„Entlang der Farbenlinie“ W. E. B. Du Bois in Nazi-Deutschland
Abstract: The African-American sociologist and civil rights activist W. E. B. Du Bois (1868–1963) travels to Germany in 1936 for a five-month research stay. In his weekly column in the “Pittsburgh Courier,” he reports on the Olympic Games in Berlin, the Wagner Festival in Bayreuth, and vocational training at Siemens. In the last articles, which appeared after he had left the country, he presents his analysis of National Socialist society. He observes life in the totalitarian dictatorship “along the color line,” from a postcolonial perspective. To his own surprise, he finds that he himself experienced no discrimination, while the persecution of the Jews, which cannot be grasped with the category of “skin color,” surpasses in popular cruelty and government policy the racism he himself experienced and criticized in the United States. The essay discusses Du Bois’s reports from the German dictatorship on the basis of their first German-language edition and in the context of the debate about anti-Semitism versus colonial racism and “multidirectional memory.”
Keywords: W. E. B. Du Bois, Nazi-Deutschland, Reiseberichte, Rassismus, Antisemitismus
„I cannot get over the continual surprise of being treated like a human being.“
W. E. B. Du Bois in Deutschland, 19361
„I was several times mistaken for a Jew; [...] I stared and then said yes.“
W. E. B. Du Bois, Autobiography2
Warum hat ein afroamerikanischer Wissenschaftler Nazi-Deutschland bereist? Und wie hat er seine Eindrücke dokumentiert?
Von Februar 1936 bis Januar 1938 veröffentlichte W. E. B. Du Bois eine wöchentliche Kolumne im Pittsburgh Courier, insgesamt 98 Artikel.3 The Pittsburgh Courier, der von 1910 bis 1966 erschien, war zeitweise die auflagenstärkste afroamerikanische Wochenzeitung. Ihr Herausgeber war von 1910 bis 1940 der schwarze Rechtsanwalt und Politiker Robert Lee Vann. Die Kolumne trug den Titel „Forum of Fact and Opinion by Dr. W. E.B. Du Bois“. Ihre Titelgrafik enthielt ein gezeichnetes Porträt des Autors und war versehen mit der Bemerkung: „This column represents the personal opinion of Dr. Du Bois and in no way reflects the editorial opinion of The Pittsburgh Courier. – The Editor.“ Du Bois hatte in seinen Beiträgen eine gewisse Freiheit.
Mehr als 30 dieser Kolumnen, vom 13. Juni 1936 bis zum 10. April 1937, decken den Zeitraum einer Weltreise ab, von der Du Bois kontinuierlich berichtete.4 Sie führte von England über Belgien, Frankreich, Deutschland und Österreich nach Polen und Russland, mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Mandschukuo, China und Japan und über Hawaii zurück in die USA. Die Artikel, die sich auf Du Bois’ Ankunft in Westeuropa und auf seinen fünfmonatigen Aufenthalt in Deutschland beziehen, wurden 2022 erstmals in einer eigenen Edition dokumentiert.5 Es handelt sich im Wesentlichen um 21 Kolumnen vom 29. August 1936 bis zum 9. Januar 1937. In ihnen beschreibt Du Bois, wie er die nationalsozialistische Diktatur wahrgenommen hat – als Afroamerikaner, als Soziologe und als Deutschlandkenner, der dennoch im deutschsprachigen Raum nicht annähernd so bekannt und durch seine Schriften präsent ist wie im englischsprachigen.
1 „Black Bismarck“
William Edward Burghardt Du Bois (1868–1963) stammte von ‚freien Schwarzen‘ ab, von Sklaven und von Sklavenhaltern. Als Sozialwissenschaftler und Publizist wurde er zum bedeutendsten afroamerikanischen Intellektuellen seiner Zeit und als politischer Aktivist zu einem Ideengeber der Bürgerrechtsbewegung, des Panafrikanismus und der Black Studies. W. E. B. Du Bois war Mitbegründer der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP, 1909) und leitete von Beginn an ihre Zeitschrift, The Crisis (1910–1934).[note 6]
Als erster ‚Schwarzer‘ promovierte Du Bois an der Harvard University (1895). Überliefert ist seine Antwort auf die Frage, wie groß diese Ehre für ihn gewesen sei: „The honor, I assure you, was Harvard’s.“[note 7] Seine Doktorarbeit über The Suppression of the African Slave-Trade to the United States of America, 1638–1870 erschien als erster Band der „Harvard Historical Monograph Series“ (1896). Du Bois’ nächstes Werk, The Philadelphia Negro (1899), war die erste Fallstudie auf der Grundlage empirischer Feldforschung zu einer schwarzen community in den USA. Doch Du Bois veröffentlichte nicht nur zahlreiche Monografien, sondern auch Romane, ein Historienschauspiel und Gedichte. Er plante und initiierte eine – „afrozentrische“ – Encyclopedia Africana.8
Sein bekanntestes Werk ist der experimentelle Essayband The Souls of Black Folk (1903), in dem er sich verschiedener literarischer Formen bedient und nicht nur historisch und soziologisch, sondern auch psychologisch und kulturkritisch argumentiert.9 Die Bedeutung dieses Buches wurde mit jener von Harriet Beecher Stowes Roman Uncle Tom’s Cabin (1852) verglichen. Die „Souls“ im Titel, die „Seelen“ im Plural, erinnern an das Wort von Goethes Faust: „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust.“ Du Bois gebraucht den Begriff der „Seelen“, um die Psychologie der Schwarzen zu beschreiben, weil es für das „Bewusstsein“, „consciousness“, keinen Plural gibt und es ihm eben um zwei Seelen geht, zwei Bewusstseinszustände, ein „doppeltes Bewusstsein“: „this double consciousness, this sense of always looking at one’s self through the eyes of others“.10
Das ist der Kern seiner Theorie zur condition noire in Amerika: dass sich die Angehörigen der Minderheit nach den Maßstäben der Mehrheit beurteilen und es deshalb schwer haben, ein unabhängiges Selbstbewusstsein zu entwickeln, eine eigene Identität: „One ever feels his twoness, – an American, a Negro; two souls, two thoughts, two unreconciled strivings; two warring ideals in one dark body“.11 In einer Vorlesung in Berlin, an die sich Du Bois noch lange Zeit später erinnerte, hatte der antisemitische Historiker Heinrich von Treitschke erklärt: „Die Mulatt[e]n […] fühlen sich niedrig.“12
In der ‚McCarthy-Ära‘ der 1950er-Jahre wurde Du Bois als linker Intellektueller verfolgt, als angeblicher „ausländischer Agent“ verhaftet, vor Gericht gestellt – und freigesprochen. Man verweigerte ihm jedoch den Reisepass. Nach dieser Erfahrung distanzierte er sich im hohen Alter von den USA, indem er ihre Staatsbürgerschaft ablegte, der Kommunistischen Partei beitrat und nach Ghana auswanderte. Du Bois starb in Accra – einen Tag bevor Martin Luther King in Washington seine epochale Rede hielt: „I Have a Dream“ (1963). Im Jahr nach seinem Tod wurde die Bürgerrechtsgesetzgebung, der Civil Rights Act, beschlossen (1964), fast 100 Jahre nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861–1865) – ein Jahrhundert, das W. E. B. Du Bois (1868–1963) nahezu vollständig durchlebt hatte.
