obwohl deren Programme keine soziale Verbesserung ihrer Lebensbedingungen vorsehen.3 Die Popularität von offen anti-liberalen Positionen wird von konservativer Seite aus wiederum mit einer vermeintlichen Fixierung auf Identitätsfragen der Linksliberalen begründet, die das Volk ›spalte‹ und zu Polarisierungen führe und letztendlich die ›radikalen Ränder‹ stärke.4 Die These von einem ›Kulturkampf‹ zwischen Linken und Rechten, Liberalen und Konservativen, die derzeit v.a. im Feuilleton Hochkonjunktur hat, scheint ein Trend zu sein, einerseits von empirischen Herausforderungen moderner Gesellschaften wie sozialer Ungleichheit, Migration oder dem Klimawandel abzulenken, andererseits deren Komplexität zu simplifizieren und dabei länderspezifische Differenzen zu nivellieren.5 Dabei ist zum einen zu beobachten, dass sich das Kulturkampf-Narrativ auch und insbesondere am Ästhetischen entzündet, ob es nun um die Verwendung gendergerechter Sprache geht, die angeblich die ›Schönheit der Sprache‹ beeinträchtige6, um die Sorge vor einer Zensur von (kritischer) Kunst zugunsten der politischen Korrektheit7 oder um den Vorwurf, dass heute identitätspolitische Themen Vorrang vor literarischer Qualität hätten8. Und zum anderen ist zu beobachten, dass die gegenwärtige Verteidigung der Kunstfreiheit auch und insbesondere im rechten Spektrum erfolgt, wie u.a. Wolfgang Ullrich analysiert hat.9 Vor diesem Hintergrund möchte der folgende Beitrag am Beispiel des populären US-amerikanischen Gegenwartsautors Bret Easton Ellis untersuchen, wie die Kulturkampf-These mit der politischen Erzählung einer Abwendung von (links-)‌liberalen Positionen10 plausibilisiert wird und welche ästhetischen Motive die Rechtsdrift legitimieren sollen. Gerade in den USA, wo das Zweiparteiensystem eine politische und gesellschaftliche Polarisierung befördert,11 werden Identitätsdebatten in Verbindung mit einer angeblichen Gefährdung der Meinungsfreiheit mit besonderer Vehemenz geführt, wie die Soziologin Arlie Russell Hochschild bereits 2016 in ihrer Studie über die amerikanischen Rechten dargelegt hat. Und spätestens seit der Präsidentschaft Donald Trumps scheinen sich Konservative und Liberale antagonistisch gegenüberzustehen. In diesem Zeichen steht auch Ellis’ 2019 veröffentlichter Essayband White, in dem er autobiographische Anekdoten von den 1970er Jahren bis heute mit dem so beobachteten kulturellen Niedergang der USA verknüpft. Ausgehend von den eigenen Erfahrungen als selbst ernannter Vertreter der Generation X12 und Rezipient amerikanischer Populärkultur zeichnet er ein kulturpessimistisches Bild im Hinblick auf die Millennials, deren rigorose politische Korrektheit die Fähigkeit zur ästhetischen Erfahrung beeinträchtige. Der Generationen-Diskurs soll dabei ein allgemeines politisches Problem veranschaulichen, nämlich das eines in Bezug auf die Meinungs- und Kunstfreiheit unmündig und unfrei gewordenen Liberalismus, der Konversionsbewegungen befördere.

Der folgende Beitrag beansprucht nicht, die Diagnose einer polarisierten US-Gesellschaft unter speziell identitätspolitischen Vorzeichen empirisch zu überprüfen. Ebenso wenig sollen die essayistischen und anekdotischen Einlassungen von Ellis als allgemeingültig für eine rechte Liberalismuskritik im US-Kontext betrachtet werden. Als Autor aber, der sowohl durch sein Romanwerk als auch in den letzten Jahren durch seine politischen Kommentare, v.a. auf Twitter, extrem polarisiert hat; dem die Fähigkeit attestiert wird, »with razor-sharp precision« die Gesellschaft zu beobachten und zu beschreiben (»one of the world’s most fearless and clear-sighted observers of society«); und dessen erstes nonfiktionales Buch White dezidiert als Manifest für die Meinungsfreiheit geframt wurde (»His forthright views are powered by a fervent belief in artistic freedom and freedom of speech«),13 gibt er Aufschluss über das ästhetische und politische Freiheitsverständnis jener, die sich als ›former liberal‹ (ehemals liberal) bezeichnen. Ellis’ Liberalismuskritik, so möchte ich im Folgenden herausstellen, wird im Register des Ästhetischen ausgetragen: Moralische Ambiguität und – vermeintlich – politische Neutralität begreift der Autor nämlich nicht nur als Voraussetzung für ästhetische Freiheit, die keine Rücksicht auf Identitätspolitiken nimmt, sondern als Widerstand gegen den so beobachteten Wandel der Liberalen in eine ›autoritäre Bewegung mit moralischem Überlegenheitsgestus‹ (»authoritarian moral superiority movement«,W, 142)14. So wird die Geste des teilnahmslosen Beobachters, der sich als Einziger inmitten des angeblich tobenden, affektiv und moralisch aufgeladenen Kulturkampfes seine Standhaftigkeit bewahrt, zum politischen und ästhetischen Distinktionsmittel.

1. Zum Zusammenhang von ›Kulturkampf‹ und Identitätspolitik in den USA

Arlie Russell Hochschild hat sich in ihren Feldforschungen kritisch mit der These des eingangs erwähnten Wahlparadoxons in Bezug auf die US-amerikanischen Rechten auseinandergesetzt. Vor dem Hintergrund, dass viele Konservative generell die Natur und konkret die jeweilige lokale Umwelt als schützenswertes Gut betonten, stellt sie z.B. die Frage, wie es sein kann, dass sich ein US-Landwirt einerseits als Opfer mangelnder gesetzlicher Regulierungen von umweltschädlichen Großkonzernen betrachtet, andererseits Anhänger der rechtskonservativen Tea Party ist und also die ­Abschaffung sämtlicher staatlicher Regulierungen, einschließlich Umweltschutzausgaben, fordert.15 Dabei beobachtet Hochschild, dass bei vielen Rechten nostalgische Gefühle (z.B. in Bezug auf eine einst »herrliche Umwelt«) das politische Urteilsvermögen verzerrten.16 Wahlentscheidend seien vielmehr die so bezeichneten »Tiefengeschichten« als »gefühlte Sicht der Dinge, die Emotionen in Symbolsprache erzählen«17 und Tatsachen ausblendeten (z.B. dass Einwohner*innen in den mehrheitlich demokratisch wählenden und ›regulierungsfreundlicheren‹ Bundesstaaten in einer saubereren Umwelt lebten als Einwohner*innen in republikanisch regierten).18 Diese Tiefengeschichten umfassen aber nicht nur positive nostalgische Erinnerungen, sondern können auch negative Abwehrhaltungen gegen Personen oder Instanzen provozieren, die – gefühlt – schuld an dem Verlust der einst ›heilen Welt‹ sind. Verantwortung trägt dann aus rechtskonservativer Perspektive der Staat, der zu viele Steuergelder für ›unnötige‹ Regulierungen ausgebe, die Bürger*innen bevormunde und ihnen zudem »Ehre und Anerkennung« ihrer Lebensleistungen abspreche,19 indem er auf der Seite derjenigen stehe, die sich unberechtigterweise ›vordrängelten‹.20 Hochschild beschreibt diese Erfahrung aus den Augen der Rechten, die sie bei ihren Reisen durch die Südstaaten kennengelernt hat, mit dem Bild einer langen Schlange, in der man ansteht:

Du wartest geduldig in einer langen Schlange, die wie bei einer Wallfahrt auf einen Berg führt. […] Gleich hinter der Bergkuppe befindet sich der amerikanische Traum, das Ziel aller, die in der Schlange warten. Im hinteren Teil dieser Schlange sind viele People of Colour – arme, junge und alte, die meisten ohne College-Abschluss. […]. Guck! Du siehst, wie Leute sich vordrängen! […] Wer sind die? Einige sind schwarz. Durch die vom Staat durchgedrückten Antidiskriminierungsmaßnahmen bekommen sie bevorzugt Plätze an Colleges und Universitäten, Ausbildungsplätze, Jobs, Sozialleistungen und kostenloses Mittagessen […]. Frauen, Einwanderer, Flüchtlinge, Angestellte im öffentlichen Dienst – wo soll das enden? Dein Geld rinnt durch ein Sieb liberaler Sympathien, auf das du keinen Einfluss hast und mit dem du nicht einverstanden bist. […] Das ist nicht fair.21

Diese Tiefengeschichte empfinden viele Rechte als wahr. Hinzu kommt aber, dass sie nicht nur wütend über die gefühlte Deklassierung sind, sondern auch darüber, dass insbesondere Liberale diese Tiefengeschichte als unwahr bezeichnen und ihren Gefühlen somit die Legitimität absprechen würden, so analysiert Hochschild:

Die Menschen am äußeren rechten Rand hatten das Gefühl, die Tiefengeschichte gebe ihre tatsächliche Situation wider, die jedoch durch eine politisch korrekte Darstellung vertuscht werde. Sie waren empört. »Die Leute denken, wir seien keine guten Menschen, wenn wir kein Mitleid mit Schwarzen, Einwanderern und syrischen Flüchtlingen haben«, sagte mir ein Mann. »Aber ich bin ein guter Mensch, und ich habe kein Mitleid mit ihnen.«22

Nicht nur Gefühle können also wahlentscheidend werden, sondern auch die Abneigung gegen angebliche »Gefühlsregeln«, so Hochschild:

Die Rechte möchte sich von liberalen Vorstellungen, was sie empfinden sollte, befreien: Freude über frisch verheiratete Homosexuelle, Betroffenheit über die Not syrischer Flüchtlinge, keinen Ärger über zu zahlende Steuern. […] Solche Regeln stellen den emotionalen Kern rechter Überzeugungen infrage. Und eben an diesen Kern kann ein hemmungsloser Kandidat wie der Unternehmer und Milliardär Donald Trump, der Präsidentschaftskandidat der Republikaner 2016, appellieren und beim Blick auf die Menge seiner Anhänger sagen: »Schaut euch all diese Leidenschaft an.«23

Ein Liberalismus, der z.B. offen für Migration ist, geht somit in den Augen der Rechten mit einem Anti-Liberalismus in Form von politisch korrekten Gefühlsregeln einher. Das Gefühl, sich seines Platzes in der Gesellschaft nicht mehr sicher sein zu können,24 lässt sich dabei aber nicht regulieren und erfordert immer weitere Tiefengeschichten, wobei »Identitätspolitik« zum einen als Negativfolie und Feindbild, zum anderen als positives Mittel der Selbstbehauptung eine Rolle spielt.

