Portraits: Prof. Dr. Lars Koch
Unsere Reihe Portraits zeigt Facetten der Kulturwissenschaften in ihren Personen und Institutionen. Kulturwissenschaftler*innen stellen pointiert sich und ihre Sicht auf die Kulturwissenschaften vor.
Name: Lars Koch
Anbindung: Professor an der TU Dresden
Fach/Disziplin: Medienwissenschaft / Germanistik
1. Was sind Ihre kulturwissenschaftlichen Interessensgebiete?
Macht und ihre Subjektivierungseffekte; Relation von Politik und Ästhetik; gegenwartskulturelle Aufmerksamkeitsökonomien; Invektivität; Disruption und Disruptivität; Emotionen und Affekte (insbesondere Angst, Hass, Empörung)
2. Was verstehen Sie unter Kulturwissenschaften?
Die transdisziplinäre Erforschung der kommunikativen, symbolischen und materiellen Dimensionen von Gesellschaften in ihrer jeweiligen historischen Gewordenheit.
3. Sind Sie „offiziell“ Kulturwissenschaftler*in? Wie ist an Ihrer Institution Kulturwissenschaft vertreten bzw. organisiert? Gibt es ein eigenständiges Fach?
An der TU Dresden gibt es in der Fakultät für “Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften” einzelne Professuren, die die Kulturwissenschaft als Teil ihrer Denomination im Titel führen. Meine gehört nicht dazu. Ich würde micht selbst als Literatur- und Medienkulturwissenschaftler bezeichnen.
4. Worin sehen Sie die Aufgabe kulturwissenschaftlicher Forschung in Richtung Universität und in Richtung Gesellschaft?
In meinem Verständnis kommt den Kulturwissenschaften innerhalb der Universität vor allem die Aufgabe zu, theoriebasiert und methodisch versiert in einer generalistischen Perspektive den Zusammenhang, die Dynamiken und die Friktionen von Kulturen (verstanden als Agenturen des gesellschaftlichen Worldmakings) zu beobachten, zu rekonstruieren und in ihren politischen Voraussetzungen und Effekten zu beschreiben.
5. Was wünschen Sie sich für die Kulturwissenschaften? Welche Potenziale sehen Sie?
Noch mehr Einmischungsbereitschaft. Verglichen z.B. mit den Geschichtswissenschaften würde ich mir noch mehr Debattenorientierung wünschen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Kulturwissenschaften – wie auch die Literaturwissenschaften – von ihren unterschiedlichen Kernkompetenzen aus noch stärker zu Disruptionswissenschaften werden, die die Selbstverständlichkeiten von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen irritieren und über ihre blinden Flecken und latenten normativen Implikationen aufklären.