Der ikonische Status, den er erlangt hat, zeigt sich in zahlreichen Benennungen und Denkmälern sowie auf US-amerikanischen Briefmarken: einer 29-Cent-Marke von 1992 und einer 32-Cent-Marke von 1998. In Honorée Fanonne Jeffers’ Roman The Love Songs of W. E. B. Du Bois (2021), dessen Kapiteln Zitate von Du Bois als Mottos vorangestellt sind, wird er zum Symbol und zur Leitfigur einer afroamerikanischen Erfahrung über mehrere Generationen.13 Emphatisch empfohlen hat die Lektüre Barack Obama.14
W. E. B. Du Bois war indes nicht nur Schwarzer und Amerikaner, sondern Kosmopolit. Er kannte vor allem Deutschland sehr gut und hatte eine besondere Beziehung zur deutschen Kultur. Das Land erlebte er über einen Zeitraum von fast sieben Jahrzehnten in sehr unterschiedlichen Zuständen: vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und das ‚Dritte Reich‘ bis zur DDR. In den USA lernte und unterrichtete er die deutsche Sprache. Mit 20 Jahren schrieb er in elegantem Deutsch ein Prosagedicht, das sich unter dem Titel „Das Neue Vaterland“ an deutsche Einwanderer richtet, um sie vor den rassistischen Vorurteilen, die in den USA herrschten, zu warnen und als Verbündete der befreiten Sklaven hoffnungsvoll zu begrüßen.15 Seine Graduierungsrede an der Fisk University in Nashville hielt Du Bois 1888 über den Reichskanzler Otto von Bismarck, der ihn als Vorbild nationaler Identitätsbildung inspirierte.16 Er soll davon geträumt haben, für die Afroamerikaner die Rolle eines „schwarzen Bismarck“ zu spielen.17
Drei Semester studierte Du Bois in Berlin (1892–1894), bis das Ende seines Stipendiums ihn daran hinderte, dort auch seine Doktorarbeit zu schreiben. An dieses Gaststudium erinnern heute Gedenktafeln im Hauptgebäude der Humboldt-Universität Unter den Linden und an Du Bois’ Wohnhaus in der Oranienstraße 130 in Kreuzberg.18 In seiner Autobiografie, die erst nach seinem Tod erschien (1968), berichtet Du Bois von einer Liebe in Eisenach, von der Begegnung mit Korpsstudenten und Sozialdemokraten in der Reichshauptstadt und von seiner Begeisterung für den Kaiser. Bis ins hohe Alter trug der modebewusste Dandy einen ‚Kaiser-Wilhelm-Bart‘.19
Europa habe, erklärte Du Bois, seine Sicht auf die Welt „grundlegend verändert“. Dort schien der Rassismus viel weniger spürbar zu sein. Dort habe er seinerseits gelernt, Weiße nicht mehr nur als Weiße, sondern als Menschen wahrzunehmen. „Slowly they became, not white folks, but folks“.20 Dabei konnte er einen distanzierten Blick auf die amerikanische Welt der „Farbenvorurteile“ einnehmen. „In Germany in 1892, I found myself on the outside of the American world, looking in.“21
In Berlin studierte Du Bois unter anderem bei Max Weber (1864–1920), mit dem er später korrespondierte. In einem Brief aus Heidelberg vom 30. März 1905 teilte ihm der deutsche Soziologe seine Bewunderung für The Souls of Black Folk mit, und er bemühte sich, wenn auch vergeblich, um eine Übersetzung.22 1904 trafen sich die beiden in Saint Louis.23 1926 kehrte Du Bois nach Deutschland zurück. Erhalten ist ein Typoskript, in dem er seinen ersten und seinen neuen Aufenthalt miteinander vergleicht: „Germany, 1894–1926“.24 Ihn beeindruckten vor allem die moderne Metropole Berlin und die Wiederbelebung des Landes nach dem verlorenen Krieg: „in some respects Berlin is the greatest city in the world“, schreibt er. „Germany is a powerful land and one sees coming back the source of its power.“ Vom Aufstieg der Nationalsozialisten konnte er zu dieser Zeit noch nichts ahnen.
1936 verbrachte Du Bois fünf Monate in Deutschland, um als Soziologe vor Ort die industrielle Berufsausbildung zu studieren und in wöchentlichen Kolumnen für die Wochenzeitung The Pittsburgh Courier vom kulturellen Leben und vom Rassismus zu berichten. In seiner autobiografischen Schrift Dusk of Dawn (1940) fasst er diesen Aufenthalt in einem Absatz zusammen, der die Schönheit und das Elend der Welt einander widersprüchlich entgegensetzt:25
In 1936, my application to the Oberlaender Trust for a chance to restudy Germany was granted. I spent five months in Germany, and some time in England, France, and Austria, interviewing scholars on the encyclopaedia project. I then took a two months’ trip round the world. I was not allowed to stop as long in Russia as I would have liked; but I traversed it in a swift week from Moscow to Otpur. Then I spent a week in Manchoukuo, ten days in China, and two weeks in Japan. I seemed confirmed in the wisdom of my life choice by the panorama of the world which swept before in London and Paris; Berlin and Vienna; Moscow and Mukden; Peiping and Shanghai; Kyoto and Tokyo; and heavenly Hawaii. Singularly enough in that journey I was most impressed with the poignant beauty of the world in the midst of its distress.
Schließlich kam Du Bois 1958 in die DDR, um als 90-Jähriger an der Humboldt-Universität in Ost-Berlin die Ehrenpromotion entgegenzunehmen – zwei Drittel eines Jahrhunderts nach dem Beginn seines Gaststudiums.
Der Nachlass an der University of Massachusetts in Amherst („Du Bois Papers“) enthält mehr als 600 Zeugnisse zu Deutschland, davon 70 zu seiner Reise im Jahr 1936: Korrespondenzen mit dem Oberlaender Trust und mit dem Pittsburgh Courier, Postkarten vom Leibnizhaus in Hannover, vom Rothschildhaus und von der Judengasse in Frankfurt, Eintrittskarten und Programme für die Wagner-Festspiele in Bayreuth.[note 26]
2 Eine Zwischenzeit
Während der Olympischen Spiele im eigenen Land versuchten die Nationalsozialisten, auf ausländische Besucher und Berichterstatter einen möglichst harmlosen Eindruck zu machen, um die Weltöffentlichkeit über ihre Absichten zu täuschen. Die politische Situation in Deutschland im Jahr 1936 war indes nur scheinbar vergleichsweise ruhig. Du Bois bereiste das Land in einer Zwischenzeit nach der Durchsetzung der Diktatur und vor der Eskalation ihrer Gewalt. Im März 1936 waren deutsche Truppen in das entmilitarisierte Rheinland einmarschiert. Während Du Bois unterwegs war, begannen im Juli 1936 die Putschisten unter Francisco Franco den Spanischen Bürgerkrieg, den sie mit Unterstützung der deutschen „Legion Condor“ drei Jahre später für sich entscheiden sollten. Nur wenige Wochen nachdem die Olympischen Sommerspiele in Berlin stattgefunden hatten (1.–16. August), wurde am 25. November ebendort der „Antikominternpakt“ zwischen Deutschland und Japan unterzeichnet, dem wenig später Italien beitrat, als Vorläufer des „Achsen“-Bündnisses. Der Kolonialismus der alten Imperien England und Frankreich und sogar des kleinen Belgien im viel größeren Kongo war derweil ungebrochen. In einem letzten kolonialen Eroberungskrieg hatte das faschistische Italien 1935 Abessinien (Äthiopien) überfallen und im Mai 1936 dessen Hauptstadt Addis Abeba eingenommen.
1935, im Jahr bevor Du Bois nach Deutschland reiste, hatte die deutsche Regierung die Nürnberger „Rassengesetze“ erlassen. Im Jahr nachdem seine letzten Reiseberichte erschienen, verschärfte das Regime die Judenverfolgung in den Pogromen vom 9. November 1938 zu einer landesweiten Kampagne öffentlicher Gewalt. Im Sommer 1941, fünf Jahre nach seinem Aufenthalt, veröffentlichte Du Bois einen Artikel über die nationalsozialistische Neuordnung Europas, in den auch seine Eindrücke von 1936 eingingen: „Neuropa“.27 1949 besichtigte er die Ruinen des Warschauer Ghettos.
3 Von Berlin nach Hawaii
Nachdem er die Bürgerrechtsbewegung NAACP und ihre Zeitschrift The Crisis im Streit über seine Idee einer Selbstsegregierung 1934 verlassen hatte, weitete sich Du Bois’ Perspektive, sie wurde internationaler. Um nach Deutschland zurückkehren zu können, bewarb er sich 1935 um ein Stipendium des Oberlaender Trust, den Deutsch-Amerikaner eingerichtet hatten, um den Austausch zwischen den USA und den deutschsprachigen Ländern zu fördern. Während Du Bois’ eigentliches Interesse dem Rassismus im ‚Dritten Reich‘ galt, man ihm von einem entsprechenden Gesuch jedoch abriet, bezog sich sein unverdächtiges Forschungsprojekt schließlich auf die Berufsausbildung in der Industrie in Deutschland und Österreich, von der er sich Anregungen für die Schwarzen in den USA erhoffte. Zugleich entwarf er Buchprojekte, die er allerdings nicht vollenden konnte: Sie hatten die Arbeitstitel A World Search for Democracy (als autobiografischer Roman über Faschismus, Kommunismus und Demokratie)[note 28] bzw. Russia and America (als vergleichende Studie über die politischen Systeme der USA und
der Sowjetunion)29.