Die Bezeichnung der identity politics geht ursprünglich auf ein Kollektiv schwarzer lesbischer Feministinnen Ende der 1970er Jahre in den USA zurück, die in ihrem programmatischen Statement postulierten:

We realize that the only people who care enough about us to work consistently for our liberation are us. Our politics evolve from a healthy love for ourselves, our sisters and our community […]. This focusing upon our own oppression is embodied in the concept of identity politics.25

Silke van Dyk hat zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Programmatik weder einer egoistischen noch einer separatistischen Haltung entsprochen habe, sondern schlicht der Erkenntnis, dass die Anliegen mehrfachdiskriminierter Personen weder in der von Männern dominierten Bürgerrechtsbewegung noch im weißen Feminismus ihren Platz gefunden hätten – geschweige denn in der Mehrheitsgesellschaft.26 Identitätspolitik als der Akt, ›Ich‹ zu sagen und dieses Ich zu einer kollektiven politischen Größe zu erheben, war also nicht weniger als eine Überlebensstrategie. Ungeachtet dessen behaupten Kritiker*innen heute, identitätspolitische Debatten, etwa um queeren Aktivismus, Black Lives Matter oder auch Gender Mainstreaming, rückten mehr und mehr partikulare Gruppen in den Mittelpunkt, die sich nicht über gemeinsame Werte definierten, sondern über Kategorien wie race, class und gender Distinktion betrieben.27 Dabei wird der Begriff sehr unspezifisch und losgelöst von seiner ursprünglich intendierten Bedeutung gebraucht und ist, ähnlich wie ›Cancel Culture‹ oder ›Wokeness‹, zu einem politischen Schlagwort der Rechten und im öffentlichen Diskurs zur Projektionsfläche vielfältiger sozialer und kultureller Konflikte regrediert.

In meinem Beitrag behandle ich den Begriff im Zuge der referierten mehrheitlich kritisch-ablehnenden Positionen weitgehend in diesem Sinne als Diskursphänomen mit Erregungspotenzial und nicht in seiner eigentlichen Bedeutung als politische Strategie der Ermächtigung. Denn insbesondere seit der Trump-Wahl geriet das Phänomen zunehmend in den Fokus medialer und politischer Debatten in den USA,28 was Armin Nassehi mit dem Kulturkampf-Narrativ zwischen Linken und Rechten, Liberalen und Konservativen in Zusammenhang bringt. So entwachse aus dem Gefühl, übergangen zu werden – das Hochschild sehr eindrücklich mit dem Bild der langen Schlange illustriert hatte – ein immer stärkeres Bedürfnis zu sagen, ›wer man ist‹:

Die Leute haben immer stärker das Bedürfnis zu sagen, wer sie sind. […] Es ist ein Kulturkampf zwischen denen, die sagen, wer sie sind – und die genau darauf beharren. Auf der alten Seite der Konservativen ist das kaum überraschend: Hier wird die nationale, die ethnische, die konfessionelle, die heterosexuelle, die regionale, die angeblich ›normale‹ Identität wieder entdeckt und damit sagbar – nicht weil sie vorher nicht existiert hätte, sondern weil sie jetzt beschworen werden muss.29

Weil gesellschaftlicher Wandel nicht mehr für alle nachvollziehbar sachlich abgebildet werden könne, werde Identitätspolitik zum Mittel der Kontingenzreduktion, indem sie die Welt scheinbar (wieder) in Ordnung bringen und sie sagbar machen würde, so Nassehi.30 Die gruppenbezogene Beschreibung der Welt führe aber irgendwann beinahe zwangsläufig zu einer Moralisierung der Differenz – in dem Sinne, dass einer bestimmten Gruppe in der Selbstbeschreibung ein höheres Maß an Moral bzw. ethischem Reflexionsvermögen attestiert werde als einer anderen.31 Moral funktioniert dann gleichermaßen als Distinktions- und als Inklusionsmittel, weil es größeren oder kleineren moralisch integrierten Gruppen gelinge, »die eigene Perspektive so sehr zu verabsolutieren, dass ein gemeinsamer Raum ethischer Reflexion geradezu ausgeschlossen scheint«32. Nach Nassehi ließen sich somit auch die Übermoralisierungen gesellschaftlicher Debatten verstehen, insbesondere die von Hochschild rekonstruierte Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft, die auf Formen der Identitätspolitik von allen Seiten des politischen Spektrums beruhten, z.B. »Generalverdacht bei sprachlichen Abweichungen«, »die ungeheure Empörungsbereitschaft und der strategische Einsatz des Beleidigtseins« sowie »die Steigerungsformen kommunikativer Anschlussdynamik in sozialen Netzwerken«.33 Für Nassehi scheinen diese »Übermoralisierungen« sowie die beobachteten diskursiven Strategien »ungeheure‍[r] Empörungsbereitschaft« aber hauptsächlich von links auszugehen, und zwar von einem ›Linkselitismus‹. So beschreibt er Identitätspolitik von rechts als »Gegenreaktion gegen die neuen Identitäten, die zwar im Hauptseminar gelernt haben, dass man nicht zu sehr identifizieren soll und dass Bedeutungen ebenso kontingent wie arbiträr und fluide sind«, die aber im Modus des Kulturkampfs nun doch auf »deutliche Formen der Identifizierung« beharrten.34 In der Folge kämpften beide Seiten im Modus des Kulturkonflikts um »starke Identitäten«, weil ihnen allein dies bei der gesellschaftlichen Selbstverortung in der US-amerikanischen Demokratie helfe.35 Bei der Trump-Wahl sei der Kulturkampf dann wahlentscheidend gewesen.36 So lässt sich wiederum mit Hochschild gegen die These des Wahlparadoxons argumentieren: Die Menschen sind demnach bei ihren Wahlentscheidungen nicht »irregeleitet«, sondern wählen durchaus in ihrem Eigeninteresse, allerdings gestützt auf kulturelle Werte.37 Francis Fukuyama veranschaulicht: Die Gegner*innen liberaler Gesetzesentscheidungen wie beispielsweise der Homosexuellen-Ehe wünschen sich in diesem Sinne eine Bestätigung ihrer Werte, die sie als überlegen erachten: das Festhalten an heterosexuellen Verbindungen und an traditionellen Familienstrukturen.38

Ähnlich wie Nassehi vertritt auch Fukuyama die These, dass die von den Linken praktizierte Identitätspolitik eine entsprechende politische Reaktion von rechts ausgelöst habe.39 Zwar sei Identitätspolitik an sich nicht Neues – die bedeutendsten Kämpfe in der politischen Geschichte der USA – »um Sklaverei und Rassentrennung, Arbeiterrechte und Frauenemanzipation« – seien immer auf die Forderung hinausgelaufen, »den Kreis der als vollwertig geltenden Individuen zu erweitern«.40 Die »zeitgenössische Identitätspolitik« werde aber dadurch angeheizt, dass dieses Streben »schnell in ein Verlangen nach Anerkennung des Vorrangs der [vormals randständigen, L.L.] Gruppe umschlagen« könne, wobei die »alte Arbeiterklasse auf der Strecke« geblieben sei.41

Abgesehen davon, dass dieser Einschätzung mit Skepsis zu begegnen ist,42 ist es gerade nicht die Misere und die Deklassierung weißer Arbeiter*innen, die Bret Easton Ellis mit seinem programmatischen Titel White im Blick hat. Allerdings greift Ellis das Narrativ von einem linksliberalen Elitismus auf. Denn die Tendenz zum strategischen Beleidigtsein und zu Übermoralisierungen herrscht nach Ellis überwiegend unter privilegierten weißen Linksliberalen vor, für die Trumps Präsidentschaft zum Anlass wurde, sich in selbstbestärkenden diskursiven Filterblasen zu Opfern rechter Politik zu stilisieren.

2. ›Kulturkampf‹ als Generationenkonflikt?

In White erscheint der angebliche Kulturkampf zwischen Linken und Rechten, Konservativen und Liberalen, Republikanern und Demokraten zunächst als ein Generationenkonflikt. So rückt Ellis in anekdotischer Manier und hyperbolischer, nahezu karikaturesker Überzeichnung vor allem den jüngeren Lebenspartner als Angehörigen der »Generation Wuss« (dt. ›Generation Memme‹) in Szene. Nach der Wahl Trumps zum Präsidenten sei dieser nicht weniger als ›traumatisiert‹ gewesen und habe mit einem depressiven Schub sowie verstärktem Drogenkonsum reagiert, während sich Ellis als – wenn auch eher gleichgültigen – Fürstreiter wechselnder Kräfteverhältnisse in Demokratien inszeniert:

The legions of the disappointed had failed to get over the outcome of the election, failed to move on, and at times it became appalling, almost unbearable, that there were no signs of accepting one of life’s simple if brutal truths: you win some, you lose some. […] When my traumatized boyfriend criticized me for not being angrier about the election (five months after it happened) I shot back that I didn’t want to talk about Trump anymore. I didn’t care. He was elected president. Get over it. (W, 144, 147)

Das Verhalten des Partners identifiziert Ellis als repräsentativ für eine ganze Generation, der er ›Übersensibilität‹, ein ausgeprägtes ›Anspruchsdenken‹ und ›Rechthaberei‹ unterstellt sowie die Unfähigkeit, Ereignisse in einem größeren Kontext zu betrachten. (W, 130)

Verantwortlich hierfür seien die Eltern der Millennials, »overprotective, helicopter moms and dads«, die wiederum gegen die Elterngeneration der Babyboomer rebellierten,

because they felt they’d never really been loved by their own selfish narcissistic true-boomer parents, and who as a result were smothering their kids and not teaching them how to deal with life’s hardships about how things actually work: people might not like you, this person will not love you back, kids are really cruel, work sucks, it’s hard to be good at something, your days will be made up of failure and disappointment, you’re not talented, people suffer, people grow old, people die.

