Editorial
Ab dieser Ausgabe, dem Heft 01/2022, erscheint die Kulturwissenschaftliche Zeitschrift nicht mehr länger, wie seit ihrer Gründung 2016, bei De Gruyter Poland/Sciendo, sondern nunmehr im Verlag Felix Meiner. Für die Entscheidung zum Verlagswechsel gab es produktionstechnische wie auch publikationspolitische Gründe.
Im Abwägungsprozess der Frage, ob es sinnvoll sein könnte, die KWZ bei einem neuen Verlag zu publizieren, ist uns sukzessive klar geworden, dass der technische und der politische Aspekt eines wachsenden Unbehagens miteinander zusammenhängen. Zum einen hatte sich bei uns wiederholt der Eindruck eingestellt, dass die letzten Jahre von einer Tendenz zur Entleerung der Beziehung zwischen Verlag und Zeitschrift geprägt waren, insofern jenseits der finanziellen Abwicklung von Verlagsseite kein Interesse daran festzustellen war, die KWZ gemeinsam zu einem qualitativ hochwertigen Medium der deutschsprachigen und internationalen Kulturwissenschaften zu entwickeln. Ein Bemühen darum, in irgendeiner Weise auf die Inhalte der KWZ einzugehen, war nicht vorhanden. Das zu konstatierende maximale Nichtverhältnis zu einem etwaigen Ethos geistes-, kultur- oder sozialwissenschaftlichen Publizierens führte in Verbindung mit einem digital standardisierten Produktionsprozess und einer unübersichtlichen Auslagerung der einzelnen Produktionsschritte dazu, dass die Redaktion viel Arbeit in die Qualitätssicherung investieren musste. Dies mag man – zumindest aus der Perspektive der beteiligten Redaktionsmitglieder – beklagenswert und vielleicht sogar ärgerlich, weil unnötig finden, weit schwerer wiegt aber der zweite Grund unserer Entscheidung: Angesichts der aus unserer Wahrnehmung problematischen Effekte, die das gegenwärtige »Publikationsregime«1 hinsichtlich von Themenselektionen, Publikationsfrequenzen und Forschungspraktiken auf die akademische Forschung hat,2 ist unser Schritt zum kleineren Traditionsverlag Felix Meiner durchaus auch der Versuch der Artikulation einer Kritik am Geschäftsmodell der Großverlage im Sinne Michel Foucaults, nämlich »nicht auf diese Weise und um diesen Preis regiert zu werden.«3 Dass die KWZ damit nicht komplett aus dem auf die Gewinnung und Verwertung von Daten ausgerichteten Publikationssystem und der es ermöglichenden digitalen Ökonomie aussteigt, ist offensichtlich. Wohl aber glauben wir, dass der Schritt weg von einem der drei den deutschsprachigen Markt dominierenden Verlage – Springer, De Gruyter, Brill – und hinein in eine andere, an der wissenschaftlichen Praxis interessierten und ihr zugewandten Verlagskultur zumindest einen kleinen Unterschied macht. Open Access in der Hand weniger, auf Profitmaximierung ausgerichteter Großverlage ist eben kein Open Access, kein freier Zugang mehr, wenn sowohl Autor*innen und Herausgeber*innen wie auch Leser*innen durch Veröffentlichungs- und Zugangskosten potentiell von der Wissenschaft ausgeschlossen werden. Konzeptionell und von ihrem wissenspolitischem Anspruch her bleibt die KZW, was sie bislang auch schon war: eine über ein Peer-Review-Verfahren qualitätsgesicherte Zeitschrift, die aufgrund des Engagements der DFG und der Kulturwissenschaftlichen Gesellschaft über ein Open-Access-Modell eine Möglichkeit eröffnet, als Autor*in wie als Leser*in themenoffen und unbehindert von finanziellen Zugangsbeschränkungen an der aktuellen kulturwissenschaftlichen Debatte zu partizipieren und diese mitzugestalten.
Fußnoten
1 Vgl. das entsprechende Heft »Publikationsregime« der Zeitschrift Mittelweg 36, H. 2 (2022). 2 Mit Blick auf die Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften vgl. Spoerhase, Carlos: Filetierte Vernunft. Veröffentlichungen in den Geistes- und Sozialwissenschaften. In: Mittelweg 36, H. 2 (2022), S. 4-13. 3 Foucault, Michel (1992): Was ist Kritik? Berlin: Merve, S. 12.