Der Anthropologe Franz Boas hatte ihn gewarnt, dass er im Totalitarismus womöglich nur „Potemkinsche Dörfer“ zu sehen bekommen werde.30 Ebenfalls aus jüdischer Sicht kritisierte Victor Lindeman, Geschäftsmann in New Jersey, Du Bois’ Entscheidung, überhaupt nach Deutschland zu reisen, in polemischem Ton (er sei, schrieb er Du Bois, „highly amused“, von dessen Plänen zu erfahren, die er entschieden ablehne).31 Du Bois verteidigte sein Vorhaben, möglichst unvoreingenommen wissenschaftlich zu beobachten.32 Und er kündigte an, dass er nach seiner Ausreise öffentlich zu Nazi-Deutschland Stellung nehmen werde.
Zunächst jedoch reiste er in die Metropolen der großen Kolonialreiche Europas: England, Frankreich und Belgien. Das British Empire, stellte er fest, war längst ein ‚farbiges‘ Weltreich. In Paris waren schwarze Franzosen als Lehrer, Studenten, Künstler, Schaffner und Soldaten bereits eine Normalität. In Belgien setzte er sich mit der Geschichte des Kolonialismus auseinander, indem er das Kongo-Museum in Tervuren besuchte und sich mit Kollegen austauschte.
Fünf Monate, von Juli bis November 1936, verbrachte Du Bois in Deutschland: in Berlin, München, Bayreuth und an zahlreichen anderen Orten. In seiner Kolumne fasst er das Ausmaß seiner Deutschlandreise wie folgt zusammen:33
Ich bin in allen Teilen Deutschlands gewesen: in Preußen, einschließlich Mecklenburg, Brandenburg, Hannover und Schlesien. Ich habe die Hansestädte im Nordwesten und in Ostpreußen gesehen, habe auf die Nordsee und die Alpen geschaut und bin durch Sachsen, Thüringen, Westfalen, Württemberg und Bayern gereist. Ich sah das Wasser von Rhein, Elbe, Weser, Oder und Donau. Ich habe alle großen deutschen Städte besucht: Berlin, Hamburg, Lübeck, Bremen, beiderlei Frankfurt, Köln, Mainz, Stuttgart, Breslau und München und nicht zu vergessen Wien und Straßburg.
Nach der Ausreise aus der Diktatur erscheint Österreich in Du Bois’ Bericht als erholsames Gegenbild. Ähnlich haben Virginia Woolf (1935)[note 34], Albert Camus (1936)[note 35] und Martha Dodd (1933–1937)[note 36] das Land vor dem „Anschluß“ 1938 gleichsam als das ‚bessere Deutschland‘ wahrgenommen. Hier konnten sie aufatmen – „außer Hörweite“ der „Heil Hitler!“-Rufe, wie Woolf in ihr Tagebuch schrieb.
Von Deutschland und Österreich führte die Reise über Polen nach Russland, Mandschukuo (damals ein japanischer Satellitenstaat), China und Japan. Das heißt: Nach Nazi-Deutschland sah Du Bois vier weitere autoritäre Gesellschaften. Aber seine Urteile über sie fallen weniger kritisch aus als im Fall Deutschlands, dessen Geschichte, Kultur und Sprache er viel besser kannte und das er daher scharfsichtiger beobachten konnte. Zu seinen Irrtümern gehören aus heutiger Sicht die Annahmen, die Sowjetunion sei im Begriff, eine sozialistische Gesellschaft zu verwirklichen, und das Kaiserreich Japan, das 1905 mit Russland eine europäische Großmacht besiegt hatte, schaffe ein Gegengewicht zum westlichen Imperialismus, indem es einen vermeintlich gütigen „farbigen Kolonialismus“ ausübe, „[a] colonial enterprise by a colored nation“.[note 37] Rassistische Gewalt unter japanischer Herrschaft, glaubt Du Bois, sei undenkbar: „A lynching in Manchoukuo would be unthinkable.“38 Die Massaker von Nanking ein Jahr später sollten solche Annahmen widerlegen. Die Illusionen, die sich Du Bois über die Sowjetunion machte, sind umso erklärungsbedürftiger, als er in seinen Kolumnen über Nazi-Deutschland beide Totalitarismen miteinander vergleicht und dabei sogar tabellarisch eine weitgehende Parallelität feststellt. Die Nazis, bemerkt er, hätten die Methoden der Sowjets nachgeahmt (wenn auch nicht deren Ziele). Wie ist dieser Widerspruch zu verstehen? Du Bois teilte die Hoffnung einiger linker Intellektueller auf einen alternativen Gesellschaftsentwurf. Als Angehöriger einer unterdrückten Minderheit hatte er einen kritischen Blick auf die USA und suchte nach einem Gegenmodell in der Weltpolitik. Aber eine Erklärung liegt wohl auch in der Kürze seines Aufenthalts.
Als Martha Dodd, die Tochter des Botschafters der USA in Berlin, William Edward Dodd, von Deutschland aus 1934 die Sowjetunion besuchte, waren ihre Eindrücke ähnlich romantisch und exotisch wie ihre ersten Eindrücke von Deutschland. Doch während sie ihre Einstellung gegenüber diesem Land allmählich verändern konnte, weil sie dort vier Jahre verbrachte, kehrte sie aus der Sowjetunion nach wenigen Wochen wieder zurück, bevor sie eine vergleichbare Entwicklung durchlaufen konnte – und das Kapitel in ihren Erinnerungen My Years in Germany (1939, in den USA unter dem Titel Through Embassy Eyes veröffentlicht) blieb eine oberflächliche Phantasie.39
Am Ende von Du Bois’ Reise stand die Insel Hawaii, die er als einen post-ethnischen und postrassistischen Sehnsuchtsort beschreibt: „that marvelous experiment in race mingling that lies in the midst of the Pacific“. Hawaii wird im doppelten Sinn zu einem Ziel: „a place beckoning to us“.40 Seinen wohlkomponierten Reisebericht beschließt der Korrespondent, als er in die USA zurückkehrt, mit einem optimistischen Ausblick, indem er auf Afroamerikaner verweist, die als Philosoph oder Lehrer, als Architekt oder Richter Erfolg haben und daher als Vorbilder wirken können.
In seinem Roman Worlds of Color (1961), dem letzten Teil der Trilogie The Black Flame, hat Du Bois seine Erfahrungen fiktionalisiert.41 Dort reist der Protagonist, Manuel Mansart, mit Unterstützung einer deutsch-amerikanischen Stiftung nach München, wo er das Deutsche Museum und das Hofbräuhaus besucht, nach Bayreuth in die Stadt Richard Wagners und zu den Olympischen Spielen nach Berlin. Hier beschäftigt er sich mit der beruflichen Ausbildung bei Siemens. Dabei übernimmt Du Bois sogar wörtlich Formulierungen aus seinen Kolumnen für den Pittsburgh Courier. In den verschiedenen Gattungen, als Journalist wie als Schriftsteller, geht es ihm um das gleiche Anliegen: die kritische Wahrnehmung eines Landes bzw. der Welt aus einer ‚schwarzen‘ Perspektive.
4 Gleichstellung und Gleichschaltung
Wie konnte und sollte die Gleichstellung der Schwarzen in den USA und anderswo erreicht werden? Über diese Frage setzte sich Du Bois mit Booker T. Washington (1856–1915), dem einflussreichen Gründer einer Berufsschule für Afroamerikaner in Tuskegee, Alabama, öffentlich auseinander. Während Washington eine praktische Ausbildung für einfache Berufe förderte, setzte Du Bois auf eine klassische Bildung, die ein schwarzes Bildungsbürgertum hervorbringen sollte: „The Talented Tenth“. Seine Kritiker warfen ihm eine elitäre Haltung und einen entsprechenden Habitus vor.
In seiner Forschung zur beruflichen Ausbildung bei Siemens kam Du Bois 1936 auf diese Problematik zurück. Im Deutschen Museum in München befasste er sich begeistert mit Wissenschaft undTechnologie. Bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth feierte er die Hochkultur ausdrücklich im Sinne einer Ermächtigung der Schwarzen, die sie sich aneignen sollten. Aber bei den Olympischen Spielen sah er auch den Wert der Populärkultur für die Anerkennung der Leistungen von Minderheiten.
Du Bois war mit positiven Erinnerungen nach Deutschland gekommen und mit einem eurozentrischen Kulturverständnis, vor allem jedoch als Forscher und als Reporter. Differenziert beschreibt er die Vorzüge der industriellen Berufsausbildung, aber auch den Umstand, dass diese vom Staat gelenkt wird; die modernen Methoden der musealen Darstellung, aber auch die Tatsache, dass diese nationalistischen Zielen dient. Bei den Olympischen Spielen, die vom Regime inszeniert wurden, konzentriert er sich auf die Rolle schwarzer Athleten. Im Leben wie in den Opern von Richard Wagner, der von den Nationalsozialisten vereinnahmt wurde, sieht er Anregungen für Afroamerikaner. Du Bois’ Reiseberichte geben ein ausgewogenes, mehrdeutiges, vorsichtiges Bild des Lebens im deutschen Totalitarismus.42 Aber nur bis zu einem gewissen Punkt.