Während die »disillusioned Gen X’ers« aus ihrer Desillusion ›Freiheit‹ hätten schöpfen können (W, 260), indem sie bereits als Heranwachsende gelernt hätten, sich mit der ›kalten Realität‹ auseinanderzusetzen und somit heute besser darauf vorbereitet seien, sich in einer ›oft feindseligen oder gleichgültigen Welt‹ zurechtzufinden, verfielen die Millennials »into sentimentality and create victim narratives« (W, 131).

›Freiheit‹ definiert Ellis in diesem Zusammenhang nicht primär als politische Freiheit, sondern als Freiheit der Kunst, und zwar auf produktions- und rezeptionsästhetischer Seite. Denn – so die anekdotische Herleitung – in Ellis’ eigener Jugend sei es noch möglich gewesen, sich Filme mit expliziten Sex- und Gewaltszenen anzuschauen, ohne dass jemand daran Anstoß genommen hätte. An dieser Stelle markiert Ellis als Schriftsteller bereits ein sowohl politisches als auch ästhetisches Distinktionsmerkmal, denn er selbst habe immer ohne Rücksicht auf Verluste geschrieben, egal ob seine Leser*innen die Gewalt- oder Sexdarstellungen gestört hätten. (W, 115–116) Gerade in Kontrast zu der polemisch gezeichneten »Generation Wuss«, von der es heißt, dass sie nur ›positives Feedback‹ (W, 137) ertrüge, erscheint diese indifferente Haltung als rebellische Pose. In seiner Selbstbeschreibung profiliert sich Ellis hier also als Nonkonformist, weil er das ›reine‹ ästhetische Urteil stets am höchsten gewichtet habe, ungeachtet der politischen Korrektheit oder der Neigung, gefallen zu wollen.

Nicht nur der Konsum von transgressiver Kultur, wie Horrorfilmen oder Pornos, habe einen immunisierenden Effekt auf die Generation X gehabt, sondern auch der »style‍[] of some of the greatest filmmakers, the ones who operated with a God’s-eye neutrality« (W, 86). Diesen Stil à la Stanley Kubrick (Barry Lyndon, 1975) oder Paul Schrader (American Gigolo, 1980) beschreibt Ellis mit den folgenden Substantiven: »Chilliness, coldness, remoteness, distance, austerity, minimalist« (W, 86). Die Haltung der Regie (als Summe der Entscheidungen über Kameraführung, Schnitt etc., aber auch über das Spiel der Protagonist*innen) korreliert dabei idealtypisch mit einer desengagierten Haltung der Zuschauer*innen als »passive observers« (W, 86). Die ästhetische Erfahrung gleiche auf diese Weise einer ›voyeuristischen‹, die den*die Betrachter*in auf sich selbst zurückwirft, und zwar

by showing things neutrally and ask you to bring something to the picture, which might, for example, have a complicated and contradictory character or a morally ambiguous nature at its center that the movie isn’t going to simplify or resolve for you. (W, 87)

Das Prinzip der »God’s-eye neutrality« könnte man somit auch als ausgestellte Standortungebundenheit bezeichnen – im Gegensatz zu der vermeintlichen Überbetonung je subjektiver Befindlichkeiten, die nach Ellis leicht in eine ›opferzentrierte‹ Perspektive abgleiten würde. Als Beispiel hierfür führt er Barry Jenkins’ 2016 erschienenes und oscarprämiertes Filmdrama Moonlight an, das auf dem unveröffentlichten autofiktionalen Stück von Tarell Alvin McCraney beruht. Der Film erzählt in drei Kapiteln (Kindheit, Adoleszenz, Erwachsenenalter) die Geschichte von Chiron, der während der Hochzeit der ›Crack-Epidemie‹ in den USA der 1980er Jahre unter prekären Umständen aufwächst. Nach Ellis sei der Film nicht aufgrund seiner ästhetischen Qualität erfolgreich gewesen, sondern weil er mit einem »gay, black, poor, bullied […] victim« (W, 8) als Protagonisten identitätspolitische Kriterien erfüllt habe. (W, 88, 155–156) Der Film sei eine ideologische ›Opfererzählung‹, wobei Ellis hier mit ›ideologisch‹ meint, dass die künstlerische Perspektive auf Themen wie »insecurity of black hypermasculinity« und »fragility of black life in general« opferzentriert sei und das storytelling den freien Willen des Protagonisten außer Acht lasse. (W, 89) Ellis stört sich also daran, dass erstens die ›Sicht des Opfers‹ der einzige Blickwinkel sei, aus dem die Geschichte erzählt werde und zweitens diese Sichtweise zu unbedingtem Mitleid auffordere und alle anderen Reaktionen ausschließe. Außerdem unterschlage der Film ›den begehrenden männlichen Blick auf Männer‹ sowie das Begehren überhaupt, weswegen Ellis den Film auch als symptomatisch für die Ära des »post-sex« bezeichnet. Dies empfindet Ellis als scheinheilig, denn der Film mache es gerade einem nicht-schwulen, nicht-schwarzen Publikum leicht, empathisch mit dem Hauptcharakter zu sein. Das ideologische Moment besteht dann im Sinne Ellis’ in der Gleichförmigkeit des Urteils (W, 117–118), das kein ästhetisches mehr ist, sondern ein (identitäts-)‌politisches.

Ellis definiert also (moralische und politische) Neutralität als eine wichtige Voraussetzung für eine sich frei entfaltende ästhetische Produktivität und Rezeption. Dabei scheint ihm durchaus bewusst zu sein, dass eine neutrale bis indifferente Haltung ein sowohl generationsspezifisches als auch politisches Privileg ist:

My generation was raised in a fantasy world at the height of the Empire: our baby boomer parents were the most privileged and best-educated children of the (so-called) Greatest Generation and enjoyed the economic prosperity of postwar America. […] Compared to millennial reality, ours wasn’t one of economic uncertainty and hardship; we had the luxury to be depressed and ironic and cool and solvent all at once. (W, 133–134)

Als »Gen Xer«, der auf eine »white, upper-middle-class childhood at the height of [ the American, L.L.] Empire« (W, 13) zurückblicken kann, sei es ihm folglich leicht gefallen, den Status quo zu ignorieren (W, 116). Er distanziert sich allerdings von den Vorwürfen, dass er erstens aufgrund seiner erfahrenen Privilegien nicht kritisch Stellung zu einem Film wie Moonlight beziehen ›dürfe‹, und dass er zweitens essenzielle Charakteristika wie whiteness oder maleness nicht nur als identitätsbildend und also urteilspräfigurierend, sondern auch als ideologisches Problem ansehen ›müsse‹:

[T]hese social media critics wanted to imply that my whiteness was an ideological error, that my comfortable awareness was an indisputable problem, yet I’d argue that living without a direct experience of poverty or state-sponsored violence […] don’t equate to a lack of empathy, judgment, or understanding on my part and don’t rightly and automatically demand my silence. (W, 91)

Auf diese Weise fordere eine »progressive ideology« »universal inclusivity except for those who dare to ask any questions« (W, 91). Dies sei typisch für eine – sich liberal gebende – Kultur, die sich nicht weiter um Kunst schere. (W, 92)

3. Das ästhetische Subjekt im Spannungsfeld identitätspolitischer Debatten

Von einer politischen Warte aus entspricht das von Ellis idealisierte Prinzip einer »God’s-eye neutrality« dem, was Jacques Rancière in Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien (2006) als demokratisch bezeichnet hat. Rancière schreibt, im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert habe sich mit der Ästhetik ein neues – demokratisches – Regime der Identifizierung von Kunst herausgebildet. Ästhetische Regime seien Regime der Freiheit und Gleichheit, insofern Kunstwerke nicht mehr aufgrund von Herstellungsregeln oder hierarchischen Zuschreibungspraktiken als Kunstwerke gelten würden, sondern weil sie ein neuartiges gemeinsames Wahrnehmungsregister begründeten,

in dem die Mysterien des Glaubens, die großen Taten der Prinzen und Helden, eine holländische Dorfschenke, ein kleiner spanischer Bettler oder eine französische Obst- oder Fischauslage beliebig dem Blick des zufälligen Passanten ausgesetzt sind – also nicht der Gesamtheit der Bevölkerung, der Vermischung aller Klassen, sondern dem Subjekt ohne besondere Identität, das »Irgendjemand« heißt.43

Auch die Entstehung des Museums, die in diesen Zeitraum fällt, ist in diesem Sinne zu verstehen: als Ort der Ermöglichung eines ästhetischen Blicks, der die Werke unabhängig von ihrem Entstehungskontext und ihrer ursprünglichen Bedeutung zu betrachten erlaubt.44 Das Paradox liegt nach Rancière nun darin, dass das ästhetische Regime der Kunst für einen Gemeinsinn stehe, der in dem Maße politisch sei, insofern er Sitz einer radikalen Gleichgültigkeit sei45 – eine Gleichheit, die hier nicht klassensoziologisch, sondern wahrnehmungsphysiologisch gemeint ist. Kunst ist vor diesem Hintergrund nicht politisch aufgrund ihrer dargestellten Inhalte, sondern weil sie »ein raum-zeitliches Sensorium schafft, durch das bestimmte Weisen des Zusammen- oder Getrenntseins, des Innen- oder Außen-‍, Gegenüber- oder In-der-Mitte-Seins festgelegt« bzw. vermeintlich fixe Bedeutungszusammenhänge und Zugehörigkeitsverhältnisse durch permanente Aushandlung in Frage gestellt werden.46 Der distanzierte Blick auf die Kunst soll dabei zum Vorbild werden für die distanzierte Haltung zum eigenen Leben – eine Haltung, die sich auch in den Pop-Ästhetiken des 20. Jahrhunderts niederschlägt, in die sich Ellis prominent einschreibt.