Denn Du Bois berichtet in zwei Phasen. In seinen letzten Artikeln, von denen er wusste, dass sie erst nach seiner Ausreise aus Deutschland erscheinen würden, übte er eine offene Kritik an der nationalsozialistischen Diktatur. Bis dahin musste er befürchten, dass er Repressalien zu erleiden gehabt hätte. Anders als Radiobeiträge, deren Manuskripte eine Zensur durchliefen, bevor sie gesendet wurden, konnten Texte mit der Post unzensiert ins Ausland gelangen, aber ihre Veröffentlichung konnte Vergeltungsmaßnahmen oder die Ausweisung nach sich ziehen. Erst gegen Ende seines Aufenthalts präsentiert Du Bois daher seine Analyse zu Adolf Hitler, zum Nationalsozialismus und zur totalitären Diktatur in einer Reihe von mehreren zusammenhängenden Kolumnen. Du Bois’ Befund zum Verhalten der breiten Bevölkerung ist eindeutig: „Germany in overwhelming majority stands back of Adolf Hitler today.“ 43 Und seine Vorhersage sollte mit unheimlicher Genauigkeit zutreffen: „they are going to uphold Hitler at any cost“.44
Warum, fragt Du Bois, konnte Hitler an die Macht kommen? Als Historiker berücksichtigt er eine unmittelbare Krise („He showed Germany a way out“)45 ebenso wie eine längere Mentalitätsgeschichte: die longue durée eines alten Obrigkeitsdenkens („the old German idea of the state“).46 Als Soziologe diskutiert er die faschistische Sozialpolitik. Als Psychologe sieht er, wie die Bevölkerung unter Terror und Gleichschaltung leidet. Aber er hebt vor allem die Bedeutung massenhafter Manipulation hervor: „The greatest single invention of the World War was Propaganda.“47 Über Hitler schreibt er: „He was a popular orator just at the time that the radio and loud speaker made speaking a possible state monopoly. All that was needed was a plausible philosophy, and propaganda.“48
Sehr ähnlich beschrieb nur ein halbes Jahr später John F. Kennedy seine Eindrücke, als er im Sommer 1937 als Student Deutschland bereiste und in München ebenfalls das Deutsche Museum sowie das Hofbräuhaus besuchte: „Hitler seems so popular here as Mussolini was in Italy, although propaganda seems to be his strongest weapon.“49 Kennedy sah, wie wirkungsvoll charismatische Führung in Deutschland inszeniert wurde, und er sah auch die Kriegsgefahr. Viele ausländische Besucher gaben in ihren Zeugnissen einen zuverlässigeren Eindruck von der massenhaften Gefolgschaft als deutsche Zeitzeugen in ihren Aussagen nach 1945.50
5 Reisen ins Reich – aus der Ferne
Der Fokus der Artikel, die Du Bois über Deutschland verfasste, wird besonders deutlich, wenn wir sie mit Zeugnissen vergleichen, die andere internationale Beobachter veröffentlicht oder hinterlassen haben.
Virginia Woolf zum Beispiel hielt 1935 in ihrem Tagebuch fest, wie der Totalitarismus während ihrer Durchreise psychisch auf sie wirkte: als Faschismus im Selbstversuch. Bei Albert Camus schlug sich ein Aufenthalt im Jahr 1936 in atmosphärisch düsteren Anspielungen in seinem Notizbuch, in einem Essay und in einem Romanfragment nieder, das die Grundlage für den Roman L’Étranger (1942) bildete. Thomas Wolfe, der wie Du Bois die Olympischen Spiele in Berlin erlebte, schildert in einer Novelle, wie sich seine Sympathie für Deutschland in Ablehnung verwandelte. Als er beobachtet, wie ein Jude an der Grenze verhaftet wird, begreift der Erzähler dies als Deportation in den Tod. Der Text endet mit der poetischen Andeutung einer Apokalypse: „The wind is rising and the rivers flow.“51
Samuel Beckett wiederum nahm die Diktatur sarkastisch wahr, während er 1936/37 durchs Land reiste. Er interessierte sich vor allem für moderne Kunst, die gerade verboten wurde, und für die deutsche Sprache, die der Nationalsozialismus veränderte. Im Verlauf des halben Jahres, das er in Deutschland verbrachte, steigerte sich sein Widerwille bis zum Überdruss. In sein Tagebuch schrieb Beckett schelmisch: „What a Schererei this trip is becoming.“52
Jean Genet, der Deutschland 1937 als Landstreicher durchquerte, stellte im Journal du voleur (1949) verwirrt fest, dass die kriminelle Haltung,mit der er gegen die französische Gesellschaft rebellierte, sich dort allgemein durchgesetzt hatte: „Dies ist ein Volk von Dieben […]. Wenn ich hier stehle, vollbringe ich keine besondere Handlung, durch die ich mich auszeichnen könnte. […] Ich stehle ins Leere.“53
Der Journalist William Shirer hat sich in seinem bekannten Berlin Diary (1934–1940), obwohl er es vor der Veröffentlichung 1941 bearbeitete, bemerkenswert wenig für die Judenverfolgung interessiert.54 Martha Dodd dagegen forderte die Regierungen der USA und Großbritanniens bereits vor dem Krieg auf, Hitler entschlossen entgegenzutreten, ehe er sein Programm eines Völkermordes verwirklichen könnte. Eindringlich warnte sie die demokratischen Öffentlichkeiten: „Hitler has been steadily and surely effecting the liquidation of German Jewry.“55 Für die aufmerksame Beobachterin war schon damals erkennbar, dass die Nazis die Juden nicht nur entrechten, sondern ermorden würden: „Fascism […] is bent on the extermination of their people.“56
Ausländische Zeugen konnten die Diktatur mit fremdem Blick wahrnehmen und dabei besondere Einsichten gewinnen – über die Einheimischen ebenso wie über sich selbst. Denn ihre Position in der totalitären Gesellschaft war ambivalent, zugleich privilegiert und prekär, ein Extremfall ‚teilnehmender Beobachtung‘. Ausländer waren weniger befangen als einheimische Zeitzeugen. Sie erlebten die Diktatur plötzlich und konnten ihre Beobachtungen mit ihrem Vorwissen und mit der Situation in ihrer Heimat vergleichen. Ihre Wahrnehmung konnte sich dabei verändern, nur selten blieben die Besucher von ihren Erlebnissen unberührt, viele änderten vor Ort ihre Einstellung. Eine differenzierte Darstellung wurde dabei begünstigt durch die künstlerische Form. Denn ausländische Autoren verfügten über ein breiteres stilistisches Repertoire, das Zwischentöne zuließ und Mehrdeutigkeiten begünstigte. Als die Deutschen künstlerisch längst gleichgeschaltet waren und auch formal strengen Vorgaben unterlagen, standen auswärtigen Besuchern moderne literarische Verfahren zur Verfügung.57
Bei Reisen in den Totalitarismus kann daher gelten: Der fremde Blick sieht mehr. Aber sieht der fremdere Blick noch mehr? Neben Reisenden aus Frankreich, Großbritannien oder den USA kamen auch Beobachter aus Ländern bzw. Kulturen, für die Informationen über Deutschland oder entsprechende Kontakte weniger leicht verfügbar waren.58 So musste ein Student aus China namens Shi Min, der mit den autoritären Kuomintang sympathisierte, 1938 in seinem Bericht überrascht und verstört feststellen, dass sich die nationalistische Politik im ‚Dritten Reich‘, das ihn eigentlich beeindruckte, gegen Menschen wie ihn selbst richtete.59
Der brasilianische Schriftsteller João Guimarães Rosa war von 1938 bis 1942 Konsul in Hamburg und führte von August 1939 bis Ende Januar 1942 ein Tagebuch.60 Seine deutsche Erfahrung hat er in Erzählungen verarbeitet, in denen er sich deutscher Begriffe bedient – von „Wotan“ bis zu „Hagenbecks Tierpark“.61 In einem Kapitel seines Romans La consagración de la primavera (1978) erzählt der Kubaner Alejo Carpentier von einer (wohl fiktiven) Reise nach Weimar, wo der Geruch von Lederstiefeln die Atmosphäre bestimmt.62
Weil ihr Stiefvater deutschstämmig war, verschlug es Virginia Grütter im Zuge eines Austauschs internierter Zivilisten mitten im Krieg als junges Mädchen von Costa Rica nach Deutschland. Die Perspektive ihres poetischen Zeugnisses, Los amigos y el viento (1956), ist gleich in dreifacher Hinsicht eine fremde: Als Jugendliche blickt María, die Erzählerin, auf die Gewalt eines Krieges der Erwachsenen; als junge Frau beschreibt sie eine Welt der Männer; und als Lateinamerikanerin wird sie in die deutsche Geschichte hineingerissen. In das Idyll der exotischen Natur im ländlichen Bayern, dem der Wechsel der Jahres zeiten einen ungewohnten Rhythmus gibt, brechen die Schrecken von Terror und Krieg umso drastischer herein.63
Der Inder Subhas Chandra Bose, Mahatma Gandhis Rivale im Kampf gegen die britische Kolonialherrschaft, reiste sogar mehrfach ins ‚Dritte Reich‘: zwischen 1933 und 1938 jedes Jahr sowie für längere Zeit während des Krieges, von April 1941 bis Februar 1943.64 In Badgastein heiratete er eine Deutsche, in Wien wurde die gemeinsame Tochter geboren.65 Bose rekrutierte in Deutschland indische Kriegsgefangene für eine „Indische Legion“, die gegen die Engländer kämpfen sollte. Über ein Radioprogramm sendete er Propaganda in sein Heimatland. Es kam sogar zu einem Treffen mit Adolf Hitler. 1943 wurde der indische Bundesgenosse des „Führers“ in einem U-Boot nach Japan gebracht. 1945 kam er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Nach dem Kalkül, dass der Feind eines Feindes ein Freund sei, hatte der Befreiungskämpfer gegen den Kolonialismus einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Anders als Bose paktierte Du Bois niemals mit den Nationalsozialisten – aber er verfasste 1953 eine Eloge auf Stalin. 66
6 Afrikanische Blicke
Auch Afrika und Afrikaner spielen in Berichten aus Nazi-Deutschland vereinzelt eine Rolle. Die dänische Schriftstellerin Karen Blixen ging 1940 als Journalistin nach Bremen und Berlin und verfasste einen dreiteiligen Bericht unter dem Titel „Briefe aus einem Land im Krieg“.[note 67] Nachdem sie lange Zeit in Kenia gelebt und über diese Erfahrung geschrieben hatte, vor allem den autobiografischen Roman Out of Africa (1937), bezieht sich Blixen auch in ihrem deutschen Reisebericht auf den afrikanischen Kontinent. Afrika bildet hier den Hintergrund ihrer Erfahrung und wird zu einer Metapher für das fremde bzw. fremd gewordene Nachbarland. So besucht sie in Bremen ein Kolonialdenkmal, und in der Nacht stellt sie sich vor, sie sei wieder in Kenia. Über ihren deutschen Stadtführer schreibt sie: „Er hatte dieselbe Eigenart wie meine schwarzen Leute in Afrika.“ 68 Den Nationalsozialismus vergleicht sie mit der Aggressivität des frühen Islam.
Der ‚fremde Blick‘ eines ‚Schwarzen‘ auf das nationalsozialistische Deutschland wurde in der Literatur satirisch simuliert. In der Tradition der Lettres Persanes von Montesquieu veröffentlichte der deutsche Emigrant Carl Brinitzer unter dem Pseudonym Usikota 1938 in England einen fiktiven Bericht mit dem Titel Zulu in Germany. The Travels of a Zulu Reporter amongst the Natives of Germany. His Dispatches to the „Zulu Post“.69 Listig ködert er die Leserinnen und Leser mit ihrem eigenen Rassismus, indem sich Usikota mit seinem pseudo-afrikanischen Blick auf die totalitäre Gesellschaft anfangs naiv begeistert gibt. Der afrikanische Reporter ist beeindruckt von den deutschen Eingeborenen („the German tribe“70), die von einem mächtigen „Häuptling“ („the great chief“71) regiert werden und sich „ungeheure Hütten“ („monumental huts“) erbaut haben, in München etwa „the brown hut“ oder „the hut of German art“72. Zulu in Germany ist unter den Berichten über Nazi-Deutschland ein seltenes Beispiel für das kritische Verfahren ironischer Zustimmung. Allmählich kommt es zu einer Verkehrung zwischen den angeblich ‚Wilden‘ und den vorgeblich ‚Zivilisierten‘. Der fremde Blick wird übersteigert und umgewand(el)t. Als der Korrespondent am Ende verschollen ist, muss sich sein Redakteur Sorgen machen, da die perverse Brutalität der Deutschen bereits damals allgemein bekannt ist: „Were you slain by the natives of Germany? Were you roasted in a fire and then eaten by them?“73 Die gespielte Begeisterung vergeht in wirklichem Grauen.
Aber es gibt nicht nur metaphorische oder satirische Bezüge auf Afrika. Das Leben wirklicher Schwarzer in Nazi-Deutschland wird seit einigen Jahren historiografisch und biografisch erforscht.74 Und es gibt authentische literarische Zeugnisse. Léopold Sédar Senghor geriet 1940 in Frankreich in deutsche Kriegsgefangenschaft und schrieb im Lager den Gedichtzyklus „Hostiesnoires“.75 Senghor wurde zu einem Protagonisten der Négritude-Bewegung und zum ersten Präsidenten des Senegal.
7 „Was ist mit der Farbenlinie?“
Im Jahr 1900 erklärte Du Bois den Rassismus zum Problem der Epoche: „The problem of the Twentieth Century is the problem of the colorline.“[note 76] Die leitende Frage, der er in seinen Reiseberichten im Pittsburgh Courier nachgeht, lautet entsprechend: Welche Rolle spielen Unterschiede der Hautfarbe? „What of the color-line?“[note 77] In Europa bzw. in Deutschland beobachtet Du Bois „along the color line“, „entlang der Farbenlinie“[note 78], das heißt: Er nimmt ausdrücklich eine afroamerikanische, eine ‚schwarze‘ Perspektive ein: auf Politik, Gesellschaft, Arbeitswelt, Wissenschaft, Sport und Kultur. Sogar das deutsche Wort „Schaden-Freude“ erklärt er am Beispiel der Genugtuung von Schwarzen, die andere Schwarze in deren Bemühen, für weiß gehalten zu werden (also beim Versuch des „passing“), scheitern sehen.79
Überraschenderweise jedoch gibt Du Bois an, ausgerechnet im nationalsozialistischen ‚Rassenstaat‘ selbst keine Diskriminierung erfahren zu haben. „I have complete civic freedom and public courtesy.“80 In den USA wäre dies unter den Bedingungen der „Rassentrennung“ und eines alltäglichen Rassismus, der sich gegen die Nachkommen der versklavten Afrikaner und Afrikanerinnen richtete, unmöglich gewesen. „It would have been impossible for me to have spent a similarly long time in any part of the United States, without some, if not frequent cases of personal insult or discrimination. I cannot record a single instance here.“81
Wurde der elegante, höfliche Wissenschaftler aus den USA, wie sein Biograph David Levering Lewis vermutet, gewissermaßen als „Arier ehrenhalber“ behandelt?82 Jesse Owens war bei den Olympischen Spielen ein Star. Aber Adolf Hitler verweigerte ihm die Anerkennung und hatte sich in Mein Kampf auch über Schwarze verächtlich geäußert. Der Rassismus war in Deutschland weit verbreitet, wovon zum Beispiel Hans Massaquoi als einer der wenigen afrodeutschen Zeitzeugen in seinen Memoiren berichtet hat.83 Oder wollte Du Bois seine Leser in den USA rhetorisch provozieren, indem er ihnen ausgerechnet ein faschistisches Land vorhielt, in dem er als Schwarzer freundlicher behandelt worden sei?
Wie aber würde Du Bois einen Rassismus verstehen, für den die Hautfarbe keine Rolle spielte? Wie konnte er den Antisemitismus begreifen, der nicht „entlang der Farbenlinie“ verübt wurde, sondern unter Weißen, ohne offensichtliche äußere Unterschiede? Und wie würde er dies seinen afroamerikanischen Leserinnen und Lesern vermitteln, unter denen judenfeindliche Vorstellungen ebenfalls verbreitet waren?
Die Situation der Schwarzen in den USA war zur gleichen Zeit, zumindest auf den ersten Blick, ähnlich bedrückend wie die der Juden in Deutschland: öffentliche Beleidigung, allgemeine Benachteiligung, verordnete „Rassentrennung“ und immer wieder auch organisierte Gewalt. Hitler konnte sich durch amerikanische Beispiele bestätigt fühlen.84 Aber entsprach die Verfolgung der Juden in Deutschland im Jahr 1936 wirklich der Diskriminierung der Schwarzen in den USA? Oder waren bei genauerer Betrachtung bereits damals entscheidende Unterschiede festzustellen?