Die von Rancière vorgebrachte Distanz der Erzählstimme zum Dargestellten intendiert dann den gleichen Effekt wie Ellis’ voyeuristische Standortungebundenheit, nämlich eine Vermeidung von Moralisierung qua Narration, damit – vereinfacht gesagt – alle Stimmen zu Wort kommen und sich alle ihre eigene Meinung bilden können. In diesem Zusammenhang verweist Rancière darauf, dass ausgerechnet Gustave Flauberts realistischer Roman Madame Bovary (1848) als »Siegeszug der Demokratie« bezeichnet wurde.47 Denn der Realismus weigere sich, der Literatur eine (moralische) Botschaft mitzugeben, stattdessen stelle er das Kleine und das Große (»die großen Taten der Prinzen und Helden, eine holländische Dorfschenke, ein kleiner spanischer Bettler oder eine französische Obst- oder Fischauslage«) gleichberechtigt nebeneinander, zerstöre Wahrnehmungshierarchien und lasse alles gleichermaßen zum Zentrum der ästhetischen Erfahrung werden.48 Rancière postuliert somit auch eine programmatische Unterschiedslosigkeit zwischen Kunst und Leben, Ästhetik und Politik.49

Der Betrachter als »Subjekt ohne besondere Identität«, wie Rancière formuliert, stellt exakt das Gegenteil von Ellis’ so stilisiertem ästhetischen Subjekt der Generation Y dar. Vor allem in den USA, aber zunehmend auch im deutschsprachigen Raum werden die Millennials (und auch die nachfolgende Generation Z) polemisch als »Generation Snowflake« bezeichnet, weil sie »bei der leisesten Kritik schmelzen und mit dem Erwachsenwerden heillos überfordert«50 seien. Dieser Diskurs hat sich mitunter als anschlussfähig für die Sichtweise auf Identitätspolitik als eine vermeintlich hegemonial werdende »opfernarzisstische Haltung von minoritären und/oder diskriminierten Gruppen« erwiesen, wie Thomas Edlinger formuliert.51 Diese Haltung bestehe im NichtWahrhabenWollen, »dass nicht jeder, der sich als Opfer glaubhaft darzustellen mag, in jedem Fall Recht hat«.52 Edlinger spricht in diesem Zusammenhang auch von einer »opfernarzisstischen Hyperkritik«, die in ihrer »identitätspolitischen Verfeinerungssucht« dazu neige, »Kritik an sich selbst zu delegitimieren und bestimmte Bedenken gegen sie zu tabuisieren«, indem sie jeden Einwand als »Herabwürdigung unterprivilegierter Subjektpositionen« betrachte.53 Maria-Sibylla Lotter stellt diese vermeintliche identitätspolitische »Rhetorik der Vulnerabilität« sogar unter Ideologieverdacht und betrachtet sie als Gefahr für die Meinungsfreiheit in liberalen Demokratien.54

Moritz Baßler und Heinz Drügh lenken in ihrer Gegenwartsästhetik (2021) hingegen den Blick weg von den (aufgrund von z.B. race oder gender) »minoritären und/oder diskriminierten Gruppen« zu jenen, die sich minoritär und diskriminiert fühlen bzw. dies vorgeben, um sich unter dem Deckmantel der Demokratisierung Gehör zu verschaffen. Für den deutschsprachigen Raum nennen sie beispielsweise die ›Besorgten Bürger‹ oder ›Corona-Gegner‹,

die ihre Auffassung der Dinge ohne besondere Qualifikation der Allgemeinheit anmuten und sich in ihren Urteilen gegenseitig bestärken und bestätigen. Sachurteile und politische Urteile werden dabei in einem Modus gefällt (›ich finde das aber!‹), der zuvor nur im Ästhetischen seine Legitimität fand.55

Nach Baßler/Drügh habe dieser Modus als »Pathos des sich-Gehör-Verschaffens« nicht wenig mit der von Rancière idealisierten »Engführung von Ästhetik und Politik« zu tun (insofern mit Rancière egalitäres Urteilen in der demokratischen Moderne als genuin ästhetischer Modus begriffen wird), die sich aber in aktuellen Protestbewegungen »unangenehmerweise von rechts« zeige.56 Mit Baßler/ Drügh lässt sich hier eine Parallele zum individualistischen Freiheitsverständnis ziehen, das Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey jüngst als »gekränkte» und somit »negative Freiheit« herausgestellt haben, nämlich als Freiheit von gesellschaftlicher Verantwortung.57 Vor diesem Hintergrund seien auch die spektakelhaften und nicht selten gewaltsamen Artikulationsformen dieser ›Freiheit‹ auf »Agitation, Polarisierung und Ausschluss« hin ausgelegt, so Baßler/ Drügh,58 und erfolgen gerade nicht im Sinne einer grundsätzlichen Bejahung gesellschaftlicher Beziehungen oder einer gemeinsamen bzw. gemeinsam erfahrbaren Welt (inklusive der Anerkennung ihrer politischen Gesetze)59. Als Beispiel für die USA nennen Baßler/ Drügh an dieser Stelle den Sturm auf das Kapitol in Washington 2021 und stellen mit Blick auf die Inszenierung des ›QAnon-Schamanen‹, der zur Ikone des Protests wurde, die provokante Frage, ob man sich heute so die »Verschmelzung von Ästhetik, Leben und Politik« im Sinne Rancières vorstellen müsse.60

4. Die rechte Erzählung vom Linksreaktionismus

Auch Ellis kritisiert – wenn auch in Form anekdotischer Evidenzen – jenes »Pathos des sich-Gehör-Verschaffens«: »When everybody claims to be a specialist, with a voice that deserves to be heard, this actually makes each person’s voice less meaningful.« (W, 117)

Ellis aber bezieht seine Kritik ausdrücklich nicht auf die lautstarken Trump-Wähler*innen, nicht auf irrationale QAnon-Verschwörungstheoretiker*innen und auch nicht auf die mit Desinformation operierende Alt-Right, sondern auf Trumps Kritiker*innen – auf die Liberalen und Demokraten. Für Ellis ist es vielmehr so, dass Identitätspolitik, indem sie angeblich dazu aufrufe, die ›weiße Identität‹ zu hassen bzw. sich wegen ihr schuldig zu fühlen, »the spread of separatist alt-right and all-white organizations« erst ermutigt hätte (W, 242–243) – genauso wie die unter der Präsidentschaft von Barack Obama ›explodierte‹ »victim culture« erst zu der Wahl Trumps provoziert habe (W, 118). Bereits mit der penetrant- polemischen Darstellung liberaler Trump-Gegner*innen, wie seines ›memmenhaften‹ Lebenspartners, als wütend oder weinerlich und ohne Impulskontrolle, hatte sich Ellis in der Geste politischer Teilnahmslosigkeit ein Stück weit widersprochen. Im Verlauf der Lektüre zeichnet sich dabei eine Tendenz ab, die über eine rein stilistische, also schriftstellerische, Überzeichnung hinausgeht, etwa wenn Ellis Partei ergreift für dezidiert rechte Aktivist*innen.

Auch wenn Ellis dabei zugestanden werden muss, dass White vor dem Sturm auf das Kapitol geschrieben und veröffentlicht wurde, ist bemerkenswert, dass er hierin u.a. positiven Bezug auf Brandon Straka nimmt, einen New Yorker Influencer und Politaktivisten, der noch einen Tag vor dem Sturm auf das Kapitol auf einer Kundgebung gesprochen und die Menge aufgestachelt hatte. Er wurde deswegen Anfang 2022 für drei Jahre auf Bewährung verurteilt. Ellis erwähnt Straka, weil sich dieser als »former liberal« bezeichnet und 2018 die Kampagne #Walkaway ins Leben gerufen hatte, um die Menschen zu ermutigen, die Demokratische Partei zu verlassen.61 Ellis zitiert in White Strakas Begründung für seine Abwendung von den Liberalen wie folgt:

›Once upon a time I was liberal. Well, to be honest, less than a year ago I was still a liberal,‹ Brandon Straka announced in a video. ›But I reject a system which allows an ambitious, misinformed, dogmatic group to suppress free speech, create false narratives and apathetically steamroll over the truth. I reject hate. These are the reasons why I am now walking away.‹ (W, 247)

Ellis beschreibt die #Walkaway-Kampagne als Reaktion auf die »increasingly deranged and rabid resistance« der Linksliberalen gegen Trump, die sich aber tatsächlich gegen alle richte, die nicht »woke« seien, und zutiefst «anti-common-sense, anti-rational and anti-American» sei (W, 247). Der Linksliberalismus der Demokraten habe sich also, vor allem durch Trumps Präsidentschaft, zum Negativen gewandelt, nämlich

into something it never had been in my lifetime: a morally superior, intolerant and authoritarian party that was out of touch and lacked any coherent ideology beyond its blanket refusal to credit an election in which someone they didn’t approve of had, at least legally, technically, won the White House. The Left had become a rage machine, burning itself up: a melting blue bubble dissolving in on itself. (W, 242)

Liberalismus habe deshalb aktuell mit Freiheit nichts mehr zu tun, so Ellis: »Liberalism used to concern itself with freedoms I’d aligned myself with, but during the 2016 campaigns, it finally hardened into a warped authoritarian moral superiority movement that I didn’t want to have anything to do with.« (W, 142) Daher kann sich Ellis auch mit der Selbstbeschreibung eines »former liberal«, wie Straka sie verwendet, identifizieren, obwohl er bei der Präsidentschaftswahl 2016 erkannt habe, weder eindeutig liberal noch konservativ zu sein und weder für die Demokraten noch für die Republikaner gestimmt habe:

I hadn’t voted for anyone, not only because I lived in rest-assured California but also because during the campaign I’d realized I wasn’t a conservative or a liberal, a Democrat or a Republican, and that I didn’t buy into what either party was selling. (W, 145)

Auffällig ist, wie schwammig der Liberalismus-Begriff im ganzen Buch verwendet wird und wen Ellis als »former liberal« bezeichnet, z.B. auch Trump. (W, 148)62 Liberalismus bedeutet für Ellis vor allem, die Meinungsfreiheit zu verteidigen, also ›die Freiheit aller Menschen, sich so auszudrücken, wie sie es wollten und für richtig hielten‹ (W, 163). Demnach scheint es eher der Libertarismus zu sein, dem er als politische Idee anhängt. In diesem Zeichen, nämlich jedwede öffentliche Aussage eines Individuums als legitime Meinung und somit demokratisches Recht zu werten, steht auch Ellis’ Parteinahme für rechtskonservative, rechtspopulistische und rechtsextreme Aktivist*innen und Trump-Befürworter*innen wie Brandon Straka, Candace Owens und Milo Yiannopoulos.