Gemeinsamkeiten sah Du Bois in den stereotypen Vorurteilen, zum Beispiel im Phantasma bedrohlicher Sexualität, und in der Reaktion der Betroffenen, die sich möglichst unauffällig verhielten.85 Aber er erkannte auch die Besonderheit, die „nicht vergleichbare“ Dimension der Judenverfolgung. Der Judenhass im deutschsprachigen Raum war, wie er bemerkte, schon lange ein gleichsam „gefühlsmäßiges Vorurteil“ („instinctive prejudice“), ein kulturell eingeübter Affekt. Dieser wurde ökonomisch geschürt und ideologisch verklärt („reasoned prejudice“).86 Was der Faschismus den Menschen bot, waren nicht nur Arbeitsbeschaffungs- und Bauprogramme, sondern auch emotionale Angebote der Selbstüberhöhung und der feindseligen Projektion: „new songs, new ideals, a new state, a new race“. 87
Bereits im Jahr 1936 war die Verfolgung der Juden in Deutschland verschärft, sie war schlimmer als der Rassismus in den USA, wie Du Bois beobachtete, weil sie umfassend gelenkt und rechtlich vorgeschrieben wurde und sich besonders fanatisch und aggressiv äußerte. „There is a campaign of race prejudice carried on, openly, continuously and determinedly against all non-Nordic races, but specifically against the Jews, which surpasses in vindictive cruelty and public insult anything I have ever seen; and I have seen much.“88
Die vergleichende Perspektive, die Du Bois einnimmt, kommt auch in einem Artikel in der New Yorker Staatszeitung und Herold vom 30. Januar 1937 zum Ausdruck, der anhand eines Interviews mit ihm nach der Rückkehr in die USA seine Eindrücke aus dem ‚Dritten Reich‘ zusammenfasst.89 Der Unterschied zwischen dem Rassismus in den USA und dem Antisemitismus in Deutschland lag, wie Du Bois ausführt, darin, dass es dort nicht nur populäre Vorurteile und mehr oder weniger spontane Übergriffe gab, sondern eine gesetzmäßige, staatliche, systematische Verfolgung.
Die Tendenz dieser obrigkeitlichen Maßnahmen beschreibt Du Bois als genozidal. Die Nazis führten nicht bloß einen „Kampf“ („the fight on the Jew in Germany“)90, sondern tatsächlich einen „Weltkrieg gegen die Juden“ („world war on Jews“)91 . Dieser rassistische „Krieg“ zielte auf Auslöschung, er hatte, wie Du Bois 1936 erkannte, die Dimension eines Zivilisationsbruchs: „It is an attack on civilization.“92
8 Rassismus und Antisemitismus
In seinen Artikeln über Deutschland formuliert Du Bois Überlegungen zu Rassismus und Antisemitismus, die seinerzeit hellsichtig waren und heute von neuer Dringlichkeit sind. In seiner Theorie des Rassismus geht er davon aus, dass dieser seinen Gegenstand nicht vorfindet, sondern erfindet. Es gibt keine Rassen, sondern lediglich einen „myth of race“.[note 93] Oberflächliche Unterschiede werden ideologisch übertrieben und mit willkürlichen Wertungen versehen. Doch Verschiedenheit bedeutet nicht Minderwertigkeit. „Difference does not mean inferiority.“[note 94]
Du Bois’ Kulturtheorie beruht auf der Idee der Begegnung als wechselseitiger Veränderung: „Civilization is contact.“[note 95] Vermeintliche Identi-täten sind keineswegs eindeutig, sondern entwickeln sich an- und miteinander. Die „Farbenlinie“ ist so gesehen keine trennscharfe Unterscheidung („color line“) zwischen zwei gegensätzlichen „Farben“, ‚weiß‘ und ‚schwarz‘, sondern, wenn man den Begriff wörtlich nimmt, ein vielfarbiger Zwischenraum („color line“), in dem die Unterscheidungen fragwürdig werden.
Sein eigenes Verhalten beschreibt Du Bois zu Beginn der Reise als bewusstes Ignorieren von Diskriminierung: „I shall not mind.“96 Nach dem Begriff des Soziologen Erving Goffman, der den Umgang mit verschiedenen Formen der Stigmatisierung vergleichbar macht, betreibt er ein stigma management,97 eine Bewältigungsstrategie, die hinausläuft auf alltägliche Gleichgültigkeit oder gezieltes Ausweichen, auf intellektuelle Bildung und öffentlichen Protest.
Der psychologische Ansatz, wie er The Souls of Black Folk zugrunde liegt, fand seine Fortsetzung in Frantz Fanons Studie zur Psychologie und Psychopathologie des Kolonialismus, Peau noire, masques blancs (1952).98 In derselben Linie beschreibt der postkoloniale Theoretiker Homi Bhabha in The Location of Culture (1994) den Narzissmus und die Paranoia der Kolonialherren, die von ihren Subjekten widersprüchlich verlangen, sie nachzuahmen, aber wiederum nicht zu sehr („almost the same, but not quite“), denn dies würde die Unterscheidung in Frage stellen, auf der die koloniale Herrschaft beruht.99
Gegenwärtig wird in einem „Zweiten Historikerstreit“ die Frage diskutiert, wie verschiedene Gewaltgeschichten zueinander in Beziehung gesetzt werden können, ohne wechselseitig ihre Besonderheit zu relativieren.100 Ist die Schoa unvergleichlich, oder steht sie in der Kontinuität des Kolonialismus? Worin liegen die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede von Rassismus und Antisemitismus, von Postcolonial Studies und Holocaust Studies? Sind Juden weiß oder people of color? Besteht eine Konkurrenz zweier Opfer erfahrungen? Wie können Unterdrückte das Leid anderer Unterdrückter anerkennen?
Michael Rothberg hat den Begriff der „multidirektionalen Erinnerung“ (2009) vorgeschlagen, um verschiedene Gedächtniskulturen miteinander zu versöhnen.101 Und er hat W. E. B. Du Bois als „Modell“ gesehen, weil dieser den Völkermord an den Juden als Schwarzer zugleich in seiner Vergleichbarkeit und in seiner Unvergleichlichkeit verstand.102 In seinem Essay „The Negro and the Warsaw Ghetto“ (1952) berichtet Du Bois, wie ihm klar wurde, dass Menschen nicht allein aufgrund ihrer Hautfarbe („color“) verfolgt und ermordet werden.103 Schwarze und Juden erfuhren Verschleppung und Vertreibung (Sklaverei und Diaspora), Ausgrenzung und Absonderung (Segregation und Ghettoisierung), spontane und organisierte Gewalt (Lynching und Pogrome) – aber die Juden wurden zu Opfern eines staatlichen und industriellen Völkermordes. Du Bois beobachtete die Verfolgung der Juden in Deutschland aus der Sicht eines Menschen, der eine andere Verfolgung erfahren hatte, die vergleichbar, aber nicht gleich ist. Die Verfolgten, die Unterdrückten, die Opfer von Gewalt, so lässt sich seine Botschaft zusammenfassen, sollten sich verbünden.