Während die weit rechts stehende politische Kommentatorin Owens für einen afroamerikanischen Konservatismus einsteht und die Position vertritt, die afroamerikanische Bevölkerung solle sich von der Demokratischen Partei abwenden, wurde Yiannopoulos als »Alt-Right-Posterboy« und Redakteur der als rechtspopulistisch bis rechtsradikal eingestuften Website »Breitbart News Network« bekannt. Owens und Yiannopoulos sind für Ellis’ Argumentation einschlägige, weil aus einer identitätspolitischen Perspektive widersprüchlich scheinende Referenzpersonen: Owens – zum einen – hat in der Öffentlichkeit vor allem dadurch Aufsehen erregt, dass sie als Schwarze Person die Black Lives Matter-Bewegung als »whiny toddlers, pretending to be oppressed for attention« verunglimpft hat,63 womit sie im identitätspolitischen Diskurs das opfernarzisstische Narrativ aufgreift und es wie Ellis mit der Zuschreibung des ›Weinerlich-Regressiven‹ (»toddlers«) verbindet. Owens vertritt antifeministische und transfeindliche Positionen.64 Sie wurde in dem Manifest des rechtsextremen Terroristen Brenton Tarrant, der im März 2019 einen Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch mit mindestens 50 Todesopfern beging, als die Person bezeichnet, die ihn am stärksten radikalisiert habe.65 Ellis beschreibt sie in White hingegen verharmlosend als »young and pretty and compelling black woman, said she became a conservative when she finally understood that ›liberals were actually the racists, liberals were actually the trolls.‹« (W, 253).

Der homosexuelle Yiannopoulos – zum anderen – hat 2016 die Wahlkampfbewegung Gays for Trump ins Leben gerufen, positioniert sich in Opposition zu der LGBTQ-Bewegung und vertritt homosexuellen- und transfeindliche Positionen. Mittlerweile bezeichnet sich Yiannopoulos als ›ex-schwul‹, nachdem er sich einer Konversionstherapie der evangelikal geprägten Ex-Gay-Bewegung unterzogen habe66 – eine Tendenz, die angesichts seiner menschenfeindlichen Diskriminierungen und Pathologisierungen von Homosexualität und Homosexuellen nicht überraschend ist. Trotzdem hat ihn Ellis noch 2019 in White schlicht als ›Querulanten‹ bezeichnet, für dessen Meinungsfreiheit er eintrete. (W, 165) Das Nachrichtenportal Breitbart schätzt Ellis als »conservative« ein. (W, 160)

In Owens politischer Fremdwahrnehmung sowie in ihrer Selbstbeschreibung spielt ein spezifisches Erkenntnismoment eine Rolle, das die Hinwendung zum Konservatismus erklärt. Owens sagt über sich, sie sei bis zur Präsidentschaftskandidatur Trumps unpolitisch gewesen; sie habe nicht mal gewählt, sich aber als eher liberal eingeordnet.67 Im Zuge ihrer Erkenntnis über die ›rassistischen Liberalen‹68 sei sie »conservative overnight« geworden.69 2017 gründet sie den Youtube-Kanal »Red Pill Black«, in dem sie in ihrem ersten Video ihre Hinwendung zum Konservatismus wie ein Coming-Out inszeniert (»Mom, Dad….Im conservative«).70

Dieses Erkenntnismoment wird in weiteren Videos explizit mit der Metapher des ›Erweckens‹ bzw. ›Erwachens‹ in Verbindung gebracht, wie sie in insbesondere (rechts-)‌konservativen bis (neu-)‌rechten Kreisen beliebt ist,71 indem Owens mithilfe der Matrix-Referenz »Taking the red pill« dazu aufruft, linke Narrative zu hinterfragen und sich von ihnen loszusagen.

Ellis insinuiert ähnlich an mehreren Stellen in White, dass die Linken in einer »Bubble«, also in ihrer eigenen Realität lebten und, wie bereits ausgeführt, sich nicht wie mündige Erwachsene verhielten. Auf diese Weise wird das politische Narrativ von einem postdemokratischen oder postpolitischen Liberalismus transportiert. Der zunächst von Colin Crouch und Jacques Rancière verwendete Begriff des Postdemokratischen bzw. Postpolitischen, wie ihn Chantal Mouffe geprägt hat, meint eine Situation, in der das Demokratische nur mehr auf den wirtschaftlichen Liberalismus beschränkt ist und linke und rechte Positionen zu einem Konsens der Mitte verschwimmen. Nach Mouffe bereichere die liberale Tradition die Demokratie, wenn Freiheit und Gleichheit, beständig um ihre Vormachtstellung kämpften. Allerdings sei heute die permanente Dominanz liberaler Prinzipien problematisch geworden, denn der Liberalismus tilge den produktiven Streit und den Wettbewerb unterschiedlicher politischer Ideen in pluralistischen Gesellschaften.72

White leistet dieser Beobachtung eines postpolitischen Liberalismus Vorschub, insofern der Eindruck erzeugt wird, liberal sei man ›einfach so‹, während man sich für den Konservatismus – und die Konsequenzen, die dieses Bekenntnis mit sich bringt – bewusst entscheiden müsse. Diese Entscheidung wird als mutiger Widerstand deklariert, münzt aber tatsächlich (auch) auf aufmerksamkeitsökonomischen Prämissen: Für Owens wie für Yiannopoulos ist die jeweilige Identität im ambivalenten Verhältnis zu ihrer politischen Positionierung zum Alleinstellungs- und somit strategischen Distinktionsmerkmal geworden, um die Karriere voranzutreiben.73 Hinzu kommt, dass Owens (*1989) und Yiannopoulos (*1984) auch in Bezug auf ihre Generation bewusst Distinktion betreiben: Durch ihre provokanten Profilierungen grenzen sie sich dezidiert von den angeblich ›weinerlichen‹ und ›moralinsauren‹ Millennials ab, nutzen aber zugleich deren digitale Infrastruktur, z.B. Youtube, um eine möglichst große Reichweite sowohl unter den politischen Extremen als auch unter unpolitischen Usern zu erlangen.

Für seine Argumentation, dass die Linksliberalen mittlerweile als »authoritarian moral superiority movement« eher linksreaktionär seien und die Polarisierung bis Radikalisierung der US-Gesellschaft erst provoziert hätten, muss Ellis diesen eigennützigen, marktlogischen Aspekt freilich ›übersehen‹. Hingegen scheint eine Hinwendung zum Konservatismus in seiner Erzählung nur folgerichtig, wenn Konservatismus nun unter umgekehrten Vorzeichen bedeutet, für seine öffentliche Meinungsäußerung nicht ›gecancelt‹ zu werden, selbst wenn das bedeutet, dass rechte Demagogen wie Yiannopoulos Gastvorträge an US-Universitäten halten können, in denen z.B. transfeindliche Aussagen getätigt werden.74

Die Grenzen zwischen Liberalismus-Kritik, Konservatismus bis hin zum (neu-)‌rechten Extremismus werden in dieser Argumentation aber nicht eindeutig genug markiert.

5. Fazit: Wie ästhetische und politische Gleichgültigkeit dem Kulturkampf von rechts hilft

Ellis’ nonfiktionales Buch White ist in seiner mutmaßlichen Intention nicht als Plädoyer für die Wiedererstarkung weißer Vorherrschaft zu begreifen, sondern als Kritik an einer angeblichen Gleichförmigkeit ästhetischer Urteile sowie politischer Positionen, die Ellis als Postulat einer – mehrheitlich weißen – liberalen Elite zu entlarven glaubt. Problematisch ist dabei aber, dass Ellis’ Ideal der »God’s-Eye Neutrality«, so wie er sie beschreibt und kontextualisiert, nämlich in Anlehnung an die Kultur des American Empires, eine weiße Perspektive impliziert, deren ästhetische Freiheit zur Standortungebundenheit maßgeblich auf der politischen Hegemonialstellung von Whiteness beruht‍(e). Man bekommt somit den Eindruck, dass White, obwohl sich der Autor darin über eine Kultur auslässt, die das Ästhetische als Bewertungsmaßstab mehr und mehr ablehne, selbst ein Produkt der von Baßler/ Drügh beobachteten problematischen »Verschmelzung von Ästhetik, Leben und Politik« ist. So will Ellis einerseits die Register des Politischen und Ästhetischen streng geschieden wissen, wenn es um die Beurteilung von Kunst geht (wie am Beispiel von Moonlight deutlich wurde), andererseits vermischt er beständig die Ebenen, wenn es um die Verteidigung der Kunstfreiheit auf der einen und die Verteidigung der freien öffentlichen ›Meinungsäußerung‹ auf der anderen Seite geht. Denn inwiefern seine Vorliebe für Ironie und moralische Ambivalenzen in der Kunst (»I loved ambiguity. I wanted to change my mind, about one thing and another, virtually anything. I wanted to get upset and even be damaged by art«, W, 125) mit den Anforderungen an eine politisch korrekte Kunst divergiert, wäre ja ein anderer Diskurs. Ellis aber überträgt das, von einem autonomieästhetischen Standpunkt aus betrachtet, legitime Bedürfnis nach einer ›unsensiblen‹ Kunst undifferenziert auf den politischen Diskurs und ignoriert damit die ästhetischen Eigengesetzlichkeiten, die von den ›Spielregeln‹ demokratischer Partizipation abweichen – abweichen müssen, wenn die von Rancière postulierte »Verschmelzung von Ästhetik und Politik« nicht so aussehen soll wie die cultural performance des QAnon-Schamanen. Denn diese stehe in ihrem Eklektizismus nach Marcus Stiglegger für eine »durch und durch postmoderne, aus dem virtuellen Raum in die Realität schwappende rechtsextreme Revolte«.75 Der Erfolg der Alt-Right gründet demnach auf ihrer Fähigkeit, ihren Extremismus hinter der ästhetischen Inszenierung zu verdecken, indem sie Populärkultur und politische Ideologie nahtlos miteinander verbinden.76 Auf diese Weise werde auf ein unbemerktes »Konvertieren der Mitte«77 abgezielt, so Andy King.

Es handelt sich um eine Bewegung, die im Wesentlichen auf der Beeinflussung der Kultur beruht und die durch mediale und kulturelle Mittel die Grenzen des Sagbaren dauerhaft verschieben will.78 Dabei geht es gerade nicht um die Stärkung der Demokratie, sondern die metapolitische Einbindung der Zivilgesellschaft gilt nur als Zwischenstufe einer neuen »geistig-kulturellen Führerschaft«79, die – einmal errichtet – keine weiteren hegemonialen Verschiebungen zulassen wird. Vor diesem Hintergrund muss auch Identitätspolitik von rechts anders bewertet werden als Identitätspolitik von links80 und anstatt über einen angeblichen Kulturkampf zwischen Linken und Rechten zu debattieren, müssten die Strategien eines »Kulturkrieg‍[s] von rechts«81 stärker in die öffentliche Wahrnehmung rücken.

Dieser Beitrag hat den Fokus auf den aktuellen Diskurs um eine Identitätspolitik von rechts gelegt, die oft als Reaktion auf linke Identitätspolitik etikettiert wird. Speziell im US-Kontext werden somit identitätspolitische Debatten für die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft (»partyism«) verantwortlich gemacht. Vor diesem Hintergrund hat der Beitrag überwiegend Positionen abgebildet, die eine Transformation des Linksliberalismus in einen Linksreaktionismus unter identitätspolitischen Vorzeichen zu erkennen glauben. Die Rede von der Kunstfreiheit wird dabei, wie exemplarisch an White gezeigt wurde, ohne empirische Grundlage als Strohmann-Argument herangezogen, um den Linksliberalismus nicht nur politisch, sondern auch ästhetisch zu delegitimieren. Somit popularisiert Ellis das rechte Narrativ, linke Identitätspolitik führe zu einer Einschränkung der Kunst- und Meinungsfreiheit. Dabei wendet sich Ellis nicht ausdrücklich gegen eine Identitätspolitik als politische Strategie marginalisierter Identitäten, aber gegen eine vermeintliche Instrumentalisierung dieser Politik seitens weißer Linksliberaler, was in seinen Augen zwingend eine andere weiße Identitätspolitik provoziert hätte – die rechtsidentitäre. Gegen diese rechtsidentitäre Bewegung wendet er sich aber nicht, obwohl deren Strategien von einer undemokratischen Ästhetisierung des Politischen geprägt sind und entschieden im Zeichen eines »Kulturkriegs von rechts« stehen, wie das Beispiel des QAnon-Schamanen gezeigt hat82. Im Gegenteil werden neurechte Aktivist*innen von ihm verharmlost bis hofiert. Aus einer privilegierten Politikverdrossenheit heraus normalisiert er die Selbstbeschreibung ›former liberal‹ und verschleiert deren ideologische Nähe zu rechtskonservativen bis rechtsextremen Positionen. Die Gleichgültigkeit gegenüber dieser Grenzüberschreitung markiert dann keine politisch neutrale Geste mehr, sondern eine demokratiegefährdende.