Als er in seiner Autobiografie auf seine Reisen als Student in Europa zu sprechen kommt, erinnert sich Du Bois, wie er wiederholt für einen Juden gehalten wurde. Als ihn deshalb in Slowenien ein Kutscher fragte, ob er ihn zu einem jüdischen Gasthof bringen solle, antwortete Du Bois, indem er sich die Verwechslung zu eigen machte, nach einem Augenblick der Verblüffung, schlicht und einfach mit „ja“.104
Literaturverzeichnis
Primärquellen
Weitere Primärquellen
Forschung zu W. E. B. Du Bois
Weitere Forschung
Filme
Fußnoten
1 The Pittsburgh Courier, 9. Januar 1937. 2 The Autobiography of W. E. B. Du Bois: A Soliloquy on Viewing My Life from the Last Decade of Its First Century (1968), New York: International Publishers 2003, S. 175. 3 W. E. B. Du Bois, „Forum of Fact and Opinion“, in: The Pittsburgh Courier, 8. Februar 1937 bis 23. Januar 1938. Die Gesamtausgabe von Du Bois’ Publizistik hat die Texte nicht philologisch konstituiert: „Newspaper Columns“, 2 Bände, herausgegeben von Herbert Aptheker, White Plains, New York: Kraus-Thomson Organization 1986, Band 1, S. 81–186. 4 Von der Reise durch Europa und Asien berichten die Ko- lumnen vom 13. Juni 1936 bis 10. April 1937. Eine Auswahl der Artikel über Nazi-Deutschland erschien in Travels in the Reich, 1933–45. Foreign Authors Report from Germany, herausgegeben von Oliver Lubrich, Chicago: University of Chicago Press 2010, S. 135–151. 5 Der vorliegende Beitrag beruht auf der Forschung und dem Nachwort zur Edition von W. E. B. Du Bois, „Along the color line“. Eine Reise durch Deutschland 1936, herausge- geben von Oliver Lubrich, übersetzt von Johanna von Kop- penfels, München: C. H. Beck 2022. Die Zitate in deutscher Übersetzung entsprechen dieser Ausgabe. 6 David Levering Lewis, W. E. B. Du Bois: The Fight for Equality and the American Century, 1919–1963, New York: Henry Holt (Owl Books) 2001 [2000], insbesondere: S. 388–421 („Dictatorships Compared: Germany, Russia, China, Japan“) (Anmerkungen: S. 645–652). 7 Christina Pazzanese, „Giving Du Bois his due“, Interview mit Lawrence Bobo, in: The Harvard Gazette, 24. Oktober 2018. 8 Vgl. Herbert Aptheker, Annotated Bibliography of the Pu- blished Writings of W. E. B. Du Bois, Millwood (New York): Kraus-Thomson Organization 1973. 9 W. E. B. Du Bois, The Souls of Black Folk (1903), he- rausgegeben von Brent Hayes Edwards, Oxford: Oxford University Press 2008 [2007]; deutsch: Die Seelen der Schwarzen, übersetzt von Jürgen und Barbara Meyer- Wendt, Freiburg: orange-press 2003. 10 The Souls of Black Folk, a. a. O., S. 8. 11 Ebd. 12 The Autobiography of W. E. B. Du Bois, a. a. O., S. 165. 13 Honorée Fanonne Jeffers, The Love Songs of W. E. B. Du Bois, New York: HarperCollins 2021. 14 Barack Obama, „Barack Obama’s Favorite Books of 2021“, Twitter, 15. Dezember 2021. 15 W. E. B. Du Bois, „Das Neue Vaterland“, ca. 1888, W. E. B. Du Bois Papers (MS 312), Special Collections and University Archives, University of Massachusetts Amherst Libraries. 16 W. E. B. Du Bois, „Bismarck“, Manuskript der Abschluss- rede an der Fisk University, Juni 1888, W. E. B. Du Bois Pa- pers (MS 312), Special Collections and University Archives, University of Massachusetts Amherst Libraries. 17 Michael Janeček, „W. E. B. Du Bois and Otto von Bis- marck: Lessons from Germany“, in: Inter-Text 1 (2018), Article 15. 18 Gianna Zocco, „A ‚Modest Monument‘ Awaiting Comple- tion. Gianna Zocco talks to Jean-Ulrick Désert and Dorothea Löbbermann about the W. E. B. Du Bois Memorial at the Humboldt University of Berlin“, in: ZfL Blog, 16. Juli 2020. 19 The Autobiography of W. E. B. Du Bois, a. a. O., S. 22–23, 154–176, 269–270. 20 Ebd., S. 157. 21 Ebd., S. 157. 22 Max Weber, Briefe 1903–1905, herausgegeben von Gan- golf Hübinger und M. Rainer Lepsius in Zusammenarbeit mit Thomas Gerhards und Sybille Oßwald-Bargende, Tü- bingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 2015, S. 391–392, 395, 437–439, 467, 481; sechs Briefe an W. E. B. Du Bois, in: Lawrence A. Scaff, Max Weber in America, Princeton: Princeton University Press 2011, S. 257–260. 23 Dirk Kaesler, Max Weber. Eine Biographie, München: C. H. Beck 2014, S. 597–601 (Literaturhinweise: S. 973). 24 W. E. B. Du Bois, „Germany, 1894–1926“ [Entwurf eines Artikels über Deutschland von 1894 bis 1926], W. E. B. Du Bois Papers (MS 312), Special Collections and University Archives, University of Massachusetts Amherst Libraries. 25 W. E. B. Du Bois, Dusk of Dawn: An Essay Toward an Autobiography of a Race Concept (1940), herausgegeben von Henry Louis Gates, mit einer Einführung von Anthony Appiah, Oxford: Oxford University Press 2007, S. 22–24 (1892–1894) und 161 (1936). 26 Du Bois Papers, Special Collections and University Archi- ves, University of Massachusetts Amherst Libraries (MS 312). 27 W. E. B. Du Bois, „Neuropa: Hitler’s New World Order“, in: Journal of Negro Education 10:3 (Juli 1941), S. 380–386. 28 W. E. B. Du Bois, A World Search for Democracy, ca. 1937, W. E. B. Du Bois Papers (MS 312), Special Collection and University Archives, University of Massachusetts Am- herst Libraries. 29 W. E. B. Du Bois, Russia and America: An Interpretation, 1950, W. E. B. Du Bois Papers (MS 312), Special Collections and University Archives, University of Massachusetts Am- herst Libraries. 30 The Correspondence of W. E. B. Du Bois, herausgegeben von Herbert Aptheker, 3 Bände, Amherst: University of Mas- sachusetts Press 1973, Band 1, S. 134–136 (Correspondence with Franz Boas: American Committee for Anti-Nazi Litera- ture and Du Bois’s trip to Germany, April–May 1936). 31 Victor D. Lindeman, Briefe an W. E. B. Du Bois, 26. und 31. März 1936, W. E. B. Du Bois Papers (MS 312), Special Collections and University Archives, University of Massa- chusetts Amherst Libraries. 32 W. E. B. Du Bois, Brief an Victor D. Lindeman, 31. März 1936, W. E. B. Du Bois Papers (MS 312), Special Collections and University Archives, University of Massachusetts Am- herst Libraries 33 „Forum of Fact and Opinion“, 5. Dezember 1936. (Der Text enthält im englischen Original zahlreiche Fehlschrei- bungen, offenbar Satzfehler.) 34 The Diary of Virginia Woolf. Volume Four: 1931–1935, herausgegeben von Anne Olivier Bell mit Andrew McNeillie, San Diego/New York/London: Harcourt Brace & Company 1982, S. 310–312 (Einträge vom 9. und 12. Mai 1935). 35 Albert Camus, Carnets I. Mai 1935–Février 1942, Paris: Gallimard 1962, S. 55–56; L’envers et l’endroit, Algier: Charlot 1937, S. 45–47; La mort heureuse (1938), herausge- geben von Jean Sarocchi, Paris: Gallimard 1971, S. 113–122. 36 Martha Dodd, My Years in Germany, London: Victor Gollancz 1939. 37 „Forum of Fact and Opinion“, 13. Februar 1937. 38 „Forum of Fact and Opinion“, 13. Februar 1937. 39 Vgl. Oliver Lubrich, „Formen historischer Erfahrung: Die Metamorphosen der Martha Dodd“, in: Oxford German Studies 34:1 (2005), S. 79–102. 40 „Forum of Fact and Opinion“, 26. Dezember 1936. 41 W. E. B. Du Bois, Worlds of Color, New York: Main- stream Publishers 1961, S. 38–61 („The Color of Europe“, hier vor allem: S. 47–61), S. 62–70 („The Color of Asia“). 42 Mark Steven Kalbus versteht Du Bois’ differenzierte Betrachtung sogar als partielle Zustimmung zum Faschis- mus: Transatlantic Negotiations on „Hell“? W. E. B. Du Bois’s Visit to Fascist Germany and Theodor W. Adorno’s Exile in the Land of the Culture Industry, Dissertation, Johannes Gutenberg-Universität Mainz 2009, S. 37–82. 43 „Forum of Fact and Opinion“, 5. Dezember 1936. 44 „Forum of Fact and Opinion“, 12. Dezember 1936. 45 45 „Forum of Fact and Opinion“, 12. Dezember 1936. 46 45 „Forum of Fact and Opinion“, 12. Dezember 1936. 47 45 „Forum of Fact and Opinion“, 12. Dezember 1936. 48 45 „Forum of Fact and Opinion“, 12. Dezember 1936. 49 John F. Kennedy, Das geheime Tagebuch, Europa 1937. Erstmals zusammen mit dem Reisetagebuch von Lem Bil- lings, herausgegeben von Oliver Lubrich, übersetzt von Carina Tessari, Wien: DVB 2021, S. 154. 50 Vgl. Reisen ins Reich, 1933 bis 1945. Ausländische Au- toren berichten aus Deutschland, herausgegeben von Oli- ver Lubrich, Frankfurt: Die Andere Bibliothek 2004. 51 Thomas Wolfe, „I Have a Thing to Tell You (Nun Will Ich Ihnen ’Was Sagen)“, in: New Republic 90:1162, 1163, 1164 (10., 17., 24. März 1937), S. 132–136, S. 159–164, S. 202– 207; Eine Deutschlandreise in sechs Etappen. Literarische Zeitbilder 1926–1936, herausgegeben von Oliver Lubrich, übersetzt von Renate Haen, Barbara von Treskow und Irma Wehrli, München: Manesse 2020. 52 Samuel Beckett, German Diaries, 1. Oktober 1936 bis 2. April 1937, Beckett International Foundation/Reading University Library. 53 Jean Genet, Journal du voleur, Paris: Gallimard 1949, S. 138–139. 54 William Shirer, Berlin Diary. The Journal of a Foreign Correspondent, 1934–1941, New York: Alfred A. Knopf 1941. 55 Martha Dodd, a. a. O., S. 261. 56 Ebd., S. 273. 57 Vgl. Oliver Lubrich, „Reisen in Diktaturen. Interna- tionale Autoren im ‚Dritten Reich‘“, in: Reiseliteratur der Moderne und Postmoderne, herausgegeben von Michaela Holdenried, Alexander Honold und Stefan Hermes, Berlin: Erich Schmidt 2017, S. 35–47. 58 Vgl. Oliver Lubrich, „Fremdere Blicke. Reisen ins Reich von der Peripherie“, in: Globalisierte Erinnerungskultur. Darstellungen von Nationalsozialismus, Holocaust und Exil in peripheren Literaturen, herausgegeben von Marco Tho- mas Bosshard und Iulia-Karin Patrut, Bielefeld: transcript 2020, S. 15–36, hier: S. 25–27. 59 Shi Min, „Deguo youji“ [Deutscher Reisebericht], in: Oufeng Meiyu, herausgegeben von Tao Kangde, Schang- hai: Yuzhoufeng 1938, S. 66–67; „Das gelbe Gesicht“, übersetzt von Heiner Frühauf, in: Reisen ins Reich, a. a. O., S. 179–180. 60 João Guimarães Rosa, Diário de guerra, kommentierte Transkription von Eneida Maria de Souza, Georg Otte und Reinaldo Marques, Belo Horizonte 2006 (unveröffentlicht). 61 João Guimarães Rosa, Ave, Palavra (1970), Rio de Janeiro: José Olympio 1978, S. 3–11 („O Mau Humor de Wotan“), S. 90–93 („A Velha“), S. 153–155 („Zoo (Hagen- becks Tierpark, Hamburgo-Stellingen. 62 Alejo Carpentier, La consagración de la primavera (1978), Barcelona: Plaza & Janés 1993, S. 99–111. 63 Virginia Grütter, Los amigos y el viento (1956), in: Vir- ginia Grütter und Alfonso Chase, Los amigos y el viento / Los juegos furtivos, San José: Editorial Costa Rica 1984, S. 17–95; deutsch: Die Freunde und der Wind, herausge- geben und übersetzt von Oliver Lubrich, Erdmannhausen: Ludwig Stark 1995. 64 Subhas Chandra Bose, Collected Works, 12 Bände, he- rausgegeben von Sisir Kumar Bose und Sugata Bose, Kol- kata: Netaji Research Bureau/Ranikhet: Permanent Black/ Delhi: Oxford University Press 1994/2016, Bände 8–12: Letters, Writings and Speeches, 1933–1945. 65 Ebd., Band 7: Letters to Emilie Schenkl 1934–1942. 66 W. E. B. Du Bois, „On Stalin“, in: National Guardian, 16. März 1953. 67 Karen Blixen, „Breve fra et Land i Krig“, in: Heretica 1:4 (1948), S. 264–287; 1:5 (1948), S. 332–355; deutsch: „Briefe aus einem Land im Krieg“, übersetzt von Hans Christian Hjort, in: Mottos meines Lebens. Betrachtungen aus drei Jahrzehnten, übersetzt von Sigrid Daub, Walter Boehlich, Hanns Grössel und Hans Christian Hjort, Rein- bek: Rowohlt 1993, S. 105–148. 68 Ebd., S. 116. 69 Usikota [Carl Brinitzer], Zulu in Germany. The Travels of a Zulu Reporter amongst the Natives of Germany. His Dispatches to the „Zulu Post“, London: Victor Gollancz 1938. 70 Ebd., S. 109–110. 71 Ebd., S. 16. 72 Ebd., S. 170. 73 Ebd., S. 190. 74 Marianne Bechhaus-Gerst, "Schwarze Deutsche, Afri- kanerinnen und Afrikaner im NS-Staat", in: AfrikanerInnen in Deutschland und schwarze Deutsche – Geschichte und Gegenwart, herausgegeben von Marianne Bechhaus-Gerst und Reinhard Klein-Arendt, Münster: Lit 2004, S. 187–195; Treu bis in den Tod. Von Deutsch-Ostafrika nach Sachsen- hausen – Eine Lebensgeschichte, Berlin: Christoph Links 2007; Tina Campt, Other Germans. Black Germans and the Politics of Race, Gender, and Memory in the Third Reich, Ann Arbor: University of Michigan Press 2004, S. 22. 75 Léopold Sédar Senghor, Poèmes, Paris: Seuil 1984 [1964], S. 72–73 („Camp 1940. Au Guélowar“), S. 75–76 („Camp 1940. À Abdoulaye Ly“), S. 77 („Assassinats“). 76 W. E. B. Du Bois, Writings, herausgegeben von Nathan Huggins, New York: Library of America 1986, S. 1288; vgl. The Souls of Black Folk, a. a. O., S. 3. 77 „Forum of Fact and Opinion“, 5. September 1936. 78 „Forum of Fact and Opinion“, 9. Januar 1937. 79 „Forum of Fact and Opinion“, 27. Juni 1936. 80 „Forum of Fact and Opinion“, 19. Dezember 1936. 81 „Forum of Fact and Opinion“, 5. Dezember 1936. 82 Lewis, a. a. O., S. 398 („honorary Aryan“). 83 Hans Massaquoi, Destined to Witness. Growing up black in Nazi Germany, New York: Perennial 2001 [1999]. 84 Vgl. James Q. Whitman, Hitler’s American Model. The United States and the Making of Nazi Race Law, Princeton: Princeton University Press 2017. 85 „Farbiger bereist Nazi-Deutschland. Prof. Du Bois von Atlanta über die Juden im Reich“, in: N. Y. Staats-Zeitung und Herold, 30. Januar 1937. 86 „Forum of Fact and Opinion“, 19. Dezember 1936. Vgl. Neta Goder, die Du Bois’ Auseinandersetzung mit dem deut- schen Antisemitismus als ein „Scheitern“ versteht: Reaso- ned Prejudice: W. E. B. Du Bois on Anti-Semitism in Nazi Germany, 1936, Master Thesis, Cornell University 2020. 87 „Forum of Fact and Opinion“, 12. Dezember 1936. 88 „Forum of Fact and Opinion“, 5. Dezember 1936. 89 „Farbiger bereist Nazi-Deutschland“, a. a. O. 90 „Forum of Fact and Opinion“, 19. Dezember 1936. 91 „Forum of Fact and Opinion“, 19. Dezember 1936. 92 „Forum of Fact and Opinion“, 19. Dezember 1936. 93 „Forum of Fact and Opinion“, 14. November 1936. 94 „Forum of Fact and Opinion“, 21. November 1936. 95 „Forum of Fact and Opinion“, 29. August 1936. 96 „Forum of Fact and Opinion“, 13. Juni 1936. 97 Erving Goffman, Stigma. Notes on the Management of Spoiled Identity (1963), London/New York: Penguin 1990. 98 Frantz Fanon, Peau noire, masques blancs, Paris: Seuil 1952. 99 Homi Bhabha, The Location of Culture, London/New York: Routledge 1994, S. 123. 100 Zum Beispiel: Dirk Moses, „Der Katechismus der Deutschen“, in: Geschichte der Gegenwart, 23. Mai 2021. 101 Michael Rothberg, Multidirectional Memory. Remem- bering the Holocaust in the Age of Decolonization, Stan- ford: Stanford University Press 2009. 102 Michael Rothberg, „W. E. B. Du Bois in Warsaw: Holo- caust Memory and the Color Line“, ebd., S. 111–134 (An- merkungen: S. 334–337). 103 W. E. B. Du Bois, „The Negro and the Warsaw Ghet- to“, in: Jewish Life 6:7 (Mai 1952), S. 14–15. 104 „I was several times mistaken for a Jew; [...] I stared and then said yes.“ (The Autobiography of W. E. B. Du Bois, a. a. O., S. 175.)