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Fußnoten

1 Vgl. hierzu z.B. Cicek, Hüseyin (2023): Der türkische Präsident Erdogan betreibt Identitätspolitik im In- und Ausland als Dauerkampagne – Ziel ist es, den Westen in die Schranken zu weisen. NZZ.ch: https://www.nzz.ch/meinung/erdogan-betreibt-identitaetspolitik-erfolgreich-als-dauerkampagne-ld.1743279?reduced=true. 17.08.23 sowie Seeling, Luisa (2023): Erdoğan bietet seinen Wählern Identität. Süddeutsche.de: https://www.sueddeutsche.de/politik/wahlen-in-der-tuerkei-erdogan-bietet-seinen-waehlern-identitaet-1.4028776. 17.08.23. 2 Thumann, Michael: Es geht um Identität, nicht um Politik. Deutschlandfunk.de: https://www.deutschlandfunk.de/tuerkei-stichwahl-praesident-erdogan-kilicdaroglu-100.html. 17.08.23. 3 Vgl. für Deutschland hinsichtlich der Wahlerfolge der AfD z.B. Decker, Oliver/ Kiess, Johannes/ Brähler, Elmar (Hgg.): Die enthemmte Mitte. Autoritäre und rechtsextreme Einstellung in Deutschland. Die Leipziger »Mitte«-Studie 2016. Gießen: Psychosozial-Verlag; sowie Lewandowsky, Marcel/ Giebler, Heiko/ Wagner, Aiko (2016): Rechtspopulismus in Deutschland. Eine empirische Einordnung der Parteien zur Bundestagswahl 2013 unter besonderer Berücksichtigung der AfD. In: Politische Vierteljahresschrift, 57/2, S. 247–275. Für den US-Kontext schreibt z.B. Francis Fukuyama, ein Großteil des politischen Lebens habe nur oberflächlich mit ökonomischen Ressourcen zu tun. Vgl. Fukuyama, Francis (2019): Identität. Wie der Verlust der Würde unsere Demokratie gefährdet. Aus dem amerikanischen Englisch von Bernd Rullkötter. Hamburg: Hoffmann und Campe, S. 36. Vgl. hierzu außerdem: Kovic, Marko (2020): Sie wollen Politik, die ihnen schadet: Die masochistischen Trump-Wähler. Watson.de: https://www.watson.ch/international/analyse/956182709-trump-waehler-wollen-politik-die-ihnen-schadet-warum-das-so-ist. 17.08.23. 4 In Deutschland z.B. von Friedrich Merz (CDU), vgl. hierzu in kritischer Distanz: El Ouassil, Samira (2023): Als würde man Nemo verprügeln. Spiegel.de: https://www.spiegel.de/kultur/friedrich-merz-warum-das-gruenenbashing-des-cdu-chefs-auch-empirisch-nichts-bringt-kolumne-a-216c7f07–9d34–415c-93c2-e623b9280879. 17.08.23. 5 In diesem Kontext ist auch die Rede von einer angeblichen linken »Cancel Culture«, also einer repressiven und moralisch-autoritären Kultur, die politische Korrektheit der Kunst- und Meinungsfreiheit überordne und darum bemüht sei, Positionen, die als diskriminierend wahrgenommen werden könnten, aus dem öffentlichen Diskurs zu tilgen, eben zu ›canceln‹. Adrian Daub hat jüngst aufgezeigt, dass Cancel Culture-Geschichten speziell im US-Universitätskontext stark kolportiert sind und teilweise von konservativen Lobbygruppen bewusst gestreut werden, um ein verzerrtes Bild von ›dogmatischen Linken‹ zu zeichnen. Die Streuung solcher Geschichten sei speziell in den USA eine Strategie der Rechten, »sich eine ganz bestimmte Interpretation der Wirklichkeit zu eigen zu machen«: »Anstatt sich über Löhne, Kosten, Berufsaussichten, Schulden und Umverteilung Sorgen machen zu müssen, kann man sich rein am Kulturellen abarbeiten.« Denn, so Daub weiter: »Wer vom ›Canceln‹ als Wirkung einer ›Kultur‹ spricht, spricht bewusst nicht vom Canceln als etwa einem Resultat von Prekarisierung.« Vgl. Daub, Adrian (2022): Cancel Culture Transfer. Wie eine moralische Panik die Welt erfasst. Berlin: Suhrkamp, S. 230. Zudem habe der Cancel Culture-Diskurs als ›Aufregerthema‹ eine aufmerksamkeitsökonomische Funktion, die vor allem (digitale) Zeitungen gezielt nutzten, um Klicks zu generieren. Vgl. Daub: Cancel Culture Transfer, S. 309. 6 Vgl. in diesem Zusammenhang z.B. den offenen Brief des Vereins Deutsche Sprache »Schluss mit Gender-Unfug!«, 2019 initiiert von Monika Maron, Wolf Schneider, Walter Krämer, Josef Kraus auf: https://vds-ev.de/aktionen/aufrufe/schluss-mit-gender-unfug/. 17.08.23. 7 In diesem Kontext hat es in den letzten Jahren in verschiedenen Ländern Debatten gegeben, z.B. im Rahmen der MeToo-Bewegung um Eugen Gomringers Gedicht »Avenidas« an der Fassade der Berliner Alice Salomon Hochschule (Deutschland), um die Balthus-Ausstellung in der Basler Fondation Beyeler (Schweiz) sowie um das Waterhouse-Gemälde in der Manchester Art Gallery (Großbritannien). Vgl. hierzu: Hildebrand, Kathleen (2018): Das lyrische Ich ist unabhängig abwesend. Süddeutsche.de: https://www.sueddeutsche.de/kultur/debatte-um-eugen-gomringer-gedicht-das-lyrische-ich-ist-auffaellig-abwesend-1.3841758. 17.08.23; Kilb, Andreas (2018): Sie alle waren Puppen seiner Phantasie. Faz.net: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst-und-architektur/balthus-ausstellung-der-fondation-beyeler-in-riehen-bei-basel-15769786.html. 17.08.23 sowie Brown, Mark (2018): Gallery removes naked nymphs painting to ›prompt conversation‹. Theguardian.com: https://www.theguardian.com/artanddesign/2018/jan/31/manchester-art-gallery-removes-waterhouse-naked-nymphs-painting-prompt-conversation. 17.08.23. 8 Vgl. hierzu z.B. Baßler, Moritz (2021): Der neue Midcult. Vom Wandel populärer Leseschaften als Herausforderung der Kritik. In: Pop. Kultur und Kritik, 18, S. 132–149. 9 Vgl. Ullrich, Wolfgang (2019): Auf dunkler Scholle. Zeit.de: https://www.zeit.de/2019/21/kunstfreiheit-linke-intellektuelle-globalisierung-rechte-vereinnahmung. 04.09.2023. 10 In den USA wird nicht im selben Maße wie im deutschsprachigen Raum zwischen einem sozialpolitisch fundierten und radikaldemokratischen Linksliberalismus, der sich für die politische, soziale und diskursive Teilhabe aller Gesellschaftsmitglieder einsetzt, und dem Liberalismus als Idee einer freiheitlichen ökonomischen und politischen Ordnung unterschieden. Wenn deshalb in diesem Beitrag von einem »linken Liberalismus« im US-Kontext die Rede ist, dann im Sinne eines Liberalismus, der unter identitätspolitischen Vorzeichen zum Feindbild öffentlicher Wahrnehmung gerät und von dem Kritiker*innen und rechte Gegner*innen sagen, dass er seine freiheitlichen Ideale durch eine vermeintliche Fokussierung auf Identitätspolitik und politische Korrektheit verraten würde. 11 Vgl. Fukuyama: Identität, S. 144. Arlie Russell Hochschild führt in diesem Zusammenhang eine Studie an, die besagt, dass partyism die US-amerikanische Gesellschaft stärker spalte als Rassismus. Während bei einer Umfrage im Jahr 1960 nur 5% der befragten Mitglieder beider Parteien gestört habe, wenn ihr Kind ein Mitglied der anderen Partei heiraten würde, waren es 2010 schon 33% der Demokraten und 40% der Konservativen. Vgl. Hochschild, Arlie Russell (2016): Fremd in ihrem Land. Eine Reise ins Herz der amerikanischen Rechten. Aus dem Englischen von Ulrike Bischoff. Frankfurt/ New York: Campus Verlag, S. 21. 12 Ellis ist 1964 geboren und steht genau an der Schwelle zwischen Babyboomern und Generation X. 13 Vgl. Ellis, Bret Easton (2019): White. New York: Knopf, Klappentext. 14 Alle Zitate aus Ellis: White werden im Folgenden direkt im Fließtext in Klammern und unter der Angabe der Sigle (W) und der Seitenzahl wiedergegeben. 15 Vgl. Hochschild: Fremd in ihrem Land, S. 19. 16 Vgl. Hochschild: Fremd in ihrem Land, S. 76–78. 17 Hochschild: Fremd in ihrem Land, S. 187. 18 Vgl. Hochschild: Fremd in ihrem Land, S. 115, 187. 19 Vgl. Hochschild: Fremd in ihrem Land, S. 59 20 Vgl. Hochschild: Fremd in ihrem Land, S. 207. 21 Hochschild: Fremd in ihrem Land, S. 188–190. 22 Hochschild: Fremd in ihrem Land, S. 304. 23 Hochschild: Fremd in ihrem Land, S. 35. 24 Vgl. Fukuyama: Identität, S. 25 25 Combahee River Collective (2017 [1977]): The Combahee River Collective Statement. In: Taylor, Keeanga-Yamahtta (Hg.): How We Get Free. Black Feminism and the Combahee River Collective. Chicago: Haymarket Books, S. 15–27, hier S. 18–19. 26 Vgl. Van Dyk, Silke (2019): Identitätspolitik gegen ihre Kritik gelesen. Für einen rebellischen Universalismus. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 9–11, S. 25–32: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/286508/identitaetspolitik-gegen-ihre-kritik-gelesen/. 31.08.2023. 27 Vgl. für den deutschsprachigen Raum z.B. Stegemann, Bernd (2017): Der liberale Populismus und seine Feinde. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, 4, S. 81–94 sowie Flaßpöhler, Svenja (2021): Sensibel. Über moderne Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren. Stuttgart: Klett-Cotta. Vgl. für den US-Kontext neben Fukuyama z.B. McWhorter, John (2021): Woke Racism: How a New Religion Has Betrayed Black America. New York: Portfolio/Penguin. Vgl. in kritischer Distanz zu diesen Positionen: Amlinger, Carolin/ Nachtwey, Oliver (2022): Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus. Berlin: Suhrkamp, S. 233–235. 28 Vgl. Daub: Cancel Culture Transfer, S. 246. 29 Nassehi, Armin (2021): Unbehagen. Theorie der überforderten Gesellschaft. C.H. Beck: München, S. 282–284. 30 Vgl. Nassehi: Unbehagen, S. 179–180, 185. 31 Vgl. Nassehi: Unbehagen, S. 191. 32 Nassehi: Unbehagen, S. 192. 33 Vgl. Nassehi: Unbehagen, S. 194. 34 Vgl. Nassehi: Unbehagen, S. 282–284. 35 Vgl. Nassehi: Unbehagen, S. 185. 36 Vgl. Nassehi: Unbehagen, S. 185. 37 Vgl. Hochschild: Fremd in ihrem Land, S. 34. Auch Pippa Norris und Ronald Inglehart kommen zu der These, dass die brisantesten politischen Themen in den westlichen Gesellschaften heute kultureller Natur seien und z.B. die Integration ethnischer Minderheiten, Einwanderung und Grenzkontrollen sowie gleichgeschlechtliche Ehen und LGBTQ-Rechte beträfen. Vgl. Norris, Pippa/ Inglehart, Ronald (2019): Cultural backlash. Trump, Brexit, and authoritarian populism. Cambridge/ New York: Cambridge University Press, S. 50. 38 Vgl. Fukuyama: Identität, S. 37. 39 Vgl. Fukuyama: Identität, S. 144. 40 Vgl. Fukuyama: Identität, S. 40. 41 Vgl. Fukuyama: Identität, S. 40, 140. 42 Zum Beispiel hat Simon Strick überzeugend dargelegt, dass die These vom Aufstieg der Rechten als eine Folge von linker Identitätspolitik und Political Correctness maßgeblich einer »bösartigen Mimikry« der Alt-Right geschuldet sei. Diese strategische Mimikry bestehe in der Übernahme von Gesten linker Kritik, ohne die progressiv-emanzipatorischen Inhalte zu teilen, etwa wenn auf die Black Lives Matter-Bewegung in pseudokritischer Manier mit dem Slogan »All Lives Matter« reagiert werde. Vgl. Strick, Simon (2021): Rechte Gefühle. Affekte und Strategien des digitalen Faschismus. Bielefeld: transcript, S. 103–104. 43 Rancière, Jacques (2008): Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien. In: Maria Muhle (Hg.): Die Aufteilung des Sinnlichen. Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien. Aus dem Französischen von Maria Muhle. Berlin: b_books, S. 75–100, S. 78. 44 Vgl. Rancière: Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien, S. 78. 45 Vgl. Rancière: Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien, S. 79. 46 Vgl. Rancière: Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien, S. 77. 47 Vgl. Rancière: Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien, S. 86. 48 Vgl. Rancière: Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien, S. 86. 49 Vgl. Rancière: Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien, S. 84. Oliver Marchart hat rekonstruiert, wie sich im postfundamentalistischen Denken Jean-Luc Nancys, Claude Leforts, Alain Badious, Jacques Rancières, Ernesto Laclaus und Giorgio Agambens eine Differenzierung zwischen den Bereichen der Politik (la politique) und des Politischen (le politique) herausgebildet habe und prägt hierfür den Begriff der »politischen Differenz«, wobei das Politische im Gegensatz zu der Politik keine konkreten institutionalisierten Abläufe meint und auch nicht auf die Sphäre des Staatlichen beschränkt bleibt. Vielmehr durchdringt es als eine Dimension des Sozialen sämtliche Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens und umfasst den permanenten Aushandlungsprozess darüber, welche Weisen dieses Zusammenlebens zur Erscheinung kommen sollen, also hegemonial werden. Im demokratischen Sinne realisiert sich somit das Politische als Potenzialität gemeinschaftlichen (Aus-)Handelns. Ästhetische Regime können im Sinne Rancières als wesentlicher Bestandteil des Politischen betrachtet werden. Vgl. Marchart, Oliver (2010): Die politische Differenz. Berlin: Suhrkamp; Mouffe, Chantal (2007): Über das Politische. Wider die kosmopolitische Illusion. Aus dem Englischen von Niels Neumeier. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, insbesondere S. 15–16 sowie Lefort, Claude (1990): Die Frage der Demokratie. In: Rödel, Ulrich (Hg.): Autonome Gesellschaft und libertäre Demokratie. Aus dem Französischen von Kathrina Menke. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 281–297, S. 281. 50 Maydl, Tobias (2018): Sternzeichen Schneeflocke. Cicero.de: https://www.cicero.de/kultur/generation-y-z-snowflake-millennials-milosz-matuschek-shell-jugendstudie. 17.08.23. 51 Vgl. Edlinger, Thomas (2015): Der wunde Punkt. Zum Unbehagen an der Kritik. Berlin: Suhrkamp, S. 19. 52 Vgl. Edlinger: Der wunde Punkt, S. 19. 53 Vgl. Edlinger: Der wunde Punkt, S. 33. 54 Vgl. Lotter, Maria-Sibylla (2022): Sind ›vulnerable Gruppen‹ vor Kritik zu schützen? Die Funktionen der Redefreiheit für die liberale Demokratie und die Ideologisierung der Vulnerabilität. In: Zeitschrift für Praktische Philosophie, 9/2, S. 375–398. 55 Baßler, Moritz/ Drügh, Heinz (2021): Gegenwartsästhetik. Konstanz: Konstanz University Press, S. 151–152. 56 Vgl. Baßler/ Drügh: Gegenwartsästhetik, S. 150, 152. 57 Vgl. Amlinger/ Nachtwey: Gekränkte Freiheit. 58 Vgl. Baßler/ Drügh: Gegenwartsästhetik, S. 157. 59 Vgl. hierzu Amlinger/Nachtwey: Gekränkte Freiheit, S. 58–59, 307. Amlinger/ Nachtwey beschreiben in diesem Zusammenhang mit Pierre Rosanvallo die verschwörungstheoretisch geprägte Bewegung der Querdenker*innen als »Gegen-Demokratie«, die unpolitisch geworden sei, weil ihr »der Bezug zu einer gemeinsamen Welt« fehle. Vgl. Rosanvallo, Pierre (2017): Die Gegen-Demokratie. Politik im Zeitalter des Misstrauens. Aus dem Französischen von Michael Halfbrodt. Hamburg: Hamburger Edition, S. 14. 60 Vgl. Baßler/ Drügh: Gegenwartsästhetik, S. 153–154. 61 Vgl. Rabinowitz, Hannah/ Lybrand, Holmes (2022): Pro-Trump influencer sentenced to three years of probation for his participation in the Capitol riot. Edition.CNN.com: https://edition.cnn.com/2022/01/24/politics/brandon-straka-capitol-riot/index.html. 17.08.23. Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Herausgeberband von Lee Trepanier und Grant Havers: Trepanier, Lee/ Havers, Grant (Hgg.) (2019): Walk Away. When the Political Left Turns Right. Lanham: Lexington Books. 62 Fukuyama schreibt in diesem Zusammenhang: »Trump war der perfekte Vertreter der Ethik der Authentizität, die typisch für unser Zeitalter ist: Er mag verlogen, bösartig, scheinheilig und nicht präsidentenhaft sein, aber zumindest sagt er, was er denkt.« Fukuyama: Identität, S. 146. 63 Vgl. Owens, Candace: Tweet vom 20.04.18. Twitter.com: https://twitter.com/RealCandaceO/status/987450257159077888. 17.08.23. 64 Vgl. zusammenfassend zu dieser Einschätzung z.B. Nagle, Angela (2017): The Lost Boys. The young men of the alt-right could define American politics for a generation. Theatlantic.com: https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2017/12/brotherhood-of-losers/544158/. 17.08.23 sowie Alcorn, Chauncey (2018): Critics call out Candace Owens’ transphobic views and want Kanye West, Caitlyn Jenner to do the same. Mic.com: https://mic.com/articles/189887/critics-call-out-candace-owens-transphobic-views-and-want-kanye-west-caitlyn-jenner-to-do-same. 17.08.23. 65 Vgl. Eustachewich, Lia (2019): Conservative Candace Owens ›influenced me above all‹: New Zealand gunman. NYpost.com: https://nypost.com/2019/03/15/conservative-candace-owens-influenced-me-above-all-new-zealand-gunman/. 17.08.23. 66 Vgl. hierzu z.B. Spocchia, Gino (2021): Milo Yiannopoulos declares himself ex-gay and says he’s ›demoted‹ husband to housemate in bizarre new interview. Independent.co.uk: https://www.independent.co.uk/news/world/americas/us-politics/milo-yiannopoulos-ex-gay-b1815296.html. 17.08.23. 67 Vgl. hierzu Rossman, Sean (2018): Candace Owens’ rapid rise defending two of America’s most complicated men: Trump and Kanye. Eu.Usatoday.com: https://eu.usatoday.com/story/news/investigations/2018/10/19/candace-owens-found-her-place-conservative-politics-age-donald-trump-alongside-kanye/1521771002/. 17.08.23. 68 Owens argumentiert, dass die demokratische Partei eine entmündigende ›Opfermentalität‹ unter der afroamerikanischen Bevölkerung der USA befördert habe, indem sie im politischen Diskurs das Erbe der Sklaverei stark thematisiere, aber sich nicht wirklich für eine Verbesserung der Lebensbedingungen Schwarzer Menschen einsetze. Zudem redeten die Demokraten der afroamerikanischen Bevölkerung ein, die Republikaner seien rassistisch, um sich deren Wählerstimmen zu sichern. Vgl. hierzu Proft, Dan/ Jacobson, Amy (2017): Red Pill Black Creator Candace Owens on Her Journey From Left to Right. Chicago’s Morning Answer.com: http://morninganswerchicago.com/2017/10/26/red-pill-black-creator-candace-owens-journey-left-right/. 17.08.23 sowie Gallagher, Brandon (2018): Who is Candace Owens, Kanye West’s favorite new thinker? Dailydot.com: https://www.dailydot.com/debug/candace-owens/. 17.08.23. 69 Vgl. The Rubin Report (2017): On her journey from left to right. Youtube.com: https://www.youtube.com/watch?v=BSAoitd1BTQ. 17.08.23. 70 Vgl. Owens, Candace (2017): Mom, Dad....I’m a Conservative. Youtube.com: https://www.youtube.com/watch?v=dgKc-2rFcRw&t=3s. 17.08.23. 71 Vgl. hierzu Nagle: The Lost Boys. 72 Vgl. Mouffe, Chantal (2018): Für einen linken Populismus. Aus dem Englischen von Richard Barth. Berlin: Suhrkamp, S. 27; Mouffe: Über das Politische, S. 17 sowie Oppelt, Martin (2014): Thinking the World Politically: An interview with Chantal Mouffe. In: ZPTh – Zeitschrift für Politische Theorie, 5/2, S. 263–277, hier S. 266–268. Zum Begriff des Postpolitischen bzw. Postdemokratischen vgl. auch Rancière, Jacques (1996): Demokratie und Postdemokratie. In: Badiou, Alain/ Rancière, Jacques: Politik der Wahrheit. Hg. u. aus dem Französischen übersetzt von Rado Riha. Wien: Passagen-Verlag, S. 119–156; Crouch, Colin (2019): Post-Democracy and Populism. In: The Political Quarterly, 90/1, S. 124–137 sowie Jörke, Dirk (2005): Auf dem Weg zur Postdemokratie. In: Leviathan 33/4, S. 482–491. 73 Sean Rossman schreibt in diesem Zusammenhang, dass »Owens’ story of political conversion […] part of her pitch« sei. Vgl. Rossman, Sean (2018): Candace Owens’ rapid rise defending two of America’s most complicated men: Trump and Kanye. Eu.Usatoday.com: https://eu.¬usatoday.¬com/story/¬news/invest¬igations/-2018/¬10/19/¬candace-owens-found-her-place-conservative-politics-age-donaldtrump-alongside-kanye/-1521771002/. 17.08.23. Yiannopoulos wiederum hat eingestanden, wenn er die Wahl hätte, würde er sich für die Heterosexualität entscheiden, auch wenn dies seiner Karriere schaden würde. Vgl. hierzu: Dolan, Eric (2015): Comedian explodes on ›self-loathing‹ gay conservative who wants to be straight: Face it, ›you are gay as f*ck!‹ Rawstory.com: https://www.rawstory.com/2015/10/comedian-explodes-on-self-loathing-gay-conservative-who-wants-to-be-straight-face-it-you-are-gay-as-fck/. 17.08.23. 74 Vgl. Duffy, Nick (2016): University ignored warnings about far-right speaker, leaving him free to bully trans student on stage. Thepinknews.com: http://www.pinknews.co.uk/2016/12/15/university-ignored-warnings-about-far-right-speaker-leaving-him-free-to-bully-trans-student-on-stage/. 17.08.23. Dazu muss gesagt werden, dass aktuell in den USA zunehmend von konservativer Seite aus angeordnet wird, bestimmte Bücher aus den Bibliotheken und dem Buchhandel zu verbannen, etwa solche, die LGBTQ-Themen thematisieren. Generell seien, so Hochschild, in den USA heute weiße Männer weniger von staatlichen Regulierungen betroffen als Frauen oder schwarze Männer. Vgl. Hochschild: Fremd in ihrem Land, S. 101. Daub meint vor diesem Hintergrund, dass der Kampf gegen Cancel Culture und politische Korrektheit Teil eines konservativen »Backlash« sei, der aber im Gewand eines wehrhaften »Liberalismus« auftrete und somit sowohl (Neo-)Konservative als auch ›former liberals‹ bzw. Libertäre adressiert. Vgl. Daub: Cancel Culture Transfer, S. 341. 75 Martin Stiglegger schreibt, der ›QAnon-Schamane‹ verbinde in seiner cultural performance die Pragmatik des Aufstandes (Handschuhe, Megaphon) mit der kolonialistisch gefärbten indigenen amerikanischen Bildwelt und der nordischen Mythologie, die im Sinne der Neucodierung durch die rechtsextreme Szene gelesen werden könne. Vgl. Stiglegger, Marcus (2021): Neurechter Karneval. Die Ikonographie des ›QAnon-Schamanen‹. Literaturkritik.de: https://literaturkritik.de/die-ikonographie-des-qanon-schamanen,27555.html. 18.08.23. 76 Wie auch Angela Nagle jüngst beschrieben hat. Vgl. Nagle, Angela (2018): Die digitale Gegenrevolution. Online-Kulturkämpfe der Neuen Rechten von 4chan und Tumblr bis zur Alt-Right und Trump. Bielefeld: transcript. Vgl. hierzu auch Strick: Rechte Gefühle. 77 King, Andy (2021): Kampf um die Normies. Aus dem Englischen von Thomas Zimmermann. Jacobin.de: https://jacobin.de/artikel/kampf-um-die-normies-andy-king-alt-right-andrew-anglin-kulturelle-hegemonie-gramsci-alt-right-online-culture-war-meme-incels-doomer. 13.09.2021. 78 So betont die Neue Rechte die subversive und langfristige kulturpolitische Agitation. Eine »Kulturrevolution von rechts« nach Alain de Benoist soll somit vor allem in einem metapolitischen Paradigmenwechsel bestehen, den der Gründer des neurechten Thule-Seminars, Pierre Krebs wie folgt beschreibt: »Eine politische Revolution bereitet sich immer im Geist vor, durch eine langwierige ideologische Entwicklung innerhalb der zivilen Gesellschaft. Um zu ermöglichen, daß die neue politische Botschaft Fuß faßt (Tätigkeit der Partei), muß man zuerst Einfluß auf die Denk- und Verhaltensweisen nehmen (metapolitische oder kulturelle Tätigkeit). Die politische Mehrheit stützt sich also zuerst auf eine kulturelle, d.h. ideologische Mehrheit.« Krebs, Pierre (1988): Bilanz eines siebenjährigen metapolitischen Kampfes. In: ders. (Hg.): Mut zur Identität. Alternativen zum Prinzip der Gleichheit. Struckum: Verlag für ganzheitliche Forschung und Kultur, S. 331–360, S. 352. Vgl. hierzu auch Benoist, Alain de (1985): Kulturrevolution von rechts. Gramsci und die Nouvelle Droite. Krefeld: SINUS-Verlag sowie Fedders, Jonas (2019): Kulturrevolution von rechts. Die Diskursstrategien der Neuen Rechten. In: Berendsen, Eva/ Rhein, Katharina/ Uhlig, Tom David (Hgg.): Extrem unbrauchbar. Über Gleichsetzungen von links und rechts. Berlin: Verbrecher Verlag, S. 213–225, S. 216–217. 79 Fedders: Kulturrevolution von rechts, S. 219. 80 Vgl. hierzu nochmal Strick, der in aller Deutlichkeit schreibt, ›linke‹ Identitätspolitik kontrolliere im Gegensatz zu einer rechtsidentitären Politik niemanden, sondern mache »Unsichtbares sichtbar und diskutierbar, zum Beispiel die systematische Abwertung, Vernichtung und Stillstellung Schwarzen Lebens in den USA oder in Europa, historisch und aktuell. […] Niemand ist unfreier durch Identity Politics, Gender Theory, Queer Politics, Feminismus, Black Lives Matter und Rassismuskritik, nicht mal die Rassistin oder der Chauvinist. Alle – auch die Gegner*innen – gewinnen an Freiheit: Sie bekommen neue Antworten auf ihre Meinungen und einen größeren Resonanzraum, mehr Wissen und Informationen, was Gesellschaft ist und wie sie funktioniert.« Strick: Rechte Gefühle, S. 103–104. 81 Strick: Rechte Gefühle, S. 49. 82 In diesem Zusammenhang kann auch die Hipster-Ästhetik der rechtsextremen »Proud Boys« als Beispiel angeführt werden, die maßgeblich am Sturm auf das Kapitol beteiligt